K3 No. 4 - September 2020

Dachzeile 30 das kommt | 04 | 2020 Alles anders. Oder? Jugendarbeit in Corona-Zeiten Schwerpunk Absicherung und zielgerichtete Investitionen in unsere soziale Infra- struktur durch Bund und Länder. Nur so können wir sicherstellen, dass die Lasten der Krise nicht von den Schwächsten der Gesellschaft ge- schultert werden müssen. Der Kreisjugendring und seine Einrichtungen stehen bereit, hier Verantwortung zu übernehmen. Uns ist bewusst, dass Jugendarbeit kein „nice to have“ ist, sondern integraler Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaft. Eben systemrelevant. Judith Greil, KJR-Vorsitzende Corona brachte uns digital näher und zeigte, was noch zu tun ist Zusammen online ist man weniger allein Unter dem Hashtag #wirbleibenzuhause fördert das Bundesmini- sterium für Gesundheit während der Corona-Zeit Zusammenhalt und Solidarität in der Gesellschaft – in diesem Fall durch das Sammeln von Statements Prominenter … Zu diesen Unterstützungsangeboten gehörte auch ein Online-Festival mit bekannten Musikerinnen und Musikern. Zahlreiche Konzerte und kulturelle Angebote konnte man in den vergangenen Wochen gemeinsam online erleben. Im Netz ging es zu wie auf der Wiesn: Dicht an dicht tummelten sich hier die Leute, spielten gemeinsam Karten, tranken und unterhielten sich, schauten zusammen Filme oder besuchten Konzerte und tanzten – allein, aber nicht einsam. Die Stimmung im Internet schien gelassen – ganz im Gegensatz zum sonst allgegenwärtigen Hass in den Filterblasen und Echokammern. Wo Medien und Technologien sonst oft als Problem gesellschaftlichen Miteinanders benannt werden, schienen sie plötzlich die verbindende Lösung zu sein. Sie linderten die Einsamkeit, statt sie – vermeintlich – zu verursachen. Und das Bedürfnis nach Austausch, nach Kommunikation und vor allem nach digitalen Lösungen für die Arbeit mit Kindern und Jugend- lichen war auch im Kreisjugendring groß. Eine eilig und spontan einberufene Sondersitzung des AK Medien und Technologie (MuT), die eine Übersicht über nun einsetzbare digitale Tools und Methoden für die pädagogische Arbeit zu Corona-Zeiten geben sollte, wuchs von Woche zu Woche und etablierte sich als Aus- tauschgremium zu allen Fragen rund um die aktuelle Situation. Einmal wöchentlich kamen Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen des KJR zusammen und entwickelten kreative Ideen, um auch während des Lockdowns handlungsfähig zu sein. Diese Ideen wurden auch gleich in die Praxis umgesetzt. Ein bestehender Blog-Server wurde „wiederbelebt“, um unter dem Hashtag #kjrmiteuch die aktuellen pädagogischen Angebote zu sammeln, spezielle Informationen zu Corona aufzubereiten, Online-Präsenzen der Häuser aufzulisten sowie interessante Links zusammenzutragen. In einem internen Bereich des Blogs wurde zudem Austausch untereinander ermöglicht. Darüber hinaus wurde quasi übers Wochenende die Homepage www.kjr-kinderwelten.de speziell für Kinder aus dem Boden gestampft – mit Ideen zum Selbermachen, einer Übersicht über „Kinderkultur-to-go“-Stationen und weitere Möglichkeiten, wo es für Kinder etwas zu erleben gab. Der Hashtag #kjrmiteuch sorgte so neben einer Bündelung unserer Angebote auch für ein klares Statement, für Kinder und Jugendliche da zu sein, und förderte das Gemeinschaftsgefühl nach innen und außen. Gleichzeitig wurde in dieser Zeit offenkundig, in welchen Bereichen der digitalen Transformation beim KJR Nachholbedarf besteht. Medienpädagogik ist beim Kreisjugendring zwar fest verankert – vor allem in den letzten Jahren ist der KJR große Schritte in Richtung Di- gitalisierung gegangen. Die digitale Transformation ist jedoch längst nicht abgeschlossen. Es fehlt eine digitale Struktur für die Kinder- und Jugendarbeit, sichere und zugängliche Räume werden auch im digi- talen Bereich benötigt, an Ausstattung und „medienpädagogischer Kompetenz“ (vgl. Siller/Tillman/Zorn 2020) der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss weitergearbeitet werden. Technik ersetzt nicht die persönliche Begegnung Jetzt haben wir alle in diese digitalisierte Welt hineingeschnuppert und so womöglich die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen (noch) besser kennengelernt. Wir haben gemerkt, dass Kommunikation und Gemeinschaft – nicht nur, aber eben auch – online möglich sind. Wir haben uns innerhalb von Messenger-Gruppen ausgetauscht und uns nach einem Termin noch kurz in einer Videokonferenz besprochen, gegenseitig lustige Sticker und Gifs geschickt und uns köstlich darüber amüsiert. Plötzlich wurde klar: wir haben diese Kommunikationswege mit der Zielgruppe bisher leider viel zu selten bedient. Viele Besuche- rinnen und Besucher unserer offenen Einrichtungen fremdelten daher beim ersten Online-Kontakt mit den Pädagoginnen und Pädagogen. Es ist umso wichtiger, diese Kommunikationswege weiter zu nutzen und auszubauen. Mithilfe digitaler Angebote können neue Zielgruppen erschlossen, neue Formate des Kontakts gefunden und Begleitung und Beratung in neuer Qualität ermöglicht werden. An einigen Stellen waren auch positive Effekte im Bereich der Verwaltung und Organisation spürbar. Durch die Verkürzung der Wege konnten mehr Termine wahrgenommen werden, das gemeinsame Arbeiten an Dokumenten vereinfachte die Kooperation und Planung von Sitzungen und Projekten. Das Arbeiten im Home-Office, die zwangsläufig erforderliche Selbststrukturierung bei freier Zeitplanung setzte nicht selten neue Energien und Kreativität frei. Wir haben also alle den Blick auf digitale Wege, Räume und Möglichkeiten gerichtet – mehr als zuvor. Jetzt ist es wichtig, diese positiven Erfahrungen weiterzuverfolgen und dauerhaft zu etablieren. Dabei können wir aus dem Wissensschatz medienpädagogischer Kenntnisse und Methoden schöpfen, damit „dieses Internet“ „kein Ausflugsziel, sondern eine neue Heimat“ (Vollmuth 2020) für uns und für die Offene Kinder- und Jugendarbeit wird. Cornelia Walter, Fachstelle Medien und Technologie, KJR Literatur ■ Vollmuth, H.: Alles drin. Süddeutsche Zeitung, 30.5.2020. ■ Siller, F.; Tillman, A. & Zorn, I. (2020): Medienkompetenz und medienpädagogische Kompetenz in der Sozialen Arbeit. In: Kut- scher, N.; Ley, T.; Seelmeyer, U.; Siller, F.; Tillmann, A. & Zorn, I. (Hrsg.): Handbuch soziale Arbeit und Digitalisierung, S. 315-332. » Hab keinen Bock mehr, auf meine kleine Schwester aufzupassen. Junge, 13 Jahre

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