K3 No. 4 - Oktober 2023

Dachzeile 22 das kommt | 04 | 2023 Halbzeit für die Jugendpolitischen Forderungen des KJR Schwerpunkt als diejenigen ohne Migrationshintergrund. Studierende haben im Vergleich zu anderen Gruppen am häufigsten angegeben, ihren Nebenjob verloren zu haben, was in dieser Gruppe zu höheren finanziellen Einbußen geführt haben dürfte. Ungleichheiten verstärken sich Die Corona-Pandemie hat auch – zumindest temporär – einige junge Menschen an ihrer räumlichen Verselbständigung gehindert. In diesen Fällen hat Corona einen Anlass dargestellt, den Auszug von zu Hause zeitlich hinauszuschieben (9 Prozent) oder temporär sogar wieder ins Elternhaus zurückzuziehen (7 Prozent). In der Altersgruppe der 18- bis 21-Jährigen, in der junge Menschen im Schnitt zum ersten Mal das Elternhaus verlassen, betraf dies 12 Prozent. Acht von zehn Studierenden gaben an, seit Beginn der Pandemie weniger als die Hälfte der Zeit vor Ort die Hochschule besucht zu haben, so dass sich ein Auszug aufgrund des Studiums für diese am wenigsten gelohnt haben dürfte. Diese (Wieder-)Hineinverlagerung in die Familie ist ambivalent zu sehen, da einerseits die Familie als Sicherheitsnetz in schwierigen Situationen fungierte, andererseits diese Fokussierung auf die Familie in einer Zeit stattgefunden hat, in der sich junge Menschen zunehmend von den Eltern lösen. Die empirischen Befunde zeigen, dass Alltagspraktiken und für das Jugend- und junge Erwachsenenalter typische Erfahrungen, wie Feste feiern, verreisen, neue Freundschaften knüpfen, ausziehen – also insgesamt die eigenen Mobilitätsspielräume zu erweitern – zeitweise nicht in gewohnter Form möglich waren. Manche ausgefallenen oder verschobenen Ereignisse können nachgeholt werden, andere nicht. Dabei hat die Pandemie als ein „Brennglas“ fungiert, das soziale Ungleichheiten, die bereits vor der Pandemie bestanden, stärker sichtbar gemacht und benachteiligte junge Menschen in stärkerer Weise getroffen hat (z.B. wenn Ausbildungs- oder Praktikumsplätze nicht besetzt wurden und damit insbesondere junge Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen traf). Freiräume muss man sich daher auch leisten können. Umso notwendiger ist es jetzt, Freiräume mit niedrigschwelligen Zugängen für junge Menschen zu schaffen, die z.B. sozialen Austausch zwischen Peers fördern, neue Erfahrungen und Selbsttätigkeit ermöglichen und Gelegenheiten bieten, Eigenständigkeit zu erproben – ohne Zwang und Fremdbestimmtheit. DR. LIANE PLUTO, Jahrgang 1973, Magisterstudium Erziehungswissenschaften, wissenschaftliche Referentin im Projekt „Jugendhilfe und sozialer Wandel“, Deutsches Jugendinstitut DR. ANNE BERNGRUBER, Jahrgang 1981 aus Ansbach, Studium der Sozialwissenschaften, stellvertretende Fachgruppenleitung Fachgruppe „Lebenslagen und Lebensführung Jugendlicher“, Deutsches Jugendinstitut Quellen AGJ (2021): „Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit in Corona-Zeiten: Eine Zwischenbilanz zu den Auswirkungen auf Jugendliche, junge Erwachsene und die Strukturen der Jugend(sozial)arbeit“. Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ. URL: https://www.agj.de/fileadmin/files/positionen/2021/Positionspapier_ Corona_Jugendarbeit.pdf Jugendpolitische Forderungen des KJR Schon viel passiert – noch viel zu tun Der KJR München-Stadt übernimmt traditionell das Mandat zur Formulierung der Jugendpolitischen Forderungen (JuPoFo) vor den Kommunalwahlen und richtet sie an die Münchner Stadtpolitik. Auch 2020 wurden neun Themenbereiche identifiziert und entsprechende Forderungen formuliert, die in einem breit angelegten Beteiligungsprozess entstanden waren. Diese Forderungen umfassen Aufgabenbereiche, mit denen sich der KJR täglich befasst und zu denen es Fach- oder Projektstellen gibt. Wir werfen einen Blick auf unsere Arbeit und lassen Expert*innen der jeweiligen Arbeitsbereiche zu Wort kommen: Wo lagen die Schwerpunkte in den letzten drei Jahren? Was konnte umgesetzt werden und wo muss noch etwas getan werden? Natürlich wurden die gesteckten Ziele durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine beeinflusst. Manche Forderungen wurden dadurch noch dringlicher – die Umsetzung anderer musste hinter gravierenderen Problemen zurückstehen. München gegen Rechts Die Gesellschaft kämpft mit den Folgen verschiedener Krisen. Die Auswirkungen von Corona, des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der Erschütterungen der Wirtschaft samt enormen Preissteigerungen verunsichern die Menschen. Nicht zuletzt deswegen konnten sich neue rechts(populistische) Parteien („Die Basis“) und Strömungen („München steht auf“) etablieren. Das stellt den KJR als Sprachrohr junger Menschen vor enorme Herausforderungen. Themen, die Kinder und Jugendliche bewegen, z. B. Klimawandel oder Rassismus werden für Hetze und antidemokratische Stimmungsmache missbraucht. Der KJR bezieht deshalb weiter gegen Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit klar Stellung und leistet Aufklärungsarbeit. Der Vorstand des KJR hat sich wiederholt mit dieser Positionierung auseinandergesetzt, beispielsweise dazu, wie der KJR im Vorfeld der Landtagswahlen mit rechten und rechtspopulistischen Parteien umgehen soll und bekräftigt: Wir reden nicht mit Nazis! Außerdem hat sich der Vorstand mit der Positionierung für die Drag-Lesung in der Stadtbibliothek unmissverständlich gegen jegliche sexistische und LGBTQIA+-feindliche Hetze geäußert. Der KJR engagiert sich weiter bei #noPAG („Nein! Zum neuen Polizeiaufgabengesetz“), um ein Zeichen gegen racial profiling, Repressionen und polizeiliche Willkür zu setzen. Mit Angeboten wie „Sommer.dok“, dem Gedenken an das Attentat im OEZ, dem OBEN OHNE und der Tour des Demokratie-Mobils ist der KJR politisch und gesellschaftlich sichtbar und hat bereits eine Vielzahl von Vorhaben aus den Jugendpolitischen Forderungen umsetzen können. Was forderst du von der Stadt? » Mehr Schülerrabatte. (Junge, 14)

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