GESCHÄFTSBERICHT 2024 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT 4 Vorwort Judith Greil, Vorsitzende Junge Menschen haben ein Recht auf Beteiligung und Mitgestaltung – denn Partizipation ist ein Menschenrecht. Dies ist in zahlreichen Gesetzen verbindlich festgelegt … Stopp mal – ist das nicht der gleiche Einleitungssatz wie im letzten Jahr!? Soll das heißen, dass sich in den letzten 12 Monaten nichts bewegt hat in Sachen Partizipation? Jein. Es gab durchaus einige positive Entwicklungen. Besonders augenscheinlich wurde das bei der Europawahl im Juni; erstmals konnten 16-Jährige ihr aktives Wahlrecht ausüben und mitentscheiden, wie europäische Politik auch europäische Jugendpolitik wird. Das zeigt: Ja, junge Menschen wollen (und können) komplexe politische Prozesse verstehen und gestalten. Dass am Ende die Wahlbeteiligung in der Altersspanne 16 bis 20 Jahre doch eher unterdurchschnittlich war, liegt weniger am mangelnden Interesse junger Menschen als vielmehr am weiter wachsenden Einfluss der Generation 60plus. Nehmt uns wahr! Der Vollständigkeit und Ehrlichkeit halber müssen wir als Kreisjugendring München-Stadt aber auch auf die Wahlergebnisse schauen. Dass junge Menschen nur deshalb häufiger rechtspopulistische bzw. in Teilen rechtsextreme Parteien wie die AfD gewählt haben, liegt sicher nicht ausschließlich an deren Präsenz auf Social-Media-Kanälen. Es liegt eher daran, dass sich die Interessen und Bedürfnisse junger Menschen weder umfassend noch ernsthaft genug in den Parteiprogrammen bzw. der aktuellen Tagespolitik wiederfinden. Solche Befunde lassen sich auch aus der 4. Münchner Jugendbefragung ablesen, die 2024 durchgeführt wurde. Und der Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung formuliert treffend: „… (politische) Institutionen und Organisationen müssen das Vertrauen junger Menschen zurückgewinnen – und dabei jungen Menschen Vertrauen entgegenbringen in Form von Möglichkeiten der Mitbestimmung und des Mitgestaltens. Als KJR ist es unsere wichtigste Aufgabe, diesen Zustand zu verändern. Dabei ist die Absenkung des Wahlalters auf 16 – respektive 14 – Jahre nur ein Schritt. Mitwirkung setzt auch dort an, wo es darum geht, gemeinsam nach Lösungen für brennende Fragen zu finden. Bezahlbarer Wohnraum, ein attraktiver ÖPNV, gemeinsame Anstrengungen für ein diskriminierungsfreies München. Wer die Stimmen junger Menschen hört, mit ihnen ins Gespräch geht, vorurteilsfrei diskutiert und gemeinsam mit ihnen die Stadtgesellschaft gestaltet, hat letztlich mehr für eine starke Demokratie getan als jeder noch so gut gemeinte Flyer einer politischen Partei, der bedrucktes Papier bleibt. Zurück zum Ausgang der Europawahl. Auch wenn München als urbaner Raum sich deutlich vom Landesdurchschnitt abhebt und die Jugendlichen hier weniger „rechts“ wählen, müssen die Ergebnisse ein Weckruf für uns sein – und vielleicht auch selbstkritische Fragen an die Kinder- und Jugendhilfe und Bildungspolitik ganz allgemein nach sich ziehen: Wie können wir mit unseren Angeboten noch besser die jungen Menschen mit unseren Angeboten zur politischen, kulturellen und nachhaltigen Bildung erreichen? Wie können wir vor allem marginalisierte Gruppen ansprechen, die nicht selbstverständlich Zugang zu den offenen und verbandlichen Angeboten finden?
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