K3 No. 4 - Juni 2018

Dachzeile | 04 | 2018 26 das kommt Jugend – Medi n – Schutz Schwerpunk Weichenstellung Zukunft Ein Zuhause auf Zeit Alleinstellungsmerkmal der IMMA-Zufluchtstelle ist die Anonymität und der mädchenparteiliche Ansatz. Essentiell ist die Verschwiegenheit für jene, die von Zwangsverheiratung und/oder Gewalt im Namen der Ehre bedroht sind. In der Zufluchtsstelle erfolgt eine intensive päda- gogische Auseinandersetzung mit der Vielfalt der Mädchen und deren unterschiedlichen Unterstützungsbedarfen. Vielfältige Belastungen Anlassgebend für eine Unterbringung in der Schutzstelle sind meist mehrere Belastungsfaktoren: massive Konflikte mit den Eltern, Ver- nachlässigung und ökonomische Notlagen, (mit)erlebte psychische und/oder physische Gewalt sowie sexualisierte Gewalterfahrungen bis hin zu kulturbedingten innerfamiliären Konflikten. Oft bringen die Jugendlichen Probleme im psycho-emotionalen Bereich wie etwa Schlaf- oder Essstörungen, verschiedenste Ängste und depressive Symptomatik mit. Erfährt das Jugendamt von einer Kindeswohlgefährdung (§ 8a SGB VIII), kann es Jugendliche in Schutzstellen unterbringen. 2017 kamen 59 Prozent der Mädchen über das Jugendamt in die IMMA-Zufluchtstelle, 23 Prozent als „Selbstmelderinnen“, 7 Prozent über Jugendhilfemaß- nahmen und 5 Prozent über Schulen. Schutzstellen können – bildlich gesprochen – als „Bahnhöfe“ verstanden werden: Hier wird ein Fahr- plan mit unterschiedlicher Weichenstellung innerhalb bzw. außerhalb der Jugendhilfe mit allen Beteiligten erarbeitet. Der Aufenthalt der schutzsuchenden Jugendlichen kann zwischen einer Nacht und meh- reren Monaten variieren. Der Alltag in Schutzstellen ist daher von Ein- und Auszügen geprägt. Durchschnittlich verbrachten die Mädchen im letzten Jahr ca. zehn Wochen in der Zufluchtstelle. Während des Aufenthaltes stehen die Schutzstellen-Fachkräfte in engem Austausch mit den zuständigen Jugendämtern. Grundlegend ist ein systemischer, mädchenparteilicher Arbeitsansatz, der die Bezugssysteme, wie Eltern bzw. Personensorgeberechtigte, Peergroup und Schule u. a. einbezieht, um eine geeignete Anschlussperspektive gemeinsam zu entwickeln. Die IMMA-Zufluchtstelle bietet Mädchen während ihres Aufenthalts Raum zum Nachdenken. Die Mitbewohnerinnen erleben andere Mäd- chen in den unterschiedlichen Krisensituationen und können mitei- nander eine Art von selbststärkendem Wir-Gefühl erfahren. In ihren Betreuerinnen lernen sie verschiedene weibliche Rollenvorbilder und unterschiedliche Lebensmodelle kennen. Im Zentrum der Betreuung stehen die Mädchen mit ihren Kompetenzen, Wünschen und Ressourcen. Fachliches Anliegen ist es, Eigenverantwortung, Selbstbestimmung und alltagspraktische Selbstwirksamkeit zu fördern. Weichen für die Zukunft stellen Die Mädchen bringen Gewalterfahrungen in einer oder mehreren Formen mit: körperlich 81 Prozent, psychisch 94 Prozent, häuslich 39 Prozent und sexuell 11 Prozent (Zahlen aus 2017). Mögliche Anschlusshilfen sind ambulante Erziehungshilfemaßnah- men in den Herkunftsfamilien oder weitere Unterbringungen in stati- onären Maßnahmen. 2017 kehrten 31 Prozent der Zufluchtsmädchen in den elterlichen Haushalt zurück. Etwa 50 Prozent entschieden sich dafür, eine längerfristige stationäre Jugendhilfemaßnahme in An- spruch zu nehmen. „Hierherzukommen, war mein wichtigster Schritt, ein neues Leben zu beginnen, ein freies“, schrieb ein Mädchen in das Abschiedsbuch der IMMA-Zufluchtstelle. Schutzstellen dienen nicht nur dazu, Jugendlichen für einige Nächte, Wochen oder Monate ein sicheres Zuhause zu geben, sondern die Zeit in der Krise als Chance zu nutzen, um Weichen für die Zukunft zu stellen. Susanne Behnk, Veronika Flick, IMMA Zufluchtstelle Seit 30 Jahren bietet die IMMA-Zufluchtstelle, Initiative für Münchner Mädchen (IMMA e. V.) Schutz vor jeglicher Art von Gewalt in akuten Krisensituationen. Im Rahmen einer stationären Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII erfahren zeitgleich bis zu acht Mädchen zwischen 13 und 20 Jahren an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr intensive sozialpädagogische Unterstützung. Die IMMA-Zufluchtsstelle ist eine von mehreren Schutzstellen für Jugendliche in München. Einige sind gemischt-ge- schlechtlich, andere exklusiv an Mädchen oder Jungen adressiert. Schutz bedeutet auch Ruhe, umsorgt sein und zu sich selbst zu finden. vor einer möglichen Schädigung zu bewahren und treffen keine Aus- sage darüber, ob ein Spiel ab einem bestimmten Alter (pädagogisch) wertvoll ist. Dennoch sind die USK-Altersfreigaben eine gute Entscheidungs- grundlage dafür, was in den KJR-Einrichtungen gespielt werden darf. Dabei haben Dauerbrenner wie „FIFA“, „Mario Kart“ und „Just Dance“ eine USK-0-Freigabe und können bedenkenlos im Kinder- und Jugend- treff gespielt werden. Auch Spiele der beliebten Roblox-Plattform oder „Minecraft“ stehen kaum zur Diskussion. Bei „Super Mario Smash Bros“ und dem im E-Sport-Bereich bekannten „League of Legends“, die beide eine USK-12-Freigabe haben, fällt die Entscheidung schon etwas schwer. Bei Online-Spielen, die keine Freigabe besitzen, stellt sich immer wieder die Frage, wie man mit den Alterskennzeichnungen in der Praxis umgehen soll. Im letzten Arbeitskreis „Medien und Tech- nologie“ sind wir dieser Frage nachgegangen. Wie so oft gibt es keine einfache Lösung. Einigkeit besteht jedoch darin, die Besucherinnen und Besucher mit ihren Wünschen in die Entscheidung einzubeziehen. Wenn sie Argumente liefern können, die über „alle tun es“ hinausgehen, spricht das zumindest für eine reflektierte Mediennutzung. Cornelia Walter, Projektstelle Medien und Technologie, KJR Weiterführende Links und Informationen n Spieleratgebe r-nrw.de n Spielbar.de n Bupp.at n Usk.de Bild: Marko Junghänel

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