K3 No. 2 - April 2020

Dachzeile 24 das kommt | 02 | 2020 Sport Schwerpunk Hyperaktive Kinder und Jugendliche können durch regelmäßigen Sport zu mehr Ruhe und Ausgeglichenheit finden. Beispiel die Auswirkung eines 30-minütigen Ergometer-Trainings auf die Aufmerksamkeitsleistung und Impulsivität von Kindern mit ADHS. Es zeigten sich deutliche Verbesserungen beider Symptome (Lehnert, 2015, S. 110). Ziereis & Jansen (2015) ließen 43 betroffene Kinder an einem 12-wöchigen Trainingsprogramm teilnehmen. Dieses bein- haltete unter anderem Geschicklichkeitsspiele, Gleichgewichts- und Ballübungen. Aus ihrer Untersuchung folgerten sie u.a., dass sich durch gezielte Sportprogramme die kognitive Gedächtnisleistung von Kindern mit ADHS verbessern ließe (Ziereis & Jansen, 2015, S. 181ff.). Casale und Kollegen (2019) thematisierten wiederum das Potenzial sportbe- zogener Interventionen im Kontext Schule. Sie untersuchten, wie sich ein hochintensives Intervalltraining (HIT) auf die drei Kernsymptome von ADHS auswirkt. Auch hier zeigten sich unmittelbare und deutliche Verbesserungen im Arbeitsverhalten der Kinder (Casale et.al. , 2019, S. 76). Rommel et.al . vermuten zudem, dass sportliche Betätigung nicht nur Symptome lindern, sondern auch ein Schutzfaktor für ADHS sein kann. Ihre Untersuchungen legen nahe, dass Sport im Jugendalter die ADHS-Symptome im frühen Erwachsenenalter verringern könnte (Rommel et.al. , 2015, S. 565ff.). Mannschaftssport als Therapie Weitere Anhaltspunkte für eine mögliche positive Beeinflussung der ADHS-Symptomatik lassen sich aus der Sportpsychologie ableiten (Ludolph & Plener, 2001, S. 222): Beim Sport werden die sogenannten exekutiven Funktionen eines Menschen aktiviert und trainiert (Lehnert, 2014, s. 112). Exekutive Funktionen beschreiben „…diejenigen (meta-) kognitiven Prozesse, die für ein organisiertes, kontrolliertes, zielori- entiertes Verhalten notwendig sind.“ (Lehnert, 2014, S. 104). Kinder, die an ADHS leiden, haben in diesem Bereich häufig Schwierigkeiten. Daher kann Sport für sie eine gute Möglichkeit zur Symptomlinderung darstellen (Lehnert, 2014, S. 104): Mannschaftsspiele erfordern zum Beispiel eine schnelle Auffassungsgabe und Informationsverarbeitung. Die Spieler müssen miteinander interagieren, sich ausweichen, tak- tische Entscheidungen treffen und störende Faktoren aus der Umwelt ausblenden. Auch durch komplexe motorische Bewegungen, wie sie z.B. beim Ballett der Fall sind, werden kognitive Prozesse aktiviert. Der Tänzer bzw. die Tänzerin muss die Aufmerksamkeit bündeln und motorische Bewegungen kontrollieren (Lehnert, 2014, S. 112f.). Die Fähigkeiten, die Kinder beim Sport erwerben, ähneln jenen, die sie auch in anderen Kontexten benötigen. Es wird angenommen, dass sich die im Sport „erlernten“ Fähigkeiten auch auf andere Situationen (z.B. Schule) übertragen lassen (Lehnert, 2014, S. 113; Casale et.al, 2019, S. 72). Sport kann folglich eine sinnvolle Ergänzung zu den gängigen Behandlungsmethoden von ADHS darstellen (Lehnert, 2014, S. 11, S. 104; Ziereis & Jansen, 2015, S. 181). Für die Arbeit in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit erscheint es daher sinnvoll, regelmäßig Sport- und Bewegungsprojekte anzubieten, vor allem dann, wenn Kinder aus dem Besucherstamm bekannt sind, die an ADHS leiden. Auch die Schulsozialarbeit bzw. JaS-Fachkräfte können im Rahmen von Klassenprojekten oder Kleingruppenarbeiten gezielte sportliche Aktivitäten für Kinder mit ADHS anbieten und Eltern in der Einzelfall­ arbeit zu Sportangeboten beraten. Vanessa Gittner, JaS-Fachkraft, Freizeittreff Lerchenauer, KJR Literatur n Casale, G.; Brüggemann, M. & Hennemann, T. (2019). Aufmerksam- keitsstörungen im Unterricht durch körperliche Aktivität reduzieren? Konzeption und erste Befunde eines Hochintensiven Intervalltrai- nings für Schüler mit ADHS. Empirische Sonderpädagogik, 11 (1), S. 71 – 80. n Lehnert, K. (2014). Der Einfluss von Sport auf kognitive Funktionen bei Kindern mit ADHS. Zeitschrift für Sportpsychologie, 21 (3), S. 104 – 118. n Ludolph, A. G. & Plener, P. L. (2011). Sport als Therapiebaustein in der Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung. Psychologie im Dialog, 12 (3), S. 221 – 223. n Petermann, Z. & Schmidt, S. (2018). Therapie-Tools ADHS im Kindes- und Jugendalter. Weinheim-Basel: Beltz. n Rommel, A-S.; Lichtenstein, P.; Rydell, M.; Kuja-Halkola, R.; Asher- son, P.; Kuntsi, J. & Larsson, H. (2015). Is Physical Activity Causally Associated with Symptoms of Attention-Deficit/Hyperactivity Disor- der? Journal of American Academy of Child & Adolescent Psychiatry, 54 (7), S. 565 – 570. n Ziereis, S. & Jansen, P. (2015). Effects of physical activity on execu- tive function an motor performance in children with ADHD. Research in Development Disabilities, 38 (1), S. 181 – 191. Treibst Du Sport auch außerhalb des Schulunterrichts? Wenn ja, was machst Du? Basketball, Tischtennis und Laufen find ich gut und mache das nach der Schule. Junge, 14 Foto: pixabay.de Wir haben Jugendliche aus dem Musischen Zentrum gefragt, ob sie auch außerhalb des Sportunterrichts Sport treiben und wenn ja, was sie machen. Antworten gibt es auf den nächsten Seiten.

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