K3 No. 5 - Dezember 2023

Dachzeile 22 das kommt | 05 | 2023 Radikal jung!? Schwerpunkt sein möchte. Und er möchte ein Feedback dazu haben. Eine völlige Resignation vor KI und anderen Herausforderungen halte ich also für unwahrscheinlich. Bleibt die Frage, wie kompromisslos und radikal junge Menschen angesichts der Krisen dieser Welt sein werden … Das ist eine Sichtweise von Erwachsenen. Junge Menschen müssen erst einmal gar nichts außer jung sein. Es ist ein Trugschluss, Jugend in die Verantwortung zu nehmen, die Welt zu retten. Im schlimmsten Fall erreichen wir damit, dass dieser Druck zur Pathologisierung führt, weil man an der Aufgabe zwangsläufig scheitert. Junge Menschen haben ihre persönliche Entwicklung zu bestehen – das ist für den Moment schon mehr als genug. Wir dürfen sie nicht überfrachten. Wenn sie eigenständig und freiwillig an diesen gesellschaftlichen Aufgaben mitarbeiten wollen, ist das großartig. Jeglicher Zwang, wie er beispielsweise durch eine omnipräsente mediale Zuschreibung und Attribuierung der jungen Generation, die gefälligst handeln müsse, durch die Blume kommt – wäre kontraproduktiv. Aus der Politik empfangen wir dazu gerade gegenteilige Signale – Räume für gesellschaftliches Engagement werden enger. Ich betone immer wieder, was wir jungen Menschen bieten müssen, damit deren Entwicklung bestmöglich in ihrem eigenen Sinne und gelingend im Sinne der Gesellschaft passiert: Raum – Richtung – Resonanz. Raum im Sinne von materiellen und ideellen Räumen ist essentiell. Das hat uns Corona gezeigt, als junge Menschen tatsächlich mehr oder weniger zu Hause eingesperrt waren. Ideen brauchen Platz. Hinzu muss kommen, dass Kinder und Jugendliche diese Räume aktiv mitgestalten. Zweite Voraussetzung ist das Bedürfnis nach Richtung. Erwachsene sind aufgefordert, Kindern und Jugendlichen ein längerfristiges Ideen- und Wertegerüst anzubieten, weil sie selbst möglicherweise die mittel- bis langfristigen Folgen ihres Handelns noch nicht abschätzen können. Das Angebot ELTERNTALK als Leuchtturmprojekt der Aktion Jugendschutz Bayern kann hier z.B. helfen und die Elterngeneration unterstützen. ELTERNTALK wird wie die Aktion Jugendschutz selbst vom Freistaat seit mehreren Jahrzehnten gefördert, um wichtige Präventionsarbeit im erzieherischen Jugendschutz übernehmen zu können. Und schließlich Resonanz. Das meint, dass wir das radikale Jungsein rahmen können, indem wir die Positionen und Gedanken von jungen Menschen validieren, als Sparringpartner*in zur Verfügung stehen, zuhören und sie ernstnehmen FREUNDE – ein Lebenskompetenz-Programm der Stiftung FREUNDE, das in Bayern durch die Aktion Jugendschutz Bayern umgesetzt wird, greift genau diesen Ansatz auf und zielt auf die Förderung von Lebenskompetenz in der frühen Kindheit. Material und Hilfen liegen also auf dem Tisch … Interview: Marko Junghänel SABINE FINSTER, Jahrgang 1983 (Y-Generation/Millennial) aus München, Studium Sozialpädagogik, Zertifizierung zur Traumapädagogik, Zweitstudium Psychotherapie für Kinder und Jugendliche, stv. Geschäftsführerin der Aktion Jugendschutz, Lehrauftrag an der FOM für Psychologie und Soziale Arbeit sowie Tätigkeit in eigener Praxis in München-Karlsfeld Partizipation ist möglich! Möge die Macht mit dir sein Wie können junge Menschen politisch Einfluss nehmen? Was ist überhaupt politisch? Und was hat Politik mit Partizipation zu tun? Protest und Demonstrationen sind nur eine Form der Partizipation – dem müssen viele andere Formen vorausgehen, damit die Interessen junger Menschen Gehör finden. Wenn wir von politischem Handeln sprechen, denken wir an Menschen, die politische Ämter bekleiden, an Wahlen, Volksbegehren – sprich an politisches Handeln, das in vorgegebenen Bahnen abläuft. Diese Formen des politischen Handelns sind jedoch meist den Erwachsenen vorbehalten. Aktuell versucht das Bündnis Vote16 das Wahlalter in Bayern auf 16 Jahre abzusenken. Mehr junge Menschen sollen politisch Einfluss nehmen können. Aber auch hier sind die Minderjährigen auf die Unterstützung der Erwachsenen angewiesen. Ob die Vote16-Kampagne erfolgreich ist und das Wahlalter in Bayern auf 16 Jahre herabgesetzt wird oder nicht, spielt für den größten Teil der jungen Münchner Bevölkerung jedoch keine Rolle. Doch auch sie alle wollen und sollen unsere Gesellschaft mitgestalten und müssen die Möglichkeit haben, sie nach ihren Bedürfnissen zu prägen. Es gibt nichts Unpolitisches Die gute Nachricht: Alle Menschen handeln politisch! Viele Handlungen, die im ersten Moment als privat erscheinen, enthalten – ob bewusst oder unterbewusst – eine politische Botschaft. Jede Handlung beruht auf einer Entscheidung, einer Abwägung von Alternativen und Was bedeutet für dich Jungsein? » Immer wenn ich in die Einrichtung komme, fühle ich mich wieder jung. In der Arbeit spiele ich mehr eine Rolle und kann nicht ich selbst sein. (junger Mann, 17) Was bedeutet für dich Jungsein? » Jung sein heißt für mich, nicht darüber nachdenken zu müssen, was man tut und wie die Zukunft aussieht. Außerdem hat man mehr Freizeit, und ich glaube, man findet einfacher Freundschaften. Blöd ist aber, dass die Erwachsenen und die Eltern uns nicht zuhören. Die sagen immer, dass sie wissen, was gut für uns ist, und dass sie ja schon so viel Erfahrung haben. Die sollen die Kinder mal selbst entscheiden lassen. (Mädchen, 16) Bild: Flore W auf Pixabay

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