Dachzeile 30 das kommt | 05 | 2024 Optimismus Schwerpunkt Verhalten schaffen, insbesondere in Bezug auf persönliche und individuelle Diversitätsmerkmale. Ziel der Awareness-Arbeit ist, dass sich alle Menschen möglichst wohl, frei und sicher fühlen und im Bedarfsfall auf unterstützende Strukturen zurückgreifen können. Es reicht nicht, auf einer Veranstaltung ein entsprechendes Plakat aufzuhängen und ein Awareness-Team zu bilden. Awareness-Arbeit ist als ganzheitliches Konzept und als Haltung zu verstehen, bei der alle Beteiligten einer Veranstaltung einbezogen werden und kollektiv verantwortlich sind. Dies betrifft auch das Booking, das Marketing, die Auswahl der Kooperationspartner*innen, die Besucher*innen, die Mitarbeiter*innen usw. Ziel sollte sein, sich mit tieferliegenden Mechanismen und Strukturen von Diskriminierung und Privilegien zu beschäftigen. Ein Awareness-Team kann dazu einen Beitrag leisten, indem es auf einer Veranstaltung informiert, sensibilisiert und im Notfall betroffene Personen unterstützt. Die Arbeit und die Auseinandersetzung mit dem Thema beginnen jedoch viel früher. Ziel eines erfolgreichen Awareness-Konzepts ist es, dass kritische Situationen schon vorab vermieden werden, über mögliche Barrieren informiert wird, ein geteiltes Verständnis für Grenzüberschreitungen existiert und zugleich auf die Veranstaltung zugeschnittene Konzepte für den Umgang mit den unterschiedlichsten Situationen vorhanden und mit dem gesamten Team kommuniziert sind. Dies schafft Sicherheit und einen klaren Rahmen für alle. Doch wozu braucht es überhaupt solch eine Auseinandersetzung? Dazu ein paar (aktuelle) Beispiele: ■ 76 % der Wiesn-Bedienungen haben sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt (Schulz-Velmede, 2024) ■ 37 % der Beschäftigten in Clubs erfahren Diskriminierung in der Interaktion mit den Gästen. Dabei erleben „Frauen und Personen mit diversen Geschlechtsidentitäten“ öfter Diskriminierung, körperliche Aggressionen und körperliche sexuelle Übergriffe als männliche Mitarbeitende (Tran & Joseph 2024) ■ strukturelle Diskriminierung von Menschen, insbesondere mit sichtbaren und unsichtbaren Behinderungen Diese Zahlen und Fakten zeigen, dass noch einiges zu tun ist. Ein nachhaltiges Awareness-Konzept bzw. Awareness-Arbeit hilft allen Menschen, denn es wird sich im Vorfeld einer Veranstaltung mit folgenden Themen auseinandergesetzt: Welche Atmosphäre soll geschaffen werden? Welche Strukturen werden benötigt? Welche Barrieren/ Hindernisse gibt es? Welche Maßnahmen können im Bedarfsfall durch wen ergriffen werden? Sicherheit als Qualitätsmerkmal Auf diese Weise kann ein Awareness-Konzept auch vor Überforderung und Hilflosigkeit schützen, indem es die Handlungsfähigkeit – insbesondere der Verantwortlichen – sichert. Dies kann auch vor Image- und finanziellen Verlusten in der Zukunft schützen. Schließlich kann Awareness-Arbeit dazu beitragen, nachhaltige Strukturen zu etablieren, die auch für weitere Veranstaltungen präventive Wirkung entfalten. Sie kann Teilhabe ermöglichen und Ausschlüsse im Vorhinein verhindern bzw. Barrieren thematisieren und damit sichtbar machen. Awareness ist als ganzheitliches Konzept zu sehen und damit als Haltung für alle Menschen eine nützliche und hilfreiche Bereicherung. LUZIA BEER, Sozialpädagogin B.A., Mediatorin, Supervision & Coaching (DGSv*), systemische Beraterin (SG), Leitung Fachstelle Moderation der Nacht (MoNa), Schwerpunkte Awareness, Diversität & Kollektive bei der Landeshauptstadt München Quellen ■ Schulz-Velmede, Maren 2024: Anfassen erlaubt? Wahrnehmung und Umgang mit sexuellen Belästigungen gegenüber Festzeltbedienungen auf dem Münchner Oktoberfest. Abschlussarbeit Hochschule München ■ Tran, Vy; Joseph, Erich 2024: Mental Health in Clubs. Pilotstudie 2023. ■ LHM München 2024, Konzept Pilotprojekt MucAware im öffentlichen Raum ■ Lotz, Mirca safe the dance 2024, Handbuch Awareness ■ Stadt Leipzig, 2023 Awareness Leitfaden www.leipzig.de/newsarchiv/ news/stadt-leipzig-beschliesst-awareness-leitfaden-und-sammelt- erste-praxiserfahrungen-bei-pilotprojekten [17.10.24] ■ Hähn, Teresa 2020: Awareness auf Festivals: Entwurf eines positiven Sicherheitsbegriffs durch Prävention, Unterstützungsarbeit und kollektive Verantwortungsübernahme. Masterarbeit Leuphana Universität Lüneburg) ■ www.event-partner.de/business/awareness-auf-festivals/ [17.10.24] ■ www.awareness-institut.net [17.10.24] ■ www.initiative-awareness.de [17.10.24] Junges Wohnen in München Ein wenig Licht am Horizont Bezahlbares Wohnen in München ist ein Dauerthema, bei dem Optimismus oft schwerfällt. Dies zeigt ein Blick in das Archiv der jugendpolitischen Forderungen des KJR: „Wohnheimplätze für Jugendliche sind teils zu teuer, teils nicht ausreichend; (…) Plätze für Jugendliche, die in kleineren Gemeinschaften (…) zusammenleben wollen oder sollen, sind kaum vorhanden.“ Diese 1979 aufgestellte KJR-Analyse trifft im Prinzip leider auch heute noch zu. Der Kreisjugendring hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, diesen Forderungen mit eigenem Engagement Taten entgegenzusetzen. Die Gründung des AzubiWerk und die Planungen für das Westend66-Jugendwohnen sind zwei konkrete Beispiele dafür. So startete das AzubiWerk Warum blickst du positiv in die Zukunft? » Ich blicke deswegen positiv in die Zukunft, weil ich sehr gut für meine zukünftigen Bewerbungsgespräche, die ich bald haben werde, vorbereitet bin (Jon, 16) Was lässt Jugendliche optimistisch in die Zukunft blicken? » In Zeiten der Stapelkrisen (russischer Angriffskrieg auf die Ukraine, Inflation, Klimakrise etc.) sind die Jugendlichen ernster, problembewusster und besorgter denn je. Dennoch bewahren sie sich – bemerkenswerterweise – eine (zweck-) optimistische Grundhaltung und schauen für sich persönlich meist positiv in die Zukunft. Viele der befragten Jugendlichen haben Copingstrategien entwickelt und wirken insgesamt recht resilient. (SINUS-Milieu-Studie 2024, S. 435)
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