| 05 | 2024 23 Optimismus Schwerpunkt Eine Generation im Dialog mit sich selbst und der Gesellschaft Sex & Drugs & Rock & Roll! Och nö … Man kann und sollte die aktuelle Shell-Jugendstudie positiv lesen: Zumindest die 2.000 dabei Befragten blicken mehrheitlich erwartungsvoll auf ihre Zukunft, vertrauen der Demokratie und haben die Folgen der Pandemie offenbar verarbeitet. Trotzdem bleibt die Partystimmung aus. Beste Jugend ever? Ja und nein … Im gesellschaftlichen Diskurs rund um Jugendliche im Jahr 2024 spiegelt sich ein komplexes Bild wider, das von ständigen Wandlungen geprägt ist. Jugendliche (diese Generalisierung sei an dieser Stelle gestattet) sind zwar die Architekt*innen ihrer eigenen Zukunft: Sie stehen vor enormen Herausforderungen – zeigen aber eine große Anpassungsfähigkeit und Kreativität beim Navigieren durch die moderne Welt. „Die“ Jugend beweist – das ergibt die 19. Shell-Jugendstudie – eine bemerkenswerte Resilienz. Mehr noch, sie sieht sich dabei in vielerlei Hinsicht als Motor für gesellschaftlichen Wandel. Selbstbewusstsein und Optimismus Eine zentrale Frage, die in den letzten Jahren immer wieder aufgeworfen wurde, ist, ob Jugendliche im Laufe der Zeit werte-konservativer geworden seien. Diese scheinbare Rückwärtsgewandtheit könnte dann sogar ein Erklärmodell für die enorm hohen Stimmenanteile für die AfD unter jungen Menschen sein. Laut verschiedener Quellen und Studien zeigt sich jedoch kein einheitlicher Trend hin zu mehr Konservativismus. Stattdessen sind Jugendliche heute politisch vielfältig orientiert. Es gibt sicherlich eine Gruppe, die sich traditionellen Werten wieder stärker zuwendet – vor allem in Reaktion auf die durch Technologie und Globalisierung verursachten schnellen Veränderungen. Viele junge Menschen sehnen sich dabei nach Stabilität in unsicheren Zeiten, während andere wiederum innovative und progressive Ideen feiern. Beiden gemeinsam ist, dass sie Teil einer Bewegung junger Menschen sein wollen, die die Welt gestaltet. Dieser Artikel sollte im Grunde die Annahme belegen, dass Anlass zum Optimismus besteht – beim Blick auf die Welt im Allgemeinen und bei der Beleuchtung jugendlichen Lebens im Besonderen. Dieser Optimismus kann begrenzt bestätigt werden. Im Bereich der Bewältigung problematischer Lebenssituationen zeigt sich ein differenziertes Bild. Der Konsum von Alkohol und Tabak unter Jugendlichen hat seit 2019 zwar stark abgenommen. Der „Bericht zur Drogenaffinität Jugendlicher“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2023 zeigt, dass Aufklärungskampagnen und ein verstärktes Bewusstsein für gesundheitsbezogene Themen zu einer abnehmenden Nutzung dieser Substanzen geführt haben. Gleichzeitig wurde 2023 mit bundesweit 2.227 Drogentoten ein Allzeithoch seit Beginn des neuen Jahrtausends verzeichnet. Gleiches muss für die Dimension Gewalt konstatiert werden. Die Zahl der Tatverdächtigen nimmt in den letzten Jahren zu – ebenso die Zahl der Opfer von Gewalt unter Jugendlichen. Besonders alarmierend scheint dabei der Umstand, dass diese hohen Zuwächse vor allem bei jungen Menschen unter 14 Jahren zu verzeichnen sind; sowohl in der Rolle der Täter*innen als auch als Opfer. Die Herausforderungen zur Gewalteindämmung bestehen also weiterhin, insbesondere in sozio-ökonomisch benachteiligten Quartieren. Unterstützung fruchtet Wenn es darum geht, wie stark Jugendliche heute an gesellschaftliche Normen angepasst sind, zeigt die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) auf, dass diese Anpassung an traditionelle Normen geringer ist als bei früheren Generationen. Jugendliche definieren zunehmend ihre eigenen Regeln und Maßstäbe, was zu einer kulturellen Diversifikation beiträgt. Dies zeigt sich auch in den unkonventionellen Lebenswegen und Berufen, die viele heute einschlagen. Dabei können die Abbruchquoten in Studium und Ausbildung einen Hinweis auf die Klarheit und Zufriedenheit in den beruflichen Perspektiven bieten. Diese Quoten haben sich laut einer Studie des Hochschul-Informations-Systems HIS punktuell verbessert. Die aktuelle Abbruchquote liegt, je nach Fachrichtung, bei rund 25 Prozent, zeigt jedoch Tendenzen zu Verbesserungen durch den Ausbau von Unterstützungsprogrammen und klareren Berufsperspektiven. Die Herausforderung bleibt, Übergänge fließender zu gestalten und Jugendlichen Mut zu machen, Bildungswege trotz Schwierigkeiten weiterzugehen. Nagelprobe Demokratie Zum Thema Demokratie fühlen sich viele Jugendliche von etablierten Parteien nicht ausreichend repräsentiert. Die aktuelle Shell-Jugendstudie unterstreicht, dass eine sehr hohe Zahl von Jugendlichen weiterhin an demokratische Werte glaubt, sich jedoch mehr Transparenz und Einbeziehung wünscht. Von Politiker*innen erwarten sie Ehrlichkeit, Handlungsbereitschaft und die Fähigkeit, auf Augenhöhe zu kommunizieren. Der Aufstieg der AfD bei jungen Wähler*innen wird dabei oft als Protest gegen die mangelnde Auseinandersetzung der tradierten Parteien mit Jugendthemen interpretiert. Traditionelle Parteien versäumten es vielfach, jungen Menschen eine attraktive und zukunftsgerichtete Vision zu bieten, wie das jüngste „Jugend und Politik“-Papier des Sozialforschungsinstituts Emnid aufzeigt. Im Punkt Migration zeigen viele Jugendliche eine bemerkenswerte Offenheit und Verständnis für dieses globale Phänomen. Laut einer Analyse der Bertelsmann-Stiftung aus 2024 sind sie der Meinung, dass Migration eine Bereicherung darstellt, fordern jedoch auch nachhaltige soziale Integrationsmaßnahmen. Ängste von Jugendlichen im Jahr 2024 kreisen um den Klimawandel, soziale Ungerechtigkeiten, wirtschaftliche Unsicherheiten und nicht Warum blickst du positiv in die Zukunft? » Weil das Leben viele neue Türen öffnet und neue Herausforderungen bringt (Mert, 22) Bild: Jordan McQueen auf unsplash.com
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