Geschäftsbericht 2023
GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT 2 Die Broschüre „Angebote für Kinder und Jugendliche im Kreisjugendring München-Stadt – Einrichtungen • Fachstellen • Projekte • Jugendverbände“ gibt es online unter www.kjr-url.de/gb23 NEU www.kjr-m.de www.facebook.com/kjr.muenchen www.instagram.com/kjr_muenchen Inhaltsverzeichnis Vorwort.................................................................................. 3 Arbeit des Vorstands...............................................................5 Schwerpunkte und jugendpolitische Aktivitäten.......................13 Kooperationen und Bündnisaktivitäten...................................18 Fachliche Entwicklungen im KJR...........................................20 • OKJA................................................................................23 • schul- und berufsbezogene Arbeit......................................25 • Kindertageseinrichtungen..................................................26 • Jugendverbandsbereich.....................................................27 Aus der Verwaltung..............................................................28 Aktionen und Veranstaltungen...............................................35 Fazit und Ausblick................................................................39 Finanzdaten 2023................................................................40 Organigramm....................................................................... 42 Impressum/Abkürzungsverzeichnis........................................ 43
3 GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT Vorwort Junge Menschen haben ein Recht auf Beteiligung und Mitgestaltung – denn Partizipation ist ein Menschenrecht. Dies ist in zahlreichen Gesetzen verbindlich festgelegt: in der UN-Kinderrechtskonvention, der EU-Grundrechtecharta, im Bürgerlichen Gesetzbuch, im Kinder- und Jugendhilfegesetz, im Baugesetz sowie in einzelnen Ländergesetzen. Aber in zahlreichen Bereichen gelingt es nur mäßig bis gar nicht junge Menschen altersgemäß zu beteiligen. Viele Entscheidungen, die heute in der Politik und zwar egal auf welchen Ebenen, getroffen werden, betreffen junge Menschen. Sie sind es, die diese Entscheidungen auf lange Sicht „ausbaden“ müssen. Aktuell werden sie nicht gehört, egal mit welchen Mitteln sie sich zu Wort melden. Auch als privilegiert geltende junge Menschen, wie Gymnasiast*innen und Student*innen wählen zunehmend radikalere Protestformen, wie die der „Letzten Generation“, weil sie keine andere Möglichkeit sehen, ihren Forderungen Gehör zu verschaffen. Wir brauchen überzeugte Demokrat*innen Für uns als KJR München-Stadt (KJR) ist die Partizipation junger Menschen jugendpolitisches Ziel und pädagogischer Auftrag. Unsere Arbeit ist gelebte Demokratie und Demokratiebildung. Wir wollen mit unserer (pädagogischen) Arbeit Erfahrungsräume und Strukturen schaffen, die Demokratie erlebbar machen. Damit tragen wir dazu bei, die Fähigkeiten von jungen Menschen, Verantwortung für das eigene Leben und das Leben der Gemeinschaft zu übernehmen, zu unterstützen und zu erweitern und sie zu überzeugten Demokrat*innen zu machen. Bei uns erfahren sie Selbstwirksamkeit, dass Gesellschaft veränderbar ist und dass sie die Gemeinschaft (mit demokratischen Mitteln) mitgestalten können. Immer wieder initiieren wir Projekte zur Mitbestimmung oder unterstützen Aktivitäten in diesem Bereich. Das Demokratiemobil, U18-Wahlen oder Kinderrechte-Projekte tragen regelmäßig dazu bei, Mitbestimmung und Beteiligung für unterschiedliche Altersgruppen erfahrbar zu machen. Wählen ab 16 Im vergangenen Jahr haben wir uns bei Vote16 engagiert. Die Initiative hat sich gemeinsam mit dem Bayerischen Jugendring für eine Wahlalterabsenkung auf 16 Jahre stark gemacht. Mit unterschiedlichen Aktionen haben wir für dieses Anliegen eine Öffentlichkeit geschaffen und bayernweit über 25.000 Unterschriften gesammelt. Auch wenn die erste Hürde für ein Volksbegehren gemeistert wurde, ist es noch ein weiter Weg zum Wählen ab 16 Jahre. Erwachsene tun sich schwer, Macht abzugeben und auch im Koalitionsvertrag der bayerischen Landesregierung hat dieses Thema keinen Eingang gefunden, obwohl die Freien Wähler zu den Unterstützern von Vote16 gehörten. Zwar dürfen 16-Jährige eine Ausbildung in Pflege, Handel und Handwerk machen und werden dort auch dringend gebraucht, sie dürfen auch Jugendgruppen anleiten und ihren Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr, bei THW und Sanitätsdiensten leisten, Bier trinken dürfen sie auch, sogar Rekrut*in bei der Bundeswehr darf man schon mit 17 Jahren werden, nur Wählen soll weiterhin erst ab 18 Jahren möglich sein. Hier muss es, wenn wir junge Menschen und vor allem ihre Rechte ernst nehmen, dringend Veränderung geben.
GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT 4 Rahmenkonzept Partizipation In München gibt es seit vielen Jahren Bestrebungen, ein Rahmenkonzept zur Beteiligung junger Menschen zu erstellen, mit dem Ziel, die demokratische Teilhabe junger Menschen in sämtlichen Lebensbereichen sicherzustellen. Dabei sind sowohl Stadtgesellschaft als auch Stadtverwaltung gemeinsam gefordert. Leider geriet dieser Prozess immer wieder ins Stocken. 2023 nahm er endlich wieder Fahrt auf. Wir sind hier aktiv und haben im letzten Jahr ein Impulspapier verfasst, um unsere Haltung und die Mindestforderungen zu verdeutlichen. Es ist 5 vor 12 Klimaproteste werden maßgeblich von jungen Menschen angestoßen und getragen, für sie und die nachfolgenden Generationen steht unendlich viel auf dem Spiel. Wir sind als KJR in Sachen Klimaschutz schon seit vielen Jahren mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie und vielen weiteren Projekten aktiv. 2023 starteten wir den 9-Punkte-Plan mit dem wir bis 2035 klimaneutral werden wollen. Viele kleine Schritte in neun unterschiedlichen Bereichen sind dazu notwendig und nur wenn alle an einem Strang ziehen, werden wir das Ziel erreichen. Wenn die Kinder bei der Umstellung auf Bio-Produkte im Thekenverkauf oder bei der Zubereitung von vegetarischem Essen mitentscheiden dürfen, was ins Sortiment oder auf den Teller kommt, wenn sie nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden, dann finden sie es im besten Fall gut und sind vielleicht sogar ein bisschen stolz, ihren Teil zur dieser Mammutaufgabe beigetragen zu haben. Wie gelingt Beteiligung? Ein Beispiel für gelingende Partizipation ist das azubiwerk e.V. Endlich sind bei dem gemeinsamen Projekt von Stadt, DGB-Jugend München und KJR die ersten Azubis ins fertiggestellte Wohnheim eingezogen. Aber es geht nicht nur ums Wohnen, die jungen Menschen sollen sich dort um viele Dinge selbst kümmern und selbst entscheiden, wenn es um die Ausgestaltung des unmittelbaren Wohnumfeldes geht. Haussprecher*innen, die dann aus ihrer Mitte auch Vorstandsmitglieder wählen, sorgen für Mitbestimmung und Beteiligung. Beteiligung ist anstrengend, bringt in der Regel aber gute Ergebnisse, die von denen die mitentscheiden durften, auch meist gemeinsam getragen und umgesetzt werden. Die Liste der Beispiele lässt sich fortsetzen und vielleicht entdecken Sie im vorliegenden Jahresbericht ja noch weitere erfolgreiche Mitbestimmungsprojekte. Judith Greil, Vorsitzende
5 GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT Arbeit des Vorstands Vorstandsarbeit konkret Januar Bei seiner ersten Sitzung im Jahr 2023 tagte der Vorstand im „Stockwerk29“ im Haus der Jugendarbeit, die Räume werden von Jugendverbänden sowie nicht-verfassten Jugendgruppen und Kollektiven unter Verwaltung des KJR gemeinsam gestaltet. Informiert wurde über den aktuellen Stand zum 49-Euro-Ticket/ Deutschlandticket, bei dem es für Schüler*innen und Studierende noch völlig unklar war, wie sich die Bedingungen für ihr Ticket gestalten. Der AK Mobilität hatte sich hierzu bereits an Stadtpolitik und Verantwortliche vom MVV gewandt, um Lösungen aufzuzeigen. Die Vorstandsmitglieder überlegten, wie es mit dem Diskussions- impuls (www.kjr-url.de/dis) zur Rahmenkonzeption Partizipation junger Menschen in München weitergeht. Das Papier wurde mit dem Ziel erstellt, die Diskussion auch stadtweit wiederzubeleben. Februar Nach einem bewegenden Februar-KJHA mit Beschlüssen zum Thema Partizipation traf sich der Vorstand mit der Fraktion Grüne/Rosa Liste. Besprochen wurden die Themen Junges Wohnen, die SGB-VIII-Reform mit Anforderungen zum Thema Inklusion, das Bauprojekt Westend 66 sowie der Fachkräftemangel. Auch im Gespräch des Vorstands mit der 3. Bürgermeisterin Verena Dietl war der Diskussionsimpuls zur Partizipation ein Schwerpunkt. Neben der Erarbeitung einer Rahmenkonzeption Partizipation durch das Direktorium wird es künftig, direkt bei der 3. Bürgermeisterin angesiedelt, ein Kinder- und Jugendrathaus geben. Der Kandidat für das BJR-Präsidentenamt Philipp Seitz stellte sich im Februar im KJR-Vorstand vor. Er berichtete von seinen Schwerpunktthemen, wie Demokratiebildung und Wertschätzung des Ehrenamts in der Jugendarbeit. Ziel war, den Kandidaten besser kennenzulernen und auch die Zusammenarbeit zwischen KJR und BJR zu stärken. Ebenfalls zu Besuch waren zwei junge Vertreter der Jugendorganisation des ADFC, die über ihre Aktivitäten und den aktuellen Stand zum Radentscheid Bayern informierten. Der KJR unterstützt die Aktivitäten des Bündnisses. Bericht des Vorstands 2023 Vorsitzende Judith Greil (DGB-Jugend) stellv. Vorsitzender Leander Gerl (diversity) Mitglieder Ozan Aykac (Münchner Schüler*innenbüro) bis 06/2023 Fatih Demirtas (DGB-Jugend) Svenja Gutzeit (BDKJ) ab 06/2023 Ruth Heeren (BUND Naturschutz) bis 06/2023 Michaela Kleemann (EJM) ab 06/2023 Katharina Mayer (JDAV) Hans Radspieler (MSJ) Alexander Rix (BUND Naturschutz) ab 06/2023 Karsten Urbanek (EJM) bis 06/2023 Jana Wulf (BDKJ) bis 06/2023 KJR-Vorstand Philipp Seitz wurde auf der BJR-Frühjahrsvollversammlung zum neuen BJR-Präsidenten gewählt. KJR-Vorsitzende Judith Greil freute sich mit ihm.
GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT 6 März In seiner Märzsitzung beschloss der Vorstand, das Klimacamp München wie bereits in den Jahren zuvor personell, logistisch und finanziell zu unterstützen. Das Camp, das von 18. bis 21. Mai 2023 auf der Theresienwiese stattfand, bot ein vielfältiges Programm mit Workshops, Diskussionen, Musik und Kultur, Abendunterhaltung und Kinderprogramm. Außerdem ernannte der Vorstand Ozan Aykac erneut zum beratenden Mitglied für den Migrationsbeirat. Der Migrationsbeirat vertritt die Interessen der Münchner*innen mit Migrationsgeschichte und besteht aus 50 stimmberechtigten Mitgliedern und 22 beratenden Mitgliedern. Der Vorstand setzte sich im vergangenen Jahr intensiv für die Mittelausstattung der BNE-Vision 2030 ein. Eine Begleitgruppe berät die städtische Fachstelle, und für die Vertretung der Interessen junger Menschen waren zwei Sitze reserviert – die StadtschülerInnenvertretung und die KJR-Nachhaltigkeitsbeauftragte Julia Traxel werden diese Sitze wahrnehmen. Von 24. bis 26. März fand die Vorstandsklausur in Ohlstadt statt. Begonnen wurde mit einem Überblick über aktuelle Themen im KJR und einem Austausch über die weitere Zusammenarbeit im Vorstand. Der Samstag stand unter dem Fokus der Erarbeitung der strategischen Ziele für die Jahre 2024 bis 2027 (www.kjr-url.de/gb-sz-27). Anhand der Diskussion über die zentralen gesellschaftlichen und politischen Veränderungen, die das Leben und Aufwachsen junger Menschen in München prägen, wurden fünf strategische Themenfelder benannt: die Förderung von Engagement und Partizipation, Vielfalt und Demokratie, Klimagerechtigkeit, soziale Teilhabe und die aktive Gestaltung digitaler Lebenswelten. Am Sonntag stand der Jahresabschluss 2022 auf dem Plan, bevor sich der Vorstand noch mit dem 9-Punkte-Plan und der Frage, wie er den von ihm für 2023 gewählten Schwerpunkt Ernährung in der eigenen Arbeit umsetzen kann, beschäftigte. April Ende April traf sich der Vorstand mit der Fraktion SPD/Volt im Rathaus. Themen waren Partizipation, die Erhöhungsanträge 2024, die Auswirkungen der Tarifverhandlungen auf den Haushalt und Klimagerechtigkeit. Es gab Informationen zum Umsetzungsstand des Partizipationsbeschlusses und es wurde über die Verlegung des Kinder- und Jugendhilfeausschusses auf den Nachmittag, um jungen Menschen leichter eine Beteiligung zu ermöglichen, diskutiert. Mai In den beiden Vorstandssitzungen im Mai – eine davon im Freizeittreff Obergiesing 103er – wurde die Frühjahrsvollversammlung mit den turnusgemäßen Neuwahlen vorbesprochen. Interessierte für das Amt des Vorstands konnten in die Sitzungen hineinschnuppern und so die Arbeit kennenlernen. Eine intensive Diskussion gab es zum sog. Huckepack-Aufnahmeverfahren des Bayerischen Jugendrings, bei dem örtlichen Gruppen vom jeweiligen Stadt- bzw. Kreisjugendring aufgenommen werden müssen, wenn es bereits eine entsprechende Gruppierung auf Landesebene gibt. Der Vorstand positionierte sich klar zu der für Juni geplanten Lesung unter dem Motto „Wir lesen euch die Welt, wie sie euch gefällt“ in einer Stadtbibliothek. Der Vorstand begrüßte die Initiative, Kinder und Familien spielerisch und kindgerecht an das Thema LGBTIQA* heranzuführen, und erklärte sich solidarisch mit den Beschäftigten der Stadtbibliothek, den Künstler*innen und allen Kindern und (jungen) Menschen, die sich queer-feindlichen Angriffen ausgesetzt sehen. Der Mobilisierung aus der rechten Szene, die Queer-Feindlichkeit als Mittel nutzt, um gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und diskriminierende Positionen weit in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, tritt der KJR entschieden entgegen. Der Vorstand schloss sich einer Initiative der DGB-Jugend an, die sich für die Anliegen junger Auszubildender bei der Vergabe der Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Junges Wohnen“ einsetzt. Außerdem gründete sich auf Initiative des vom KJR organsierten „AK Junges Wohnen“ und der studentischen Selbstverwaltung StuSta e.V. ein studentischer „AK Wohnen“, der sich hochschulübergreifend für die Themen bezahlbares studentisches Wohnen und studentischer Wohnungsbau in München einsetzt. Im AK arbeiten u.a. die Studierendenvertretungen der TUM, HM und LMU sowie
7 GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT der StuSta e.V. mit. Der Vorstand beschloss, die Mitgliedschaft im AK zu beantragen und sich dort aktiv einzubringen. Zudem gab es erste Informationen zur Kampagne von Vote16, die am 3. Mai mit einer Pressekonferenz startete. Für die zunächst benötigten 25.000 Unterschriften für die Zulassungsphase wurden im KJR Unterschriftenlisten zur Verfügung gestellt und erste Aktivitäten geplant. Der Vorstand arbeitete wie alle Einrichtungen und Organisationseinheiten am 9-Punkte-Plan, damit der KJR bis 2035 klimaneutral wird. Der Vorstand begrüßte die erarbeitete Checkliste zur klimagerechten Ernährung und wendet diese zunächst in den eigenen Zuständigkeitsbereichen bzw. bei eigenen Aktivitäten an. Außerdem soll klimagerechte Ernährung bei der Auswahl von Tagungshäusern und Veranstaltungen berücksichtigt werden. Bei Gesprächen mit Stadtpolitik und -verwaltung sollen entsprechende Forderungen kommuniziert werden. Juni Am 13.06.2023 wurde auf der Frühjahrsvollversammlung, diesmal im Pfarrsaal der Matthäuskirche am Sendlinger Tor, der neue KJR-Vorstand gewählt. An die Spitze des größten Jugendrings in der Bundesrepublik wählten die Delegierten der Münchner Jugendverbände erneut die 34-jährige Bereichsleiterin Judith Greil von der DGB-Jugend. Sie ist seit 2015 im Vorstand und seit 2019 KJR-Vorsitzende. Rund 90 Delegierte der Münchner Jugendverbände und zahlreiche Gäste waren mit dabei. Der Compliance Manager Leander Gerl (37) von diversity München e.V., der dem Vorstand des KJR seit 2017 angehört, wurde von den Delegierten für eine weitere Legislaturperiode zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Neu im KJR-Vorstand sind die 24-jährige Sozialarbeiterin Svenja Gutzeit vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), die Diakonin Michaela Kleemann (36) von der Evangelische Jugend München (EJM), der 30-jährige Maschinenbauingenieur Alexander Rix von der Jugendorganisation BUND Naturschutz und die 24-jährige Lehramtsstudentin Sidal Tas von der Alevitischen Jugend (BDAJ). Wiedergewählt wurden der KFZ-Mechatroniker Fatih Demirtas (30) von der DGB-Jugend München, die 26-jährige Katharina Mayer (Master Nachhaltigkeit) von der Jugend des Deutschen Alpenvereins (JDAV) und der Sportökonom Hans Radspieler (62) von der Münchner Sportjugend, der dem KJR-Vorstand bereits seit 1990 angehört. Nicht mehr angetreten sind Ozan Aykac vom Münchner Schüler*innenbüro e.V., Ruth Heeren von der Jugendorganisation BUND Naturschutz, Karsten Urbanek (EJM) und Jana Wulf (BDKJ). Sie wurden mit einem Fest im Rahmen des KJR-Sommerempfangs verabschiedet. (siehe Seite 37) Die Wahlen fanden wieder digital über votesUP statt. Außerdem gab es zwei Empfehlungen für Neuaufnahmen: die „Kletterjugend vielfältIG“ – eine inklusive Klettergruppe – und die „Europapfadfinder St. Michael Stamm Patrona Bavariae“ – eine Pfadfinder*innenGruppe aus Neuhausen – stellten sich vor und die Delegierten sprachen sich für eine Aufnahme in den BJR aus. Im Anschluss gab es einen Antrag zur „Unterstützung der gewaltfreien Proteste gegen die IAA“ von JDAV, JBN (jetzt Bund Jugend Bayern) und DGBJugend, der angenommen wurde. Die Antragstellenden kritisierten die „Internationale Automobilausstellung IAA“ in München und wandten sich mit ihrem Antrag zum einen gegen den motorisierten Individualverkehr, zum anderen forderten sie mehr Unterstützung und Sichtbarkeit von IAA-kritischen Positionen. Der KJR soll sich aktiv politisch beteiligen, durch Teilnahme am Demobündnis und Einsatz für Transparenz und vereinfachte Bürokratie bei der Nutzung von Räumen und Plätzen für Aktionen in München. Der neugewählte KJR-Vorstand (nicht im Bild Katharina Mayer).
GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT 8 Bündnis aus Gewerkschaften, sozialen Trägern, Bildungsinitiativen und vielen anderen Akteur*innen fordert u.a. ein Sondervermögen Bildung in Höhe von 100 Mrd. Euro, eine Ausbildungsinitiative für Lehrer*innen und Erzieher*innen sowie Schule zukunftsfähig und inklusiv zu gestalten. Zum anderen mit der Petition zu Drogenkonsumräumen. Die überfraktionelle Initiative von drei Stadträt*innen Juni Bei der konstituierenden Vorstandssitzung im Juni gab es für die neugewählten Vorstandsmitglieder eine Fülle von Informationen. Eine vertiefende Einführung fand bei weiteren Terminen und beim Teambuilding-Wochenende Ende Juli statt. Weiteres Thema war die Kampagne „Offen bleiben“, die der Vorstand unterstützte. Mit der geplanten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems hat die EU eine massive Verschärfung des Asylrechts in die Wege geleitet, mit dem Ziel, sich weiter abzuschotten. Die Kampagne „Offen bleiben“ möchte dieser Politik entgegentreten und setzte mit der Demo am 16. Juli ein klares Zeichen für eine offene und solidarische Gesellschaft. Erstmals traf sich der Vorstand Mitte Juni mit der städtischen Baureferentin Dr.-Ing. Jeanne-Marie Ehbauer, die seit gut einem Jahr im Amt ist. Neben dem Kennenlernen konnte die Partizipation junger Menschen insbesondere bei der Stadtgestaltung ebenso thematisiert werden, wie die Nutzung des öffentlichen Raums durch „freien“ Sport z.B. in Parks oder an der Isar. Zudem waren der Neubau Westend 66 und die langen Bauzeiten bei Jugendeinrichtungen Thema. Der positive Austausch soll nun jährlich wiederholt werden. Juli Im Juli fand die Vorstandssitzung im Kinder- und Jugendtreff Mooskito statt. Hier beschäftigte sich der Vorstand mit zwei unterstützenswerten Forderungen: zum einen mit dem Bildungsprotesttag „Bildungswende jetzt!“ am 23. September. Das breite setzte sich erneut für Drogenkonsumräume in Bayern ein und reichte eine Petition im Bayerischen Landtag ein. Der Vorstand beschloss die Unterstützung der Petition. KJR-Vorsitzende Judith Greil war eine der Erstunterzeichnenden. Der Vorstand positionierte sich zur ehrenamtlichen Sicherheitswacht in den Stadtvierteln und Bezirksausschüssen. Grundsätzlich lässt die Kombination der Aufgaben, Befugnisse und Einsatzorte befürchten, dass Kinder und Jugendliche im öffentlichen Raum in den besonderen Fokus der Sicherheitswacht geraten. Eine Handreichung mit Informationen rund um das Thema gibt den KJR-Einrichtungen jetzt eine inhaltliche Orientierung. Im Juli fanden auch Gespräche mit den Fraktionen Grüne/Rosa Liste, SPD/Volt und CSU/Freie Wähler statt. Neben der Vorstellung des neu gewählten Vorstands waren die Hauptthemen Partizipation und die Gestaltung des Kinder- und Jugendhilfeausschusses, unsere Erhöhungsanträge z.B. Stellenmehrungen, Bedarfe im Bauunterhalt sowie Klimagerechtigkeit. In den Gesprächen wurde uns signalisiert, dass die Bedarfe aufgrund von Tariferhöhungen auch in 2024 berücksichtigt werden, wenngleich die Haushaltslage der LHM insgesamt wenig Spielraum ermöglichen wird. September Bei der ersten Vorstandssitzung nach der Sommerpause im Gleis 24 – Ernas Jugendkulturcafé wurde der neue Vorstand über den langen Prozess zur Erstellung einer Rahmenkonzeption Partizipation informiert. Der Vorstand beschäftigte sich außerdem mit der Vorbereitung der Herbstvollversammlung und der anstehenden Herbstklausur. Es gab ein Update zur Kampagne Vote16 und es wurde über Möglichkeiten diskutiert, Notschlafplätze für StudieBeim Teambuilding im Juli wurden erste Schwerpunkte festgelegt.
9 GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT rende einzurichten: hier hatte es in den Ferien einen Antrag von SPD/Volt sowie Grünen/Rosa Liste gegeben, Studierende im Jugendübernachtungscamp The Tent unterzubringen. Trotz der Ablehnung, u.a. wegen fehlender Heizmöglichkeiten, wird sich der Vorstand weiter mit dem herausfordernden Thema Wohnen für junge Menschen beschäftigen. Zu Gast in der Vorstandssitzung war Ulrike Ahnert, die Projektleiterin des Demokratiemobils. Das Demokratiemobil war vor der Landtagswahl in verschiedenen Stadtteilen mit seinem öffentlichen Angebot sehr präsent, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Bei den Veranstaltungen nahmen die Mitarbeitenden vor allem viel Misstrauen gegenüber Politik und politischen Strukturen wahr. Gerade deswegen ist ein niedrigschwelliges Angebot zur politischen Bildung in München wichtig. Im September traf sich der KJR-Vorstand mit Stadtschulrat Florian Kraus. Neben dem Kennenlernen des neuen Vorstands standen die Themen Trendsport, Zukunft der StadtschülerInnenvertretung und der Bauunterhalt von Freizeiteinrichtungen in Gebäuden des Referats für Bildung (RBS) auf der Tagesordnung. Zudem wurde über die Partizipationsimpulse im Bereich Bildung und die Notwendigkeit, Stadtratsvorlagen des RBS – welche die Jugendarbeit betreffen – auch in den KJHA einzubringen, diskutiert. Oktober Im Oktober gab es das regelmäßig stattfindende Gespräch des Vorstands mit der 3. Bürgermeisterin Verena Dietl. Nach der Vorstellung des neugewählten Vorstands wurde konstruktiv über die Weiterentwicklungen im Bereich Partizipation gesprochen. Hier soll auch in Zukunft ein regelmäßiger Austausch mit Maria Deingruber stattfinden, die das Kinder- und Jugendrathaus gestaltet. Junges Wohnen, Trendsport und die Erhöhungsanträge des KJR waren weitere Themen im Gespräch. Die Ergebnisse der Landtagswahl und der U18-Wahl haben verdeutlicht, dass ein massiver Rechtsruck in der Gesellschaft festzustellen ist. Dies veranlasste den Vorstand die AG gegen Rechts wieder ins Leben zu rufen. Gemeinsam mit Praktiker*innen aus den Einrichtungen sollen Strategien und Möglichkeiten ausgelotet werden, wie dieser Rechtsruck aufgehalten werden kann und politische Bildung in der OKJA aussehen kann. Im Vorstand wurde das Impulspapier „Gelingende Kooperation zwischen OKJA und Schule im KJR“ vorgestellt (siehe auch Seite 21). Außerdem konnte der Vorstand gemeinsam mit dem Team Junge Kultur auf ein erfolgreiches und das bisher größte OBEN OHNE zurückblicken: zwei Bühnen, ein vom Publikum hochgelobtes Lineup, optimales Wetter und 23.000 verkaufte Tickets waren die Grundlage für den Erfolg. Der Vorstand dankte dem Team für das zusätzliche Engagement in den Bereichen Inklusion (z.B. Gebärdensprachdolmetscher*innen), Klimagerechtigkeit und heuer erstmals Partizipation. Zudem wurde erstmals das Gedenken an das OEZ-Attentat thematisiert. (siehe auch Seite 35) Auch die Herbstklausur des Vorstands fand im Oktober statt. Informationen zum KJR standen ebenso auf der Tagesordnung wie die Entwicklung weiterer Ideen zur Ausgestaltung des sog. Jugendverbändetreffens. Thema war auch die Zuordnung der Vorstandsmitglieder zu inhaltlichen Ressorts bevor sich intensiv der Frage gewidmet wurde, wie man in der Vorstandsarbeit wirksam wird und welche Schwerpunkte sich die Vorstandsmitglieder für ihre Amtszeit setzen möchten. November Am 14. November fand die KJR-Herbstvollversammlung (HVV) in der Pasinger Fabrik statt. Inhaltlich stand das Thema Auseinandersetzung mit verschiedensten Protestformen auf der Agenda und diverse Jugendgruppen wie ANIMALS UNITED, die DGB-Jugend und das Mobilitätswendecamp gaben Einblicke in ihre Arbeit. Nach dem Bericht des Vorstands, der die U18-Wahlen und den Rechtsruck, Vote16, die Teilnahme am CSD, den 9-Punkte-Plan des KJR zu Klimagerechtigkeit sowie das OBEN OHNE aufgriff, folgten der Wirtschaftsplan und die Verteilung der Jugendverbandsförderung für 2024. HVV: Die Verteilung der Jugendverbandsförderung wird genehmigt.
GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT 10 folgte Anita Fricke, Leitung Kommissariat 105 – Prävention und Opferschutz bei der Münchner Polizei, in das Gremium. 2023 fand aus personellen Gründen keine Kuratoriumssitzung statt. Das Gremium nimmt im März 2024 in neuer Besetzung seine Arbeit auf und wird sich mit dem Thema „Strategie und Positionierung des KJR angesichts des Rechtsrucks in der Gesellschaft und bei Wahlen“ auseinandersetzen. JAPs gGmbH Die Jugend-Arbeit-Perspektiven (JAPs) gGmbH ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Kreisjugendring München-Stadt, die sich im Bereich der Übergänge Schule – Beruf engagiert. Dabei ist die JAPs gGmbH aktuell mit zwei Maßnahmen aktiv: In der außerbetrieblichen Maler*innen-Ausbildung des JAPs-Malerprojekts bildet ein erfahrenes Team seit über 20 Jahren Jugendliche, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Berufsausbildung antreten konnten, im Auftrag des Jobcenters München und des Stadtjugendamts München im Rahmen der berufsbezogenen Jugendhilfe (BBJH) im Bei der Vorstandssitzung Ende November gab es erste Planungen für das Kuratorium im Frühjahr 2024. Auch die erneute Beteiligung am CSD, die 2023 ein voller Erfolg war, wurde befürwortet. Reflektiert wurde das eigene Jahresziel aus dem 9-Punkte-Plan „Ernährung“, außerdem stand das Thema (Junges) Wohnen mit unterschiedlichen Aspekten auf der Tagesordnung. Die extrem gestiegenen Preise bei der Durchführung des OBEN OHNE waren Anlass für eine herausfordernde Diskussion zum Thema Ticketpreis. Ursprünglich als (fast) kostenloses Festival gedacht, lässt sich dies vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen nicht mehr kostendeckend umsetzen. Auch das Gespräch mit Oberbürgermeister Dieter Reiter fand noch im November statt. Die auskömmliche Finanzierung des OBENOHNE-Festivals sowie die Erhöhungsanträge bei den Jugendverbandsmitteln und notwendige Bedarfe im Bereich Verwaltung wurden intensiv diskutiert. Neben Partizipation waren auch die Stellen zum Jungen Wohnen und der Stand des Neubauprojekts Westend 66a Themen. Kuratorium Das Kuratorium berät den KJR-Vorstand in strategischen Fragen. Aufgrund von Funktionswechseln bzw. Eintritt in den Ruhestand gab es 2023 einige Veränderungen in der Besetzung des Kuratoriums: Für Prof. Bernhard Lemaire wird künftig Prof. Andreas Schwarz, Vizepräsident für Studium und Lehre an der Katholischen Stiftungshochschule München, vertreten sein. Stadträtin Lena Odell löste das langjährige Mitglied Christian Müller ab. Und für Arno Helfrich Anna Matejka schloss ihre Ausbildung zur Maler*in und Lackierer*in als Prüfungsbeste ab. Ausbildungsberuf des Malers und Lackierers (m/w/d) aus. Neben sozialpädagogischer Begleitung, Theorieunterricht und regulärem Besuch der Berufsschule, lernen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen das praktische Handwerk durch reale Aufträge in den KJR-Einrichtungen. Ziel ist neben der Durchführung der geförderten Ausbildung auch die Vermittlung in einen weiterführenden Betrieb. Standort der Maßnahme ist München-Pasing. Das Projekt MoQua (Motivieren-Qualifizieren) gibt circa 40 Teilnehmenden im Alter von 15 bis 25 Jahren die Möglichkeit, sich auf den Qualifizierenden Mittelschulabschluss (Quali) vorzubereiten. Sowohl durch die fachliche Vorbereitung als auch durch intensive individuelle sozialpädagogische Begleitung wird für die Teilnehmenden die Möglichkeit geschaffen, Chancen und Perspektiven zu entwickeln, um einen guten Übergang in Schule und Beruf zu erleben. Die Maßnahme wird zu 100 Prozent durch die LH München aus Mitteln für die berufsbezogene Jugendhilfe (BBJH) finanziert und ist in der Maxvorstadt verortet.
11 GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT Politische Arbeit im KJHA In allen Sitzungen des KJHA war das Thema Fachkräftegewinnung zentral. Darüber hinaus wurden verschiedene Anträge behandelt, die größtmögliche Partizipation von jungen Menschen in der Stadtgesellschaft ermöglichen sollen. In der zweiten Jahreshälfte wurde das neue Fördersystem für die Kinderbetreuung mehrfach besprochen. Im Januar beschäftigte sich der KJHA u.a. mit der besseren Absicherung von Freizeiteinrichtungen. Dabei wurde herausgearbeitet, dass junge Menschen in die Begutachtung der Örtlichkeiten und die Konzeptionierung entsprechender Maßnahmen umfänglich einzubinden sind. Der öffentliche Raum sei für Kinder und Jugendliche ein zentraler Aufenthaltsort – entsprechende Örtlichkeiten müssten beispielsweise besser beleuchtet und mit Toiletten ausgestattet werden. Die Sitzung im Februar stand im Zeichen von Partizipation und Mitwirkung. Die Kinder- und Jugendbeteiligung wurde mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet, weil nicht zuletzt die Jugendbefragung gezeigt hatte, dass junge Menschen mit ihren Mitbestimmungsmöglichkeiten unzufrieden sind. Kritisiert wurde, dass die Umsetzung des Rahmenkonzepts Kinder- und Jugendpartizipation ins Stocken geraten sei. Die freien Träger forderten einen maximal offenen Prozess für die Umsetzung, der demokratiefördernd wirken werde. Medienkompetenz ist eine zentrale Herausforderung für Kinder und Jugendliche. In den beiden März-Sitzungen wurden deshalb im KJHA der erste und zweite Teil einer Beschlussvorlage zu diesem Thema diskutiert und damit ein geplantes Stadtratshearing vorbereitet. Ein solches Hearing sei notwendig, um die neuen Lebensrealitäten junger Menschen abzubilden. Kritisch wurde auf Lücken in der vorgelegten Übersicht medienpädagogischer Angebote hingewiesen. So seien die Situation von Familien, die Qualitätssicherung und die Verzahnung der bestehenden Angebote unzureichend behandelt worden. Zudem fehle die konzeptionelle Rahmung künftiger medienpädagogischer Angebote und die ausstehende Umsetzung der Digitalisierungsstrategie der Landeshauptstadt, an deren Ausarbeitung sich die freien Träger gern beteiligen werden. Darüber hinaus sollten auch die bestehenden medienpädagogischen Angebote in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit eingebunden werden, die in den kommenden Jahren zusätzliche Mittel für diesen Arbeitsbereich benötigen. Die Bayerische Staatsregierung hatte zur Minderung des Fachkräftemangels eine Experimentierklausel für die Großtagespflege von Kindern erlassen. Die freien Träger nutzten in der Mai-Sitzung die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass die Tagespflege als Baustein in der Kinderbetreuung aktuell dringend gebraucht wird, um den Betreuungsnotstand zu decken. Dafür muss diese Betreuungsform mehr in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden, gleichzeitig sind aber auch Verwaltungsstandards und fachliche Qualifizierungen der Betreuungspersonen erforderlich. Um die Beleuchtung von Jugendeinrichtungen und damit die Schaffung von sicheren Orten für Kinder und Jugendliche ging es in der Juni-Sitzung. Münchner Trichter und KJR hatte sich schon lange vor der Pandemie für den Erhalt bzw. die bessere Ausstattung öffentlicher Räume und Einrichtungen für junge Menschen starkgemacht. Das Projekt „Im Gefilde“, um das es schwerpunktmäßig bei der Sitzung ging, sei ein besonderes. Es zeige, dass Partizipation von jungen Menschen gelingen kann, dass ihre Ideen bereichernd sind und dass es noch Freiräume bei entsprechender Gestaltung in einer enger werdenden Stadt gibt. Es zeige auch, dass junge Menschen ihre Stadt mitgestalten wollen. Die weitere Umsetzung der 21 anstehenden Projekte soll bis 2029 abgeschlossen sein. Diesen langen Zeitraum kritisierten die freien Träger ausdrücklich. Es sei zudem wichtig, dass solche Orte für Jugendliche frei von Konsumzwang, sicher und gemeinschaftsfördernd gestaltet werden – eine Beleuchtung sei ein guter Schritt auf diesem Weg. Einen langen Atem brauchte es für das Pilot- Beleuchtungsprojekt „Im Gefilde”. Aber jetzt geht es auch in anderen Stadtteilen voran.
GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT 12 Ab der zweiten Jahreshälfte und der Juli-Sitzung stand das Thema Neugestaltung der Münchner Förderformel mehrfach im Zentrum der Beratungen. Zunächst wurden jedoch die Ergebnisse des Runden Tischs zur Verbesserung der Angebote für Obdach- und Wohnungslose im Bahnhofsviertel besprochen. Dem KJR sei dabei vor allem die Situation junger Menschen im Alten Botanischen Garten wichtig, in dem sich das Spielhaus Sophienstraße – eine Einrichtung des KJR – befinde. Schutz und Sicherheit sowie Sauberkeit um diese Einrichtung herum und für den Schulweg von Kindern waren Themen eines Runden Tisches vor Ort. Ziel muss sein, diesen öffentlichen Ort auch für Kinder, Teenager und Jugendliche attraktiv und sicher zu gestalten. Ein mehrfach im KJHA diskutiertes Thema betraf die sehr schlechte Personalausstattung im Bereich Kinder- und Jugendschutz. Während der SeptemberSitzung wurde deutlich, wie dramatisch die Lage ist. Eine erweiterte Leitstelle für Inobhutnahmen sei zwar grundsätzlich ein gangbarer Weg – die massiven Probleme könnten damit aber nicht gelöst werden. Die Stadt könne und müsse sich bei dieser Frage zwingend der Expertise der freien Träger bedienen, die kooperationsbereit sind – ohne dabei eine Konkurrenzsituation zwischen städtischen und freien Trägern zu schaffen. Ein weiterer Ansatz zur Lösung des Fachkräfteproblems sei eine verstärkte Nutzung des Instruments eines dualen Studiums. In der Oktober-Sitzung wurden die Herausforderungen von verpflichtenden Ganztagsangeboten im Grundschulbereich ab 2026 besprochen. Auch für die freien Träger sei dies eine Mammutaufgabe, wenn der Rechtsanspruch auf pädagogisch kompetente Betreuung und Bildung zum Wohle der Kinder umgesetzt werden soll. Kinder müssten dabei hochwertige und individuell anpassbare Angebote bekommen. Freie Träger, (Jugend)verbände und ihre Angebote sollen aktiv eingebunden werden. Über die Umsetzung des Öffentlichkeitsbeteiligungs-Konzepts in der LH München und die Einführung eines Einwohner*innenBudgets wurde in der November-Sitzung debattiert. Dabei thematisierten die freien Träger, dass sich junge Menschen in der Stadt nach wie vor mit ihren Problemen nicht ernst genommen fühlen. Das würde mittelfristig zu Politikverdrossenheit führen. Die Strukturen der Jugendarbeit müssten deshalb ausgebaut und gefestigt werden. Die Dezember-Sitzung stand ganz unter dem drängenden Problem, dass die Münchner Förderformel zeitnah durch ein neues rechtssicheres Instrument der Förderung ersetzt werden muss. In der Sitzung wurden deshalb mehrere Dringlichkeitsanträge vorgelegt, die unmittelbar Planungs- und Handlungssicherheit für die freien Träger schaffen sollen, solange es noch keine verabschiedete neue Förderformel für die Kinderbetreuung in München gebe. Die freien Träger zeigten sich enttäuscht darüber, dass es der Stadtverwaltung bislang nicht gelungen sei, ein neues Konzept vorzulegen. Im Ganztag muss es hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote geben, die natürlich auch Spaß machen sollen.
13 GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT Schwerpunkte und jugendpolitische Aktivitäten Ziele 2023 – Rückblick und Ausblick Der Vorstand beschließt für den gesamten KJR operative 2-Jahres-Ziele und strategische 4-Jahres-Ziele, die auch die Basis für Zielvereinbarungen in den Abteilungen, Referaten und Einrichtungen bilden. Im Herbst 2021 verabschiedete der Vorstand acht „öffentliche“ und sieben „interne“ 2-Jahresziele für den Zeitraum 2022 bis 2023, die ein breites Themenfeld abdeckten, das von politischer Bildung über Junges Wohnen, Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit, Freiräumen für junge Menschen bis hin zu digitalen Angeboten reichte. Nachdem bereits Ende 2022 einige Ziele erfolgreich abgeschlossen werden konnten, wurden die verbliebenen Ziele 2023 weiterbearbeitet. Die Ergebnisse der 2-Jahres-Ziele 2022 bis 2023 finden sich im „Ziele-Archiv“ auf der Homepage des KJR. Im Mai 2023 beschloss der Vorstand fünf strategische Ziele für den Zeitraum 2024 bis 2027. Diese bildeten die Grundlage für die Erarbeitung der 2-Jahres-Ziele 2024 bis 2025. Im Rahmen eines zweistufigen Beteiligungsprozesses konnten auch die Mitarbeitenden eigene Vorschläge einreichen und den Entwurf kommentieren. Auf seiner Sitzung im September 2023 verabschiedete der Vorstand zehn „öffentliche“ und fünf „interne“ 2-Jahres-Ziele für die kommenden beiden Jahre. Darunter sind z.B. Ziele zu den Themen Kinder- und Jugendbeteiligung, Inklusion, Vielfalt, Ganztag, Klassismus, Stärkung digitaler Angebote und Klimaneutralität. Informationen zur KJR-Zielesystematik sowie der Wortlaut der aktuellen strategischen 4-Jahres- und der operativen 2-Jahres-Ziele können auf www.kjr-m.de/ziele nachgelesen werden. Freiräume Jugendkultur umfasst eine große Bandbreite an künstlerischen und kulturellen Sparten, von großer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang dezentrale Freiräume für junge Menschen. Das mobile Jugendkulturangebot des KJR, die POP UP STAGE, ist seit Sommer 2020 zu Gast bei Einrichtungen der OKJA und auf öffentlichen Plätzen. Auf einer kleinen, mobilen Bühne gibt es Workshops, Bands, DJs und Events für Jugendliche und junge Erwachsene mit der Möglichkeit für neue Begegnungen und kulturelle und soziale Interaktion. Das Angebot ist kostenlos und es gibt keinen Konsumzwang. Bei Interesse können die Jugendlichen das Booking über den Programmrat mitgestalten. Von großer Bedeutung ist es, das Angebot passgenau für die jeweilige Einrichtung und ihre Besucher*innen zu gestalten. Die pädagogischen Fachkräfte vor Ort sind gemeinsam mit ihren Jugendlichen selbst kreativ, indem sie Ideen und Wünsche für Angebotsformate einbringen. Die POP UP STAGE wird überall hervorragend angenommen. Ziel ist es, dieses mobile, niederschwellige Angebot gemeinsam mit den Jugendlichen und den pädagogischen Fachkräften weiterzuentwickeln. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den öffentlichen Plätzen, um noch mehr junge Menschen an der POP UP STAGE teilhaben zu lassen. Gestaltbar, kostenlos und frei von Konsumzwang – so müssen Freiräume für junge Menschen sein.
GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT 14 Junge Mobilität Seit dem 1. Mai 2023 ist das sogenannte „Deutschlandticket“ erhältlich. Mit diesem Ticket können Fahrgäste deutschlandweit den ÖPNV nutzen. Das Ticket kostet 49 Euro im Monat und kann in allen deutschen Verkehrsverbünden erworben werden. Der KJR brachte bereits im März auf der 162. Vollversammlung des BJR erfolgreich einen Antrag ein, der dauerhafte und unkomplizierte Tariflösungen für junge Menschen im Freistaat forderte. Auf Drängen des KJR wurde für Studierende in München, die zum Zeitpunkt der Einführung des Deutschlandtickets bereits den Sockelbeitrag für das Semesterticket bezahlt hatten, eine Übergangslösung gefunden. Seit September 2023 können Studierende im Freistaat das Deutschlandticket zum rabattierten Preis von 29 Euro erwerben. Der Semesterticketvertrag wird zu diesem Zeitpunkt bis auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Diese Entscheidung traf der AK Mobilität der Hochschulen, der ebenfalls im Netzwerk Junge Mobilität vertreten ist. Der Freistaat subventioniert jedes Deutschlandticket für Studierende mit 20 Euro. Ob es sich hier um ein langfristig angelegtes Angebot oder eine einmalige Aktion handelt, ist noch unklar. Auszubildende in Bayern sind wie Studierende kaufberechtigt für das vergünstigte Deutschlandticket für 29 Euro. Eine flexiblere Kündigungsregelung beim Übergang vom 365-Euro-Ticket zum Deutschlandticket wäre aus Sicht des Netzwerks Junge Mobilität gerecht gewesen, konnte aber leider nicht erwirkt werden. Bayerische Schüler*innen können kein rabattiertes Deutschlandticket erwerben. Wer die Kriterien der Schulwegkostenfreiheit erfüllt, erhält in München ein 365-Euro-Ticket mit Geltungsraum für das MVV-Gebiet. Alle anderen können entweder das 365-Euro-Ticket käuflich erwerben oder den normalen Preis für das Deutschlandticket, aktuell 49 Euro pro Monat, bezahlen. Das bedeutet insbesondere für Familien, die häufig den ÖPNV gemeinsam nutzen, eine starke Belastung. Die Absenkung der Familienbelastungsgrenze auf 320 Euro im Jahr hilft lediglich denjenigen, die die Bedingungen der Kostenfreiheit des Schulwegs erfüllen, und lässt sich nur auf das 365-Euro-Ticket anwenden. Das Netzwerk Junge Mo- bilität kritisierte den Aus- schluss von Schüler*- innen vom rabattierten Deutschlandticket in einer gemeinsamen Pressemitteilung und in politischen Gesprächen. Positiv zu vermerken ist, dass durch die MVV-Verbunderweiterung seit dem 10. Dezember 2023 um die Landkreise Miesbach, Bad Tölz und Rosenheim sowie die Stadt Rosenheim auch das 365-Euro-Ticket an Geltungsraum ge- wonnen hat. Unter dem Motto „Mehr Licht – mehr Sicherheit!“ waren Mädchen* und junge Frauen* ab neun Jahren aufgerufen, bei Workshops in Laim, Harthof, Au und Fürstenried ihre Erfahrung einzubringen. Die KJR-Fachstelle Partizipation sorgte dann zusammen mit dem Stadtjugendamt dafür, dass die verantwortlichen Referate und Bezirksausschüsse die Ergebnisse der Workshops erhielten. Die Workshops, die ab Mitte Oktober in vier KJR-Freizeitstätten stattfanden, bereiteten die „Nachtspaziergänge“ des Baureferats vor. Diese führten in der Wintersaison 2023/2024 durch insgesamt fünf Stadtbezirke – und zwar zu Stellen, bei denen die Beleuchtung aus Sicht der Mädchen* und jungen Frauen* optimiert werden sollte, um ihr Sicherheitsgefühl zu erhöhen. Die jeweiligen Bezirksausschüsse sollen dann mit dem Baureferat konkrete Maßnahmen planen.
15 GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT Sieht nach Urlaub aus, ist aber lebendige NS-Geschichte und Erinnerungskultur. Gegen Rechts, für Frieden und Demokratie Zahlreiche Aktivitäten gegen Rechts fanden 2023 statt. Besonders wichtig war die Soli-Kundgebung zum Support und Schutz der Drag-Lesung in der Stadtbibliothek Bogenhausen für Kinder. Hierfür verabschiedete der Vorstand auch ein Positionspapier (www.kjr-url.de/gb-dl), das weitere Organisationen unterzeichneten. Ein absoluter Höhepunkt war das Sommer.dok unter dem Motto „Erinnerst du dich?!“, das im und am NS-Dokumentationszentrum stattfand und rund 80 Teilnehmende anzog. Erinnerungskultur und -Formen waren diesmal die Schwerpunkte. Auf dem OBEN OHNE Open Air wurde mit einer Mitmach-Aktion und einem Stand an die Opfer des rechten Anschlags im OEZ erinnert, der sich am 22. Juli zum siebten Mal jährte. Am geschichtsträchtigen 9. November organisierte der KJR mit einem breiten Bündnis (u.a. mit München ist bunt!, DGB München, BUND Naturschutz) die Demo „Kein Platz für Hass und Hetze – Demokratie statt Rechtsruck“ auf dem Odeonsplatz. Im Anschluss trafen sich unter dem Motto „Punsch statt Putsch“ im Münchner Haus der Schüler*innen über hundert Teilnehmende zu einem Austausch- und Vernetzungstreffen. Einen Monat vor der Landtags- und Bezirkswahl in Bayern tourte das Demokratiemobil durch München und machte dabei Halt in Obergiesing-Fasangarten, FeldmochingHasenbergl, Sendling, MilbertshofenAm Hart, Berg am Laim, NeuhausenNymphenburg und Moosach. Mit den elf Tour-Einsätzen erreichte das Demokratiemobil ca. 1.450 Menschen. 65 Prozent der Teilnehmenden waren Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Neben der Wahl ging es um Themen wie Demokratie, Wahlrecht, soziale Gerechtigkeit, Anti-Diskriminierung, Klima, Wohnen, LGBTIQA*, Mitbestimmung, Kinder- und Jugendrechte sowie Rechtsextremismus. Auch abseits der Tour war die DemokratieFeuerwehr viel unterwegs. Es gab Einsätze beim KiKS, bei der Solidaritäts-Kundgebung zur Drag-Lesung an der Stadtbibliothek Bogenhausen, beim KJR-Sommerempfang, bei den Stadtteilfesten in der Maxvorstadt und in Bogenhausen, beim Sommer.dok, beim OBEN OHNE, bei einer Veranstaltung des FZT Freimann zur U18-Wahl, der jugendpolitischen Busfahrt des BJR sowie beim Internationalen Mädchen*tag. Das Demokratiemobil unterwegs im öffentlichen Raum.
GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT 16 Partizipation Der KJR beteiligte sich an der gesamtgesellschaftlichen Kampagne „Vote16“, die sich für das Absenken des Wahlalters auf 16 Jahre auf Landesebene einsetzte. In einem Münchner Aktionsbündnis, in dem auch die Jugendverbände vertreten waren, erarbeitete man gemeinsam Aktionen, um Unterschriften für ein mögliches Volksbegehren zu sammeln und das Thema in der Öffentlichkeit zu platzieren. Bayernweit wurden über 25.000 Unterschriften gesammelt. Auch wenn die erste Hürde für ein Volksbegehren gemeistert wurde, ist es noch ein weiter Weg zum Wählen ab 16 Jahre. Auch in 2023 war der KJR wieder in der städtischen AG Partizipation vertreten. Hier wurden in Zusammenarbeit von Stadt und freien Trägern die Grundsteine für ein Rahmenkonzept Partizipation in München geplant. Vorgesehen ist nun, dieses Konzept bis 2025 gemeinsam zu erarbeiten und so verbindliche Standards für die gelingende Beteiligung junger Menschen in München zu schaffen. 1.350 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben in 15 KJR-Wahllokalen vom 21. bis zum 29. September bei der U18Landtagswahl ihre Stimme abgegeben, um „ihren“ Landtag zu wählen. Und sie haben gezeigt: sie wählen anders als die Erwachsenen! Rot-Grün zusammen erhielt bei den noch nicht Volljährigen fast die absolute Mehrheit, die CSU erreichte Platz drei, die AfD lag mit gut 5 Prozent hinter der Tierschutzpartei und war damit gerade noch im Landtag vertreten. Damit unterschied sich das Zweitstimmenergebnis der bayerischen U18-Landtagswahl in den Wahllokalen des KJR deutlich von der Stimmenverteilung der Erwachsenen in München und erst recht von der auf Landesebene. Der KJR engagiert sich bei Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen für die U18-Wahl, 2023 stellte er die Hälfte aller Münchner Wahllokale. 13 Freizeitstätten in ganz München fungierten als Wahllokal, dazu kam ein mobiles Wahllokal des RIVA NORD an einer benachbarten Mittelschule und auch das zentral gelegene Münchner Haus der Schüler*innen war dabei. Nachhaltigkeit Von 5. bis 10. September 2023 fand die Internationale Automobil Ausstellung (IAA) zum zweiten Mal in München statt. Wie schon bei der ersten IAA in München 2021 wurde parallel dazu ein Protestcamp geplant. Das sogenannte Mobilitätswendecamp wird von jungen Menschen selbst organsiert und ehrenamtlich durchgeführt. Gemeinsames Anliegen ist Klimagerechtigkeit und der Protest gegen die Verwandlung der Münchner Innenstadt in eine Verkaufsfläche für den motorisierten Individualverkehr. Das Camp, das 2023 im Luitpoldpark stattfand, bot den Protestierenden Infrastruktur zum Übernachten in München und ein breites Workshop-Angebot. Die Frühjahrsvollversammlung des KJR hatte beschlossen, die IAA abzulehnen und alle gewaltfreien Proteste und Aktionen, besonders das Mobilitätswendecamp zu unterstützen. Leider gab es auch 2023 wieder eine enorme Polizeipräsenz rund um das Camp. Die Polizei führte Personenkontrollen durch und durchsuchte auch die Taschen der Menschen, die sich vom und zum Camp-Gelände bewegten. Der KJR kritisierte dieses Vorgehen. Es gab zu keinem Zeitpunkt Anhaltspunkte, dass es im Camp zu einer Eskalation kommen könnte. Auf die teilweise noch sehr jungen Camp-Besucher*innen wirkte das große Polizeiaufgebot einschüchternd. Daher wandte sich der KJR im Anschluss an das Camp in einem Offenen Brief an Oberbürgermeister Reiter und kritisierte das Vorgehen der Polizei: Klimagerechtigkeit und nachhaltige Mobilität sind zentrale Themen der Jugendbewegung. Derart massive Kontrollen stellen eine Einschränkung des Versammlungsrechts der jungen Menschen dar. Bereits im Vorfeld zu IAA machte der KJR Mobilität und Klimagerechtigkeit zum Thema auf der 18jetzt!-Feier im Juli im Münchner Rathaus. Der KJR steuerte eine Ausstellung zum Thema nachhaltige Mobilität bei und wies auf die Beteiligungsmöglichkeiten am Mobilitätswendecamp hin. Außerdem gab es eine MitmachAktion mit dem Stimmungsbarometer des Demokratiemobils zu Mobilität. Wer Bier trinken darf, soll auch wählen dürfen! Wir unterstützen Vote16 Stadtratshearing „Junges Wohnen in München“ – Junge Menschen und ihre Sorgen und Nöte ernst nehmen.
17 GESCHÄFTSBERICHT 2023 | KREISJUGENDRING MÜNCHEN-STADT Wohnen in München Die Wohnsituation für junge Menschen in München bleibt weiterhin sehr angespannt und stellt eine große Herausforderung für die Stadt dar. Gleichzeitig konnten mit dem Bezug des ersten AzubiWerkWohnheims am Hanns-Seidel-Platz erste konkrete Schritte zur Verbesserung jungen Wohnens gemeinsam mit DGB-Jugend und LHM auf den Weg gebracht werden. Seit September 2023 wohnen nun 221 Azubis in bezahlbaren Appartements und in puncto Stärkung der Selbstorganisation und Hausgemeinschaft wurde bereits die erste Hausversammlung inklusive Haussprecher*innen-Wahl im Herbst erfolgreich durchgeführt. Im Sinne eines bundesweiten Leuchtturmprojekts waren außerdem u.a. Andrea Nahles, die Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, sowie Delegationen aus dem Bundesbauministerium und der DGB-Bundesebene zu Besuch. Während das Thema bezahlbarer Wohnraum für Azubis gut vorankommt, hat sich die Situation für Studierende mit weiteren Leerständen im Studierendenwerk (STW) zunehmend verschärft: alleine in deren Verantwortungsbereich sind seit 2017 über 2.000 Wohnheimplätze weggefallen. Der KJR hat daher gemeinsam mit den Studierendenvertretungen der TU, HM und LMU im April 2023 den AK Wohnen gegründet, der Forderungen zu studentischem Wohnraum, Sanierung bestehender Anlagen sowie zur Förderung und Finanzierung von Neubauten/Sanierungen v.a. an den Freistaat und das STW richtet. Ein vom KJR maßgeblich mitorganisiertes Protestcamp kurz vor der Landtagswahl sollte die drastische Situation am Wohnungsmarkt hervorheben und erreichte großes mediales Interesse. Die Wohnsituation aller jungen Münchner*innen war auch Thema eines kommunalen Hearings in Vorbereitung auf eine Beschlussvorlage für den Stadtrat. Hierzu kamen ca. 60 junge Menschen sowie Vertreter*innen aus Stadtpolitik und -verwaltung, von freien Trägern und kommunalen Wohnungsbauunternehmen zusammen, um in sechs Workshops ihre Bedarfe und Forderungen an die LHM zu formulieren und Arbeitsaufträge für die Beschlussvorlage zu geben. Chris Jones, KJR-Referent für Junges Wohnen war hier sowohl in der Vor- als auch Nachbereitung eingebunden. Ein gelungener Jahresabschluss war die Herbst-Exkursion nach Heidelberg ins dortige selbstverwaltete Wohnprojekt „Collegium Academicum“. Mit zehn Vertreter*innen aus Stadtrat, Verwaltung, AK Wohnen, AzubiWerk und KJR wurde das mit viel Eigeninitiative neugebaute Wohnheim und der in Sanierung befindliche Altbau auf einem ehemaligen Kasernengelände der US-Armee besucht. Dieses Wohnprojekt für insgesamt bis zu 250 Menschen, davon 176 Wohnheimplätze für Studis & Azubis im Neubau sowie 50 Plätze für ein Orientierungsjahr und acht Wohnungen im Altbau ist ein bisher bundesweit einmaliges Beispiel für nachhaltiges Bauen und Selbstorganisation – ein solches Projekt würde der KJR auch in München sehr begrüßen! Krieg in der Ukraine Als nach Kriegsausbruch in der Ukraine unzählige Menschen nach Deutschland flüchteten, begann der KJR ab April 2022 im Ankunftszentrum in Riem Spielangebote für die zeitweise über 1.000 Kinder dort zu organisieren. Ursprünglich für vier Wochen angefragt, erwies sich die Spielaktion als unabkömmlich und wurde nach mehrfacher Verlängerung vom Stadtrat bis Ende 2024 als fester Bestandteil der Erstanlaufstelle für ukrainische Geflüchtete in der Dachauer Straße bewilligt. Für die Kinder ist es äußerst wichtig, nach dem Ankommen in Deutschland einen Ort zu haben, an dem sie unbeschwert basteln, toben und spielen können, um so wieder ein Stück Normalität zu erfahren. Da die Kinder in der Erstanlaufstelle noch nicht in feste Systeme wie Kindergarten oder Schule eingebunden sind, findet das Angebot täglich statt. Dabei konnte das Spielzimmer im Jahr 2023 an 348 Tagen geöffnet werden und wurde von insgesamt 13.832 Kindern und Jugendlichen besucht, was ohne das engagierte Team von aktuell etwa 50 Ehrenamtlichen, die die 42 Schichten, die wöchentlich besetzt werden müssen, füllen, nicht möglich gewesen wäre. Besonders ist dabei, dass der größte Teil der Ehrenamtlichen selbst Geflüchtete sind, die überwiegend aus der Ukraine stammen, aber auch z.B. aus Afghanistan, und sich für die jetzt neuankommenden Menschen engagieren möchten. Zusätzlich zu den täglichen Sport-, Mal- und Bastelangeboten fanden meist wöchentlich Ausflüge zur nahegelegenen Oase Neuhausen statt, um den Kindern das Konzept der Offenen Kinder- und Jugendarbeit näherzubringen. Zu verschiedenen Anlässen wie Halloween oder Weihnachten werden besondere Aktionen und Feste veranstaltet, wobei das Highlight des Jahres definitiv das große Sommerfest mit zahlreichen Spielstationen für Groß und Klein war, an dem etwa 300 Menschen teilnahmen.
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