Dachzeile 20 das kommt | 01 | 2025 Schutz vor (sexualisierter) Gewalt Schwerpunkt Schutzkonzepte für die OKJA des KJR München-Stadt Komplexer Prozess – das Ziel stets vor Augen Über den Prozess der Erarbeitung von Schutzkonzepten zur Prävention sexualisierter Gewalt für die Offene Kinder- und Jugendarbeit beim KJR München-Stadt. Die Offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) soll einen Raum für die freie Entfaltung und Persönlichkeitsentwicklung bieten. Gleichzeitig muss sie den jungen Menschen einen vertrauensvollen Rahmen und den größtmöglichen Schutz vor (sexualisierter) Gewalt gewährleisten. Junge Menschen sollen hier keine Erfahrungen machen müssen, durch die ihre Entwicklung Schaden nimmt. Die Prinzipien der OKJA wie Offenheit, Partizipation und Freiwilligkeit stehen nicht im Widerspruch zum Gewaltschutz, denn Schutzkonzepte dienen der Stärkung und Sicherstellung der persönlichen Rechte junger Menschen (vgl. Birke/Riedl/Rusack 2024). Vor allem vulnerable Gruppen wie Mädchen*, queere Jugendliche, junge Menschen mit geistiger, körperlicher oder psychischer Beeinträchtigung und BIPoC1 müssen dabei besonders in den Fokus genommen werden, denn sie sind überdurchschnittlich häufig Opfer von Gewalt. Wo wir stehen Hierfür sollten schon jetzt alle erforderlichen Maßnahmen vom Träger und allen Mitarbeitenden ergriffen werden, obwohl es bislang für Schutzkonzepte in der OKJA noch keine rechtlich verbindliche Vorgabe in Bayern gibt2. Aus den Teams einiger OKJA-Einrichtungen kam der Wunsch nach einem Orientierungsrahmen für den Schutz der Zielgruppe vor (sexualisierter) Gewalt. Der Bedarf wurde auch auf Trägerebene erkannt und die Umsetzung 2023 per Vorstandsbeschluss festgehalten: „Wir setzen uns weiterhin intensiv mit dem Thema Prävention (sexualisierter) Gewalt in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit auseinander. Dazu entwickeln wir ein eng mit bestehenden Konzepten verknüpftes ganzheitliches Schutzkonzept, das individuell für jede Einrichtung bzw. jedes Angebot anpassbar ist.“ Dabei sollte auf Vorhandenem des Trägers aufgebaut werden, beispielsweise unser §8a-Handbuch, der Verhaltenskodex oder Vorgaben zum erweiterten polizeilichen Führungszeugnis. Allein die Vielfalt der OKJA zeigt, dass es nicht „das“ einheitliche und überall anwendbare Schutzkonzept für alle geben kann. Angebote wie Offener Treff, Ferienaktionen und -fahrten, Selbstöffnungen der Zielgruppe, Arbeit mit ehrenamtlich Tätigen, unterschiedliche Altersgruppen von sechs bis 27 Jahren, Abenteuerspielplätze, Konzerte uvm. erfordern auch individuelle Maßnahmen. Zunächst wurde im KJR eine Arbeitsgruppe aus motivierten pädagogischen Fachkräften gebildet, die alle Bereiche und Abteilungen der OKJA abbilden soll und sich 2024 intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Hierfür gilt allen Beteiligten großer Dank. Es hat sich schnell herauskristallisiert, dass viele unterschiedliche Aspekte auf verschiedenen Ebenen bedacht werden müssen. Beispielsweise schwingen im Prozess Ressourcenfragen stets mit: Wie viel Zeit geben wir uns für den Prozess? Mit welchem Personaleinsatz? Wie umfangreich und in welchem Turnus wird geschult? Welche und wie umfangreiche Beratungsmöglichkeiten für die Teams können und müssen während und nach dem Prozess zur Verfügung gestellt werden? Wie umfangreich soll das Schutzkonzept werden, wenn wir das Ziel verfolgen, dass das Konzept gelebt wird? Die Arbeitsgruppe entschied, 2024 zunächst eine Umfrage in den Einrichtungen mit dem Ziel einer Bestandsaufnahme und einer HeranBereits in Kindertageseinrichtungen müssen die pädagogischen Teams für das Thema sexualisierte Gewalt sensibilisiert werden. letzten Jahren hat sich der Blick darauf, was ein Schutzkonzept zu beinhalten hat, erweitert. Die Kinderrechte sind in den Fokus gerückt, ebenso die zentrale Erkenntnis, dass sich Kinder an der Gestaltung des Kita-Alltags beteiligen können. Kinder sollen die Möglichkeit erhalten, selbstbestimmt zu entscheiden und zu selbständigen und verantwortungsbewussten Persönlichkeiten heranzuwachsen. Stabilität durch ihre erziehungsberechtigten oder sorgeberechtigten Bezugspersonen zu erfahren, ist dabei sehr wichtig. Die Sicherung der Kinderrechte ist daher ein fester Bestandteil im pädagogischen Konzept. Recht auf Schutz und Sicherheit In den letzten zwei Jahren wurde damit begonnen, die Schutzkonzepte umfassend zu überarbeiten. Alle Aspekte der Sicherheit und des Wohlergehens der Kinder sollen abgedeckt sein. Kinder sind besonders verletzlich und haben ein Recht auf Schutz und Sicherheit. Im Konzept stellen klare Richtlinien und Verfahren sicher, dass diese Rechte gewahrt werden und bei einer Kindeswohlgefährdung die richtigen und notwendigen Schritte eingeleitet werden. Dazu gehört der Schutz vor körperlicher Gewalt, Vernachlässigung und Misshandlungen ebenso wie vor psychischer und emotionaler Gewalt oder Vernachlässigung. Auch der Schutz vor Gefahren, etwa durch die angemessene Gestaltung der Räumlichkeiten und die Wahrung der Aufsichtspflicht, gehört in das Schutzkonzept. Das Konzept berücksichtigt auch die individuellen Bedürfnisse der verschiedenen in der Kita betreuten Altersgruppen. In der täglichen Arbeit wird mithilfe des Schutzkonzepts auf Prävention gesetzt. Durch entsprechende Maßnahmen können viele Gefährdungen für Kinder von vornherein ausgeschlossen oder zumindest minimiert werden. CHARLOTTE SCHOBER, Jahrgang 1988, Studium Bildungswissenschaften, Weiterbildung systemische Familientherapie, Fachbeauftragte KitaE Bild: Lucas Alexander auf unsplash.com
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