K3 No. 5 - Dezember 2024

Schwerpunkt: Optimismus www.kjr-m.de Das Magazin des Kreisjugendring München-Stadt 30. JAHRGANG | AUSGABE 5 | DEZEMBER 2024 ■ Zusammenarbeiten für Demokratie ■ Tauziehen auf der Nordheide ■ „Ey, gib mir mehr davon“

| 05 | 2024 das war Inhalt das kommt Zugegeben – gesellschaftspolitisch gesehen besteht derzeit weder beim Blick in die Welt noch auf unser eigenes Land viel Anlass, um optimistisch und voller Freude in die Zukunft zu schauen. Die Krisen wechseln sich scheinbar munter ab, und dabei gerät leider aus dem Blick, was es an positiven Entwicklungen gibt. Und die gibt es sehr wohl! Es ist als kein (Zweck-)Optimismus, den wir mit diesem Heft verbreiten wollen, sondern wir möchten Bilanz ziehen, was schon erreicht wurde – in den Bereichen Nachhaltigkeit, Wohnen oder Mobilität. Nicht zuletzt wollen wir ein positives Bild von Menschen zeichnen, die in der Jugendarbeit ihren Weg gefunden haben und gern darüber berichten. Ab Seite 22 Schwerpunkt: OPTIMISMUS Für diese Ausgabe haben Frauke Gnadl und Ingrid Zorn gleich zwei spannende Studio4-Interviews geführt. Persönlich zu Gast war Marina Lessig. Sie ist Philosophin, war vier Jahre im KJR-Vorstand, hat 2015 die Flüchtlingskrise am HBF München gemanagt, den Verein „Münchner Freiwillige – wir helfen e.V.“ gegründet und ist freie Traurednerin. Hauptberuflich arbeitet sie als Unternehmensberaterin. Beste Voraussetzungen, um mit ihr über Optimismus, Selbstwirksamkeit, die wichtige Emotion Wut und über Veränderung zu sinnieren. Ein Online-Interview haben Frauke und Ingrid mit Tim Faber geführt, er hat sich trotz einer großen persönlichen Herausforderung Zeit für uns genommen. Beim KJR war er u.a. Leiter im aqu@rium. Always respect, always respect – dieser Spruch begleitet ihn seit langem. Und dazu noch Vertrauen ins Leben haben, neugierig bleiben, Dankbarkeit empfinden und eine Krise auch als Lerneinheit erkennen. Wie war das mit dem Optimismus in seiner Zeit beim KJR und danach u.a. in Indien? Und wie ist es in seiner jetzigen Situation? www.kjr-m.de/studio4 3 kurz & knapp / 35 Impressum / 36 zum Schluss 2 Herbstvollversammlung im Mathildensaal 6 Zusammenarbeiten für Demokratie Fachtag „Recht auf Spiel.Straße“ 8 Gutes für Kinder und Jugendliche auf die Straße bringen! Social-Media-Kongress zu Demokratie im Netz 9 Influence Democracy Ein Plus für medienpädagogische Angebote 10 Trend Micro spendet 6.775 Euro an „Hilfe für Kids“ Zweites Street-Food-Festival 13 Ein kreatives und kulinarisches Abenteuer für Kinder 75 Jahre Grundgesetz 14 Demokratie in der Kita Ausstellung TUKU TIKANGA in der Galerie 90 15 Von Braids und Blackfacing Aktionswochen gegen Rassismus im Freizeittreff Freimann 16 Menschenrechte für alle! Erfolgreicher Start des neuen jungen Musikfestivals 18 „Ey, gib mir mehr davon“ KJR INTERN 20 BGM-Workshops, Trauer um Hella Hetschger, KJR-Herbstfest, KJR-Führungskräftetagung 2024 Westend66a 21 Aura in der Zeitkapsel

| 05 | 2024 3 kurz & knapp Maulwurfshausener Jubiläumsjahr Fachtag zu Grenzüber- schreitungen AzubiTasche: „Ohne mich können die einpacken” In der Woche vor den Herbstferien hat die Verteilung der ersten Münchner AzubiTasche in einer Auflage von 10.000 Stück begonnen. Die Taschen, die von der BVJ-Klasse der Städt. Berufsschule für den Einzelhandel Nord mit allerlei Informationsmaterial und einem Schreiben von Bürgermeisterin Verena Dietl bestückt wurden, richten sich an die neuen Auszubildenden an den Städtischen Berufs- und Berufsfachschulen. Die AzubiTasche ist ein Projekt des AzubiWerk München und verfolgt das Ziel, die Auszubildenden in ihrem neuen Lebensabschnitt willkommen zu heißen, ihnen eine Freude zu bereiten und ihnen frühzeitig relevante Informationen zur Verfügung zu stellen. Weitere Informationen zum Projekt gibt es bei der Projektleiterin Katharina Hartmann, 01520 / 304 45 95, hartmann@azubiwerk-muenchen.de. Der Abteilung Kindertagesstätten ist es ein Anliegen, aktuelle und wichtige Themen aufzugreifen. Gewalt und übergriffiges Verhalten in Kindertagesstätten ist ein so dauerhaft aktuelles wie sensibles Thema, dass es sich lohnt, sich fachlich damit auseinanderzusetzen. Schon im vergangenen Jahr gab es einen internen Fachtag zum Thema „Gewalt und grenzüberschreitendes Verhalten in der Kita“. Ergänzend wurde in vielen unserer Einrichtungen auch im Rahmen der Klausurtage dazu gearbeitet. Die Erfahrung war positiv und da das Thema Relevanz für alle hat, die in diesem Bereich arbeiten, fand am 11. November ein öffentlicher Fachtag mit über 50 Teilnehmenden statt. Mehr zum Thema im nächsten K3 mit dem Schwerpunkt „Schutz vor (sexualisierter) Gewalt“ „50 Jahre Maulwurfshausen – 50 Aktionen für euch“, unter diesem Motto stand das Jubiläumsjahr auf dem Abenteuerspielplatz Maulwurfshausen. Neben der großen Jubiläumsfeier im September (s. K3 4/2024) mit Reden, Essen und allem Drum und Dran gab es über das ganze Jahr verteilt Aktionen und Angebote für die Besucher*innen. 50 Stück sollten es sein, 70 wurden es am Ende. Regelmäßige Klassiker wie Stockbrot und diverse Bastelangebote, zudem zahlreiche Ausflüge (u.a. Olympiaturm, München „Hop on Hop off“, Schliersee, Repair-Café, Kino, Kindertheater und -musical, Haus der Kunst), zwei Graffiti-Aktionen, Fahrradwerkstatt, Clean-up im Ostpark, Ferien- und Wochenendfahrten, Ferienbetreuung, Halloween und Weihnachtsfeier u.v.m. Ein buntes Potpourri, das für alle etwas bereit hielt. „Mehr Licht – mehr Sicherheit!“ Unter dem Motto „Hilf, München heller und sicherer zu machen“ waren Mädchen* und junge Frauen* aufgerufen, bei Workshops in Neuperlach, Pasing und im Hasenbergl ihre Erfahrung einzubringen. Jetzt sorgt die KJR-Fachstelle Partizipation zusammen mit dem Stadtjugendamt dafür, dass die verantwortlichen Referate und Bezirksausschüsse die Ergebnisse der Workshops bekommen. Die Workshops, die ab dem 15. Oktober in drei KJR-Freizeitstätten stattfanden, dienten der Vorbereitung der „Nachtspaziergänge“ des Baureferats. Diese sollen in der Wintersaison 2024/25 durch insgesamt fünf Stadtbezirke führen. Die Spaziergänge führen zu Stellen in den Stadtbezirken, bei denen die Beleuchtung aus Sicht der Mädchen* und jungen Frauen* optimiert werden sollte, um ihr Sicherheitsgefühl zu erhöhen. Die jeweiligen Bezirksausschüsse diskutieren dann mit Vertreter*innen des Baureferats konkrete Maßnahmen und legen diese – sofern möglich – gleich fest.

kurz & knapp | 05 | 2024 4 Spende für das Spielhaus Sophienstraße Acht Wochen lang gab es direkt vor dem Spielhaus den einzigartigen alkoholfreien Biergarten „Die Null“ – mit einem vielfältigen Kulturprogramm, an dem sich das Spielhaus mit Angeboten für Kinder tageweise beteiligte. Die Idee hinter dem Biergarten war, die Situation auf dem Platz zu verbessern und ihn positiv zu besetzen. Der Gewinn sollte an das Spielhaus gespendet werden. Einen Gewinn gab es zwar nicht, die drei Biergarten-Betreiber Florian Schönhofer (Café Kosmos), Christian Lehner (Park Café) und David Boppert (Münchner Kultur) haben sich trotzdem entschieden, 3000 Euro zu spenden. Damit soll das Projekt einen nachhaltig positiven Effekt im Viertel erreichen. Weiteres Ergebnis ist ein anhaltender Austausch der Anlieger rund um den Alten Botanischen Garten. So soll gemeinsam an einer Verbesserung gearbeitet werden. Zudem hat eine TASK-Force des Oberbürgermeisters Pläne entwickelt, um diesen Standort mit verschiedenen Maßnahmen positiv zu verändern. Es soll u.a. ein attraktiver Freizeitraum für Kinder, Jugendliche und Familien entstehen. Wir sind gespannt, wie es weitergeht! Well done with KNIGHT FRANK Am 18. Oktober hat der Immobiliendienstleister KNIGHT FRANK mit einem 15-köpfigen Team den Kinder- und Jugendraum RIVA NORD bei der jährlichen Pflege der Außenanlage unterstützt. All die kleinen Baustellen und Reparaturen, die übers Jahr liegen geblieben sind, benötigten viele Hände, um Ordnung und Ansehnlichkeit herzustellen. Das Gartenhaus musste geräumt und neu strukturiert werden und dann waren da noch die Hochbeete, der Wildwuchs im ganzen Gelände, Dacherneuerung der Holzlege, Beete säubern, Bänke reparieren und lackieren und die Benjeshecke erweitern. Sensen, Harken, Spaten, Bohrer und Sägen kamen zum Einsatz und das Ergebnis am Ende des Tages sorgte für vollste Zufriedenheit, genauso wie die leckere Minestrone in der Mittagspause. Neben dem gemeinsamen Arbeiten blieb Zeit für Austausch und Einblick in Arbeitsfelder, die normalerweise wenig Berührungspunkte haben. Danke auch für die finanzielle Unterstützung bei der Materialbeschaffung für diesen gelungenen Social Day! Jugendverbände ausgezeichnet „Vielfalt und Solidarität für ein starkes Europa“ heißt das Projekt des BJR, bei dem sich Jugendverbände und Jugendringe mit der europäischen Dimension in der bayerischen Jugendarbeit befassten. Fünf Modellprojekte wurden mit dem Siegel „Jugendarbeit für Europa“ prämiert – darunter die Münchner Sportjugend (MSJ) sowie diversity München. Die MSJ hat herausgearbeitet, wo und wie eine europäische Dimension im sportlichen Alltag vorhanden ist. Mit Leben gefüllt wurde dies mit Jugendbegegnungen, Aktions- und Wissensformaten sowie Projektveranstaltungen. Auch die queere Jugendorganisation diversity hat sich mit Europa auseinandergesetzt. In ihrem Jugendzentrum treffen verschiedene Menschen aufeinander, auch aus ganz Europa. In der Projektlaufzeit wurde Europa in die Strukturen von diversity geholt – mit Fragen wie „Was braucht es, damit sich queere Jugendliche aus ganz Europa bei diversity zu Hause fühlen?“ und „Wie kann Europa in der Organisation gelebt und als Lernfeld besser ausgebaut werden?“ Wir gratulieren den ausgezeichneten Jugendverbänden! „Europa ist, was wir draus machen!“ Foto: Patrick Wolf

kurz & knapp | 05 | 2024 5 Freisprechungsfeier der Sommerprüfung 2024 Yaqoob Asaksay, Auszubildender des KJR-Malerprojekts, wurde am 10. September im Alten Rathaussaal „freigesprochen“ und konnte anschließend seinen Gesellenbrief entgegennehmen. Unser ausgeschiedener Malermeister Hermann Runge (links im Bild) und sein Nachfolger Nicolas Viejobueno (re.) freuten sich sehr über die positiven Leistungen im Abschlusszeugnis. Wir gratulieren Yaqoob sehr herzlich zum erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung und wünschen ihm für seinen weiteren persönlichen und beruflichen Werdegang alles Gute! „Sing for your Rights!“ Am 16. November war die Song- und Projektpräsentation zu 35 Jahren Kinderrechte in der Pasinger Fabrik: Super Performances der jungen Singer-Songwriter*innen, ganz viel Freude und Kuchen! Danke an alle Beteiligten – es war ein Fest! Mehr dazu im nächsten K3 und im Schwerpunktteil auf S. 26. Infos zum Projekt und die Playlist unter www.kjr-m.de/singforyourrights The Tent 2024 In der diesjährigen Saison – vom 5. Juni bis zum 7. Oktober – konnte „The Tent“, das Übernachtungscamp im Kapuzinerhölzl, 14.028 Gäste begrüßen. Das waren 859 mehr als im Vorjahr. Die insgesamt 31.017 Übernachtungen verteilten sich auf Bodenplätze (3.814) und Betten (17.649) in den zwei großen Zelten sowie geliehene (663) oder selbst mitgebrachte (8.739) kleine Zelte. Und 152 mal wurde in der „Diogenette“ übernachtet, die es seit 2022 gibt – eine kleine Holzhütte und ein Wohnanhänger für je 2 Personen. Neben günstigen Schlafgelegenheiten (ab 10 Euro pro Nacht) bietet The Tent preiswerte Mahlzeiten in der Cafeteria, einen festen Sanitärbau, eine Gästeküche, Waschmaschinen, Fahrradverleih, Internetzugang und weitere Freizeitangebote. Die Gäste aus aller Welt sind begeistert … „I’ve been in hostels and hotels in 23 countries, on 3 continents and this is in my top 2 or 3 favourite places – one of the best run with the best staff and great value für money!“, schreibt zum Beispiel David aus Canada.

6 das kommt | 05 | 2024 das war Herbstvollversammlung im Mathildensaal Am Dienstag, den 19. November 2024 fand die Herbstvollversammlung des KJR statt. Vorsitzende Judith Greil konnte 80 Delegierte der Münchner Jugendverbände, mehrere Stadtratsmitglieder sowie weitere Gäste im Mathildensaal begrüßen. „Wie gehen wir mit dem gesellschaftlichen Rechtsruck um?“ war der inhaltliche Schwerpunkt. Darauf ging Stadträtin Lena Odell in ihrem Grußwort als Vertreterin des Oberbürgermeisters ein. Sie erwähnte die Herausforderungen der letzten Jahre, darunter die Pandemie, die Kriege und den derzeit sehr engen Finanzrahmen der Stadt. Dennoch sei ein Thema noch wichtiger als diese Herausforderungen: der gesellschaftliche Zusammenhalt und unsere demokratische Lebensweise, die von rechtsextremen und populistischen Kräften infrage gestellt wird. „Wenn unsere Demokratie jetzt den Bach runtergeht, dann brauchen wir uns über Pandemien, den Haushalt oder Kriege keine Gedanken mehr zu machen“, rief sie den Delegierten zu und forderte sie auf, hier zusammenarbeiten. Zugleich bedankte sie sich beim KJR, der ein verlässlicher und wichtiger Partner im Einsatz für Demokratie und eine vielfältige Gesellschaft sei. Judith Greil erinnerte an den historischen Auftrag des KJR, der schon sieben Monate nach der Kapitulation des NS-Regimes im Dezember 1945 als „Münchner Jugendkomitee“ gegründet wurde: die Jugend zu demokratisieren. Diesem Auftrag sei der KJR bis heute verpflichtet. Paulina Seelmann, Politikwissenschaftlerin am Geschwister-Scholl-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität, gab Einblicke Zusammenarbeiten für Demokratie Einsatz gegen Rechtsextremismus, der Haushalt 2025 und die Nachwahl eines Vorstandsmitglieds standen im Zentrum der KJR-Herbstvollversammlung. Alle drei Themen weisen in die Zukunft in aktuelle Forschungsergebnisse zum Thema Rechtsruck und zeigte auf, wie stark die AfD tatsächlich in sozialen Medien präsent ist. Sie konnte aber auch darlegen, warum dies nicht der entscheidende Grund für den Erfolg rechtsextremer Kräfte auch in der jungen Generation sei, auch wenn besonders ältere Menschen gerne argwöhnten, dies müsse „an diesem TikTok“ liegen. Ein Argument neben anderen: auch Kleinstparteien hätten beispielsweise bei der Europawahl bei den jungen Wähler*innen sehr stark abgeschnitten, obwohl diese auf Social Media kaum Reichweite haben. An mehreren Stationen präsentierten unter anderem Jugendverbände Best-Practice-Beispiele für den Einsatz gegen Rechtsextremismus, darunter der BDKJ, Diversity, die DGB-Jugend und die KJR-Fachstelle Demokratische Jugendbildung. Die Vollversammlung beschloss die Verteilung der Jugendverbandsförderung sowie den Haushaltsplan im Volumen von 47,5 Mio Euro. Da die Stadt eine Nullrunde angekündigt hat und erwartete Gehaltssteigerungen zumindest im Freizeitstättenbereich nicht ausgleichen wird, bedeutet dies einen engeren Finanzrahmen für 2025. Da Fatih Demirtas von der DGB-Jugend sein Vorstandsamt aus beruflichen Gründen niedergelegt hatte, war eine Nachwahl nötig. Dafür kandidierten Dominik Friedrich von der Münchner Sportjugend und Johannes Trischler vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Die Wahl war besonders bedeutend, weil beide Kandidaten ankündigten, sich kommendes Frühjahr für den freiwerdenden KJR-Vorsitz zu bewerben. Vorsitzende Judith Greil hatte bereits signalisiert, nicht erneut zu kandidieren. Die Vollversammlung wählte den 37-jährigen Juristen Johannes Trischler vom BDKJ neu in den Vorstand. Gecko Wagner, Öffentlichkeitsarbeit, KJR 80 Delegierte und zahlreiche Gäste kamen zur Herbstvollversammlung Johannes Trischler (li.) rückt in den KJR-Vorstand nach Lobt den KJR als Partner im Einsatz für Demokratie: Stadträtin Lena Odell in ihrem Grußwort

7 das kommt | 05 | 2024 das war Jugendarbeit trifft Politik Medienkompetenztag für Mädchen* Kolleginnen* der KJR-Einrichtungen Kinderhaus Harthof, Kindertreff Wolkerweg, JT Neuaubing und KJR-MusikMobil wirkten bei der häuserübergreifenden Veranstaltung der Initiatorinnen Elisabeth Schmitt vom Café Netzwerk und Silke Lücke vom 2Club mit. Den Mädchen* standen dieses Jahr vier Stationen zur Verfügung: KI bzw. AI (Künstliche Intelligenz), Stopmotion, Lasercutter und MusikMobil. Es nahmen 24 Mädchen* teil und nach der Vorstellungsrunde bildeten sich vier Gruppen, um die Stationen zu durchlaufen. An der ersten Station erfuhren die Teilnehmerinnen*, was KI ist, welche Programme es gibt, welche Bildbearbeitungen und Fakes damit möglich sind und wie man KI sinnvoll nutzen kann. Bei Stopmotion mussten die Gruppen einen Girls vernetzt Am 14. Oktober fand im Café Netzwerk zum vierzehnten Mal „Girls vernetzt“ für Mädchen* zwischen 9 und 15 Jahren statt Am 5. Oktober lud die politische Landesspitze die Vielfalt der Jugendarbeit zu einem Empfang in die Münchner Residenz. Informationsstände verschiedener Organisationen konnten sich präsentierten, bis sich im Kaisersaal die Bayerische Ministerin für Familie, Arbeit und Soziales Ulrike Scharf sowie Ministerpräsident Markus Söder der Diskussion stellten. Das versammelte Ehrenamt war sich einig, dass Verwaltungsvorgänge zum Mittelabruf unnötig kompliziert und ineffizient seien und zweckgebundene Mittel oft Bereiche bedienen müssten, wo sie gar nicht benötigt werden. Zudem wurde eindrücklich darüber referiert, in welchem Zeitvolumen sich ehrenamtliches Engagement wirklich bewegt und was es tatsächlich bedeuten würde, wenn ab morgen all diese mit Leidenschaft erbrachten Stunden ersatzlos wegfielen. In einer live im Saal durchgeführten Umfrage bekam dann das Gefühl der Wertschätzung durch die politischen Vertreter*innen für das geleistete Ehrenamt beschämende Noten. Ministerpräsident Söder verstand es Ein würdiger Empfang Ministerpräsident Söder würdigt die Jugendarbeit und kämpft mit der Bürokratie sprachen, nächstes Jahr wieder dabei zu sein. Auch den Pädagoginnen* hat der Tag mit den Mädchen* viel Freude gemacht. Vielen Dank an die Helfer*innen! Alle interessierten Frauen* sind eingeladen, sich zu beteiligen, entweder im Planungsteam und oder als Gäste mit einer Mädchen*gruppe. Kontakt über e.schmitt@cafe-netzwerk.de oder s.luecke@kjr-m.de Elisabeth Schmitt, Café Netzwerk, KJR zwar, die eindrucksvolle Leistung des Ehrenamts zumindest rhetorisch auf ein Podest zu stellen und sah sich selbst empathisch mit den Bedürfnissen vor Ort. Lauschte man aber den Stimmen beim anschließenden Buffet, konnte man feststellen, dass berechtigte Zweifel daran nicht ausgeräumt waren. Bürokratie blieb das Dauerthema. Markus Söder sah hier gerne „die EU“ und „Berlin“ schwer in der Mitschuld. Die wahrscheinlich unterhaltsamste Aussage des Tages kam vom Chef der Bayerischen Verwaltung, der meinte, dass er das mit der Bürokratie ebenso beklage und man wohl irgendwie nichts dagegen machen könne, weil sich das irgendwann „verselbständigt“ hätte. Ein gefährliches Tier also, das kaum zu bändigen ist. Aber auch hier die Versicherung: „Wir sind dran“. BJR-Präsident Philipp Seitz hatte dennoch recht, den Tag als gelungen zu betrachten, wurde man doch in „den schönsten Raum Bayerns“ (Söder) geladen und gehört. Eben wie es der Jugendarbeit in Bayern würdig ist. Heiko Neumann, Intermezzo, KJR kleinen Film zum Thema Kinderrechte drehen. Sie wählten Recht auf Bildung, Recht auf Schule, Recht auf Gesundheit und das Recht auf Freizeit und setzten sie filmtechnisch mit Hilfe von Playmobilfiguren sehr kreativ um. Mit dem Lasercutter wurden Herzen und Sterne mit Text als Schlüsselanhänger gestaltet. Das MusikMobil bot den Mädchen* die Möglichkeit, eigene kleine Songs, mit Text und Melodie zu machen. Jedes Mädchen* bekam einen Laufzettel. Nach dem Besuch der Station erhielten sie einen oder zwei Buchstaben, die schließlich zum gesuchten Lösungswort führten. Zum Abschluss erhielten die Teilnehmerinnen* die begehrte „Girls vernetzt“-Urkunde. Es war ein lebendiger, angenehmer, kreativer, chilliger, lustiger Nachmittag mit den Girls, die großen Spaß hatten, und sie ver-

8 das kommt | 05 | 2024 das war Fachtag „Recht auf Spiel.Straße“ In den UN-Rechten für Kinder und Jugendliche ist das Recht auf Spiel verbrieft. Aber gilt dies auch für Straßen? Junge Menschen sind heute größtenteils vom Straßenbild verschwunden – es gibt viel mehr Autos als früher, so die Feststellung von Mit-Veranstalter Gerhard Knecht von Spiellandschaft Stadt e.V. Ziel des gemeinsamen Fachtags war es, zu diskutieren, wie der öffentliche Raum veränderbar und lebenswerter gemacht werden kann. Anna Hanusch, Stadträtin und Vorsitzende des Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg konstatierte: Alle wollen viele Bäume und sichere Straßen für ihre Kinder. Die Lobby sei jedoch nicht stark genug. Cornelia Dittrich vom „Bündnis Temporäre Spielstraßen“ aus Berlin war als Referentin eingeladen, von ihren Erfahrungen zu berichten. Von Bremen inspiriert, hat es acht Jahre gedauert, bis das Projekt in Berlin tatsächlich zur Umsetzung kam. Seit 2020 hat das Bündnis finanzielle Unterstützung der Berliner Landesregierung. So kommt man heute auf stolze 1400 Spielaktionen mit 5592 Stunden Spielzeit. Das Verhältnis in Deutschland von Autos zu Kindern ist 5 zu 1 Es sei höchste Zeit für die Rückeroberung der Straße, davon können temporäre Spielstraßen nur ein kleiner Baustein sein, so Cornelia Dittrich. Ein passenderer Begriff wäre jedoch „Nachbarschaftsstraße“. Dabei wird ein geeignetes Stück Nebenstraße regelmäßig gesperrt und zum Begegnungsort. Nicht gemeint sind Straßenfeste! Es hätten auch „nur“ drei Stunden in der Woche schon einen positiven Effekt. Es sei günstig, flexibel, jahreszeitlich differenzierbar und: Parkplätze fallen nur wenige Stunden weg und es gäbe keinen nächtlichen Vergnügungslärm. Weil man abends wieder parken darf, werden die temporären Spielstraßen gut akzeptiert Rebecca Gepperth aus dem Münchner Mobilitätsreferat (MOR) gab einen Input zu den Münchner Sommerstraßen, die es seit 2019 gibt. Es sollten die Ziele der Verkehrswende gestärkt und ein Freiraum und Begegnungsort ermöglicht werden. Konkret werden die Münchner Bezirksausschüsse (BA) jeden Herbst vom MOR gebeten, Straßen zu nennen, die fürs kommende Jahr für eine Teilnahme in Frage kämen. Im weiteren Verlauf finden Ortstermine und Bürger*innen-Beteiligung statt und es werden Gestaltungskonzepte entwickelt. Am Schluss entscheidet der BA über die Teilnahme. Mobilität erhitzt die Gemüter Auch Rebecca Gepperth bestätigte, dass mehrwöchige Spielstraßen weitaus kontroverser sind als temporäre. Und: Die Klagefreundlichkeit der Menschen sei gestiegen. Davon sollte man sich zwar nicht aus der Ruhe bringen lassen, dennoch wird München, wie auch Berlin, in Zukunft vermehrt auf die temporären Spielstraßen setzen. Über die Erfahrungen aus dem transdisziplinären, dreijährigen Forschungsprojekt der medial viel beachteten Kolumbusstraße in der Au berichtete die dritte Referentin, Mareike Schmidt von der Technischen Universität München. Im Fokus stand die Frage „Wie soll das Leben in Zukunft aussehen und wie kommen wir dahin?“ Klar sei: Der öffentliche Raum, der auch Straßen beinhaltet, gehöre allen und er müsse neu verteilt werden. Es wurde u.a. Rollrasen ausgelegt, es gab Hochbeete, Sitzbänke sowie eine Sandfläche. Neben Familien nutzen auch Senior*innen, Berufstätige und Jugendliche den Raum. Grünflächen, Hochbeete und Sitzmöglichkeiten bekamen gutes Feedback. Bewohner*innen, die direkt an der Fläche wohnten, waren weniger zufrieden als diejenigen in der Umgebung. Es treffen viele verschiedene Bedürfnisse aufeinander Ein Learning war, dass Veränderung frühzeitig und umfassend über verschiedene Kanäle kommuniziert werden muss. Im Anschluss wurden die drei sehr unterschiedlichen Praxisbeispiele Südliche Auffahrtsallee, Straße.Oase und Hanebergstraße aus München vorgestellt und nach dem Motto „Wie gehen wir es an?“ Ideen zur Umsetzung gesammelt. Moderatorin Elisabeth Raschke fasste abschließend zusammen: „Dabei sein muss schöner sein als dagegen sein!“ Der Fachtag war eine Kooperationsveranstaltung des KJR mit Spiellandschaft Stadt e.V. und dem Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg. Ausführlicher Bericht und mehr Bilder unter www.kjr-url.de/k3-ftrss Anne Rathjens, Referat für Grundsatzfragen der Jugendarbeit und Jugendpolitik, KJR Gutes für Kinder und Jugendliche auf die Straße bringen! Am 27. September fand der Fachtag „Recht auf Spiel. Straße“ in der OASE Neuhausen – Abenteuerspielplatz und Jugendtreff mit knapp 50 Teilnehmenden aus vielen verschiedenen Fachrichtungen und mit einem lebendigen Austausch statt

9 das kommt | 05 | 2024 das war Social-Media-Kongress zu Demokratie im Netz Der Kongress begann am Freitagabend mit einer herzlichen Begrüßung durch Laura Pulz von der KJR-Fachstelle Demokratische Jugendbildung. In der folgenden Podiumsdiskussion berichteten Expert*innen über ihre Erfahrungen mit demokratischen Inhalten im Internet und tauschten sich untereinander aus, bevor die Diskussion für das Plenum geöffnet wurde. Das Publikum zeigte reges Interesse und beteiligte sich lebhaft. Am Samstagmorgen wurden verschiedene Workshops vorgestellt, die ein breites Spektrum an Themen abdeckten – alle mit dem Ziel, Know-how zur Stärkung der digitalen Demokratie zu vermitteln. Die Teilnehmenden konnten sich in der ersten Phase einen von sechs Workshops aussuchen. In der zweiten Workshop-Phase am Nachmittag bestand die Möglichkeit an einem anderen Workshop teilzunehmen. Die Vielzahl an interessanten Themen machte die Entscheidung nicht einfach. Strategien gegen Hatespeech In der ersten Phase habe ich an Charlotte Lohmanns Workshop „Hatespeech: Pädagogische Handlungsoptionen gegen demokratiefeindliche Online-Kulturen“ teilgenommen. Zuerst wurden wir aufgeklärt über verschiedene „Dog Whistles“, die besonders auf Tiktok benutzt werden, um demokratiefeindliche Inhalte zu verbreiten. Ebenfalls im Fokus standen verschiedene Handlungsstrategien gegen Hatespeech und Desinformation auf sozialen Plattformen. Charlotte erläuterte Tools zur Aufdeckung von Falschmeldungen im Internet, vor allem die bekannte Rückwärtsbildersuche bei Google, die wir anhand von Beispielen praktisch übten. Nach einem leckeren Mittagessen ging es weiter mit Phase zwei der Workshops. Ich war diesmal im Workshop von Sava Hansmann. Sie gab Einblicke in die Welt der Influencer*innen und zeigte mit ihrer Erfahrung als Marketing-Managerin einen Blick hinter die Kulissen dieser Berufe in der Social-Media-Welt. Bei einer Übung durften wir eine eigene Marketing-Kampagne planen und uns mit unserem gewonnenen Wissen für einen fiktionalen Influencer entscheiden. „Demokratie ist kein Angebot“ Eine Fish-Bowl-Diskussion stand im Anschluss auf dem Programm. Viele der Teilnehmenden nutzten hier ihre Möglichkeit mitzuwirken. Vor allem die Jüngeren fassten oft den Mut, ihre Anliegen an die Expert*innen zu richten, besonders ihre Stimmen sollten während des Social-Media-Kongresses gehört werden. Es war ermutigend, wie der Drang Influence Democracy Am 25. und 26. Oktober fand der Social-Media-Kongress „Influence Democracy“ im COKREA im Stemmerhof statt. An zwei Tagen wurde intensiv darüber diskutiert, wie wir Demokratie im Netz stärken, aber auch verteidigen können zum Handeln und die Wissbegierde der jungen Menschen spürbar wurden. Spannende Aspekte rund um Künstliche Intelligenz, Medienkompetenz und Begegnen von demokratiefeindlichen Inhalten auf Social-Media-Plattformen wurden aufgegriffen. Mit der Aussage „Demokratie ist kein Angebot“ leitete Bob Blume, auch „der Netzlehrer“ genannt, die letzten paar Stunden von Influence Democracy ein. Sein Vortrag thematisierte wichtige Kritik am Bildungssystem und warf Fragen zur medialen Nutzung in Schulen in den Raum. Blume betonte, dass alle Kinder in der Bildung mitgenommen werden müssten und Bildung für jede*n zugänglich sein sollte. Auch hier gab es am Ende die Möglichkeit, Fragen zu stellen, was vor allem die jüngeren Teilnehmenden mit Interesse nutzten. Für mich war die ganze Veranstaltung äußerst lehrreich. Viele der Inhalte waren nur am Rande in der Schule angeschnitten worden, aber es blieben oft Lücken, die sich bis dahin nie hatten schließen lassen. Bei „Influence Democracy“ hatte ich endlich die Möglichkeit, tiefer in Themen wie „Hatespeech“ einzutauchen und – noch wichtiger – auch Fragen an Expert*innen zu stellen. Die ganze Veranstaltung war super organisiert und die Bedürfnisse aller Teilnehmenden wurden berücksichtigt. Es würde mich freuen, wenn in Zukunft öfter solche Veranstaltungen mit ähnlichen Inhalten stattfinden könnten. Danke an Chris Arz, Shino Meier, Orynn Reichert, Anna Schlechter und Laura Pulz fürs Organisieren! Aileen Haller, Öffentlichkeitsarbeit, KJR

10 das kommt | 05 | 2024 das war Fachtag BNE 2024 Ein Plus für medienpädagogische Angebote Nach einem Grußwort von Katharina Mayer aus dem Vorstand des KJR lauschten die Teilnehmenden einem wegweisenden Input-Vortrag von Stefan Rostock von germanwatch e.V. Er fand klare Worte zum Leben in sich verändernden Zeiten: „Mülltrennen alleine reicht nicht mehr im Angesicht der Größe der Probleme!“ In den anschließenden Workshops wurden verschiedene Herangehensweisen diskutiert und ausprobiert: Fabian Goldstein vom KJR München-Land leitete den Workshop mit der Idee, über das Philosophieren ins Handeln zu kommen. Laura Pauli von Greencity e.V. inspirierte dazu, die Nachhaltigkeit im Quartier selbst zu machen, und Stefan Rostock stellte das Konzept des Handabdrucks von germanwatch vor. Nach einer Mittagspause, die von Austausch und Diskussion geprägt war, konnte man am Nachmittag fünf verschiedene Beispiele aus München kennenlernen, die die SDGs bereits umsetzen: Hannah Patalong stellte das Konzept der Kreislaufschränke vor, bei Luca Cantarelli konnte man Näheres über die Kooperation des Freizeittreffs Freimann mit dem Kartoffelkombinat erfahren und Franziska Harms vom Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) zeigte die Bildungsmaterialien und Unterstützung, die der AWM für Kinder- und Jugendarbeit bietet. Der Stand von Sylvia Baringer vom Referat für Klima und Umwelt (RKU), die die Fairtrade-Stadt München vorstellte, war sehr gut besucht, sicher nicht nur wegen der Verkostung der Fair-Trade-Schokolade, und Wolfgang Haberl von der KJR-Fachstelle MuT stieß auf großes Interesse beim Thema „digitale Gerechtigkeit ohne die großen Dienste“. Für die Teilnehmenden war der Fachtag auch dieses Jahr eine Bereicherung. Die zahlreichen Ideen und Beispiele zeigten, dass es leistbar ist, die SDGs in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit mit Leben zu fülDie SDGs: 17 Nachhaltigkeitsziele Wie kann man die globale Idee der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit umsetzen? Eine große Frage für die 37 Personen, die sich am 9. Oktober beim BNE-Fachtag des KJR in Kooperation mit Ökoprojekt MobilSpiel im ÖBZ zu diesem Thema beschäftigten und vielfach fündig wurden „Was hat Algorithmus-Freiheit mit den SDGs zu tun?“ Spannende Fragen und für viele ganz neue Gedanken im Workshop von Wolfgang Haberl. Für das Unternehmen Trend Micro sind 35 Läufer*innen angemeldet. Kristin Köbelin, eine der Läuferinnen, findet ihre Motivation in der Spende für den guten Zweck. Pro gelaufenen Kilometer gehen 10 Euro an „Hilfe für Kids“. Neben 15 x 10 Kilometer und 15 x Halbmarathon liefen fünf Trend Micros sogar die volle Marathondistanz. Am 18. November nahm Michaela Kleemann vom KJR-Vorstand den Spendenscheck entgegen. Die Spende wird für medienpädagogische Angebote verwendet. Herzlichen Dank und wie schön zu hören, dass es im nächsten Herbst ein Wiedersehen geben wird! V.l.n.r.: T. Grabitz, K. Köbelin und U. Schmidt (Trend Micro), M. Kleemann (KJR-Vorstand), W. Haberl (Fachstelle MuT) len, und der Austausch mit Gleichgesinnten gab motivierenden Rückenwind, um zeitnah selbst loszulegen oder auch weiter dran zu bleiben. Julia Traxel, Fachbeauftragte für Nachhaltigkeit und BNE, KJR Trend Micro spendet 6.775 Euro an „Hilfe für Kids“ 13. Oktober 2024. Das Wetter verleitet eher zu „Tee auf der Couch“. Aber fast 26.000 Menschen lassen sich davon nicht beirren und gehen beim München-Marathon an den Start

11 das kommt | 05 | 2024 das war Seit zehn Jahren beteiligt sich der Jugendtreff am Biederstein (JTB) am „Day of the Girl“. Die vorausgehende „Girlz Week“ ist fester Bestandteil des Programms zum Aktionstag. Von 4. bis 10. Oktober war der JTB nur für Mädchen und junge Frauen geöffnet. Besucherinnen konnten an verschiedenen kostenlosen Workshops teilnehmen, Buttons gestalten, Henna-Tattoos malen, Karaoke singen, sich austauschen und Informationen zu Hilfsangeboten für Mädchen bekommen. K-Pop tanzen lernen mit Theo, HipHop und Reggaeton ausprobieren bei Nuria oder Songs schreiben lernen und sie anschließend im Tonstudio aufnehmen mit der Münchner Rapperin ZiK – all das war in der „Girlz Week“ in Workshops möglich. Bereits das sechste Mal war die Berliner Autorin und Poetry Slamerin Yasmin Poesy als Special Guest beim „Day of the Girl“ dabei. Doch dieses Jahr wollte sie auch an der „Girlz Week“ teilnehmen und reiste bereits einen Tag früher an, um im Biederstein eine Schreibwerkstatt anzubieten. Zwei Teilnehmerinnen präsentierten die Texte aus dem dreistündigen Workshop am 11. Oktober auf der Bühne. Trotz Kälte – die Höchsttemperatur betrug 12 Grad – waren 40 Mädchen des JTB am 11. Oktober an der Münchner Freiheit und setzten sich für die Ziele des „Day of the Girl“ ein: Day of the Girl „Starke Mädchen verändern die Welt“ war das Motto des Internationalen Mädchentags 2024 am 11. Oktober. Auch dieses Jahr war der KJR bei der Veranstaltung auf dem Marienplatz mit von der Partie. Bei zahlreichen Mitmachstationen, Infoständen und Bühnenprogramm war für die vielen Besucher*innen wieder viel geboten. Das Demokratiemobil war mit einem Mitmach- und Infostand vertreten. Hier gab es einen großen Ansturm auf das Taschen-Bemalen, wo die Mädchen* ihrer Kreativität freien Lauf lassen konnten. Ein weiterer Schwerpunkt lag am Stand auf dem Thema Mobilität: Wie kann München für Mädchen* und Frauen* sicherer werden? Dazu wurden unter anderem Frauen- Nacht-Taxi-Gutscheine verteilt, um einen sicheren Heimweg zu gewähr- leisten. Zu Besuch kamen auch Mädchen* aus den Einrichtungen frei.raum und Intermezzo. Das MusikMobil war mit dem Projekt „Sing for your Rights“ vertreten, bei dem Mädchen* aus dem Freizeittreff Freimann einen eigenen Song performten, und auch die Kinderbeauftragte unterstützte die Veranstaltung. Amelie Schnell, Fachstelle Mädchen*, junge Frauen* und LGBTIQA*, KJR Aktionstag Mädchen und junge Frauen fordern Gleichberechtigung – mit Poetry Slam, Rap und Tanz „Starke Mädchen verändern die Welt“ ■ Gleichberechtigung in allen Lebenslagen ■ gezielte Förderung von Mädchen und jungen Frauen ■ Bekämpfung der Zwangsehe ■ konsequente Umsetzung von Antidiskriminierungsgesetzen ■ Ende der Gewalt gegen Mädchen und Frauen im Namen von Tradition und Kultur Drei der vier Moderatorinnen Adrijana, Kaday, Lisa und Michelle führten das erste Mal durch das Programm. Sie sagten die nächste Performance an, interviewten die Mädchen auf der Bühne und erklärten dem Publikum die Ziele des von der UN initiierten Aktionstages. Besonderes Highlight beim diesjährigen Bühnenprogramm war eine ukrainische J-Pop Tanzgruppe, die in Cosplay-Kostümen auftraten und das Publikum mit drei Auftritten begeisterte. Seit 2019 geht es im Anschluss an das Bühnenprogramm im JTB weiter, hier wurde im geschützten Rahmen über Themen diskutiert, die Mädchen betreffen – was mache ich, wenn mir Dickpics geschickt werden, wie komme ich sicher nach Hause, wie kann ich mich gegen Ungerechtigkeiten wehren, wo finde ich Hilfe? Es wurden Erfahrungen ausgetauscht und Tipps gegeben. Katharina Ballhausen, Jugendtreff am Biederstein, KJR Die ukrainische J-Pop Tanzgruppe „NeverlandxShowtime“

12 d adsa sk owmamr t Landtagsabgeordnete als „Role Model“ Die Mittelschule an der Fromundstraße bekam am 4. Oktober im Rahmen von JADE / Berufsorientierung Besuch von der Politikerin Gülseren Demirel – Landtags- abgeordnete der Grünen im Wahlkreis Giesing-Harlaching-Thalkirchen-SendlingSolln-Fürstenried-Forstenried Highland Games 2024 Bereits zum 16. Mal hatte der KJR Jungen* von 7 bis 15 Jahren eingeladen, sich in Disziplinen wie Heusackweitwurf, Bogenschießen oder Fassrollen zu messen. Rund 50 Jungen* aus allen Richtungen der Stadt waren der Einladung gefolgt. Die von der Jungen*arbeit des KJR organisierte Veranstaltung bot eine außergewöhnliche Mischung aus schottischer Tradition und pädagogischem Konzept und förderte dabei die Ausdauer, Teamfähigkeit und das Selbstbewusstsein der Jungen*. Tauziehen auf der Nordheide Die Panzerwiese im Münchner Norden. Eine Schafherde grast in der Ferne. Die Melodie eines Dudelsacks weht über die weite Weidefläche. Eine bessere Kulisse könnte man sich kaum wünschen für die Austragung der schottisch inspirierten Highland Games … Nach einem Auftakt um 13 Uhr traten die Teilnehmenden in Zweierteams in rund 15 verschiedenen Disziplinen an. Neben den herausfordernden Wettkämpfen wie Bogenschießen, Baumstammweitwerfen und dem präzisen Hufeisenwurf bot die Veranstaltung auch knifflige Aufgaben wie den Bau einer „Da-Vinci-Brücke“ ohne Nägel und Schrauben. Diese Stationen verlangten nicht nur körperliche Stärke, sondern auch Kreativität und kluges Denken. Die Highland Games hatten für jeden etwas zu bieten: Neben Teamgeist und Geschick förderte das Event auch das soziale Miteinander, da die Jungen* bei vielen Aufgaben aufeinander angewiesen waren und gemeinsam Lösungen finden mussten. Eine besondere Lernerfahrung bot die Station „Journey to the nature“, die von Gebietsbetreuer Tobias Maier gestaltet wurde und den Jungen* spielerisch den Naturschutz nahebrachte. Zur Stärkung gab es einen großen Topf Kürbissuppe für alle. Den stimmungsvollen Abschluss bildete das „tug of war“, bei dem sich Kinder gegen Erwachsene im Tauziehen messen und den Sieg für sich verbuchen konnten. Die diesjährigen Highland Games waren ein voller Erfolg, bei dem die Jungen* nicht nur sportlich gefordert wurden, sondern auch wichtige Impulse für ihr soziales und emotionales Lernen erhielten. Bernhard Rutzmoser, Fachstelle Jungen*, junge Männer* und LGBTIQA*, KJR | 05 | 2024 Berufsorientierung Besonders Mädchen* und junge Frauen* möchte Gülseren Demirel ermutigen und stark machen. Fast 20 Mädchen* aus der 8. und 9. Klasse konnten in einem ungezwungenen Rahmen mit ihr ins Gespräch kommen und Fragen stellen. Gülseren Demirel, mit sieben Jahren als Gastarbeiterkind mit kurdischen Wurzeln nach Deutschland gekommen, hat selbst einmal die Hauptschule besucht und über den zweiten Bildungsweg ein Studium der Sozialpädagogik gemacht. Seit 1995 ist sie politisch aktiv.

13 d adsa sk owmamr t Zweites Street-Food-Festival In diesem Jahr standen Kinder im Alter von 7 bis 13 Jahren im Mittelpunkt des Geschehens. Sie hatten nicht nur die Gelegenheit, kulinarische Köstlichkeiten zu genießen, sondern auch selbst kreativ zu werden – sowohl in der Küche als auch beim Bau ihrer Stände. Teilgenommen haben 64 Kinder aus sechs KJR-Freizeitstätten. Die Ferienwoche begann mit einer spannenden Führung im Mühlendorf des Tierparks Hellabrunn mit dem Fokus auf „regionale Landwirtschaft“. Die Kinder erhielten interessante Einblicke in die Produktion von Lebensmitteln in der Region und erfuhren einiges über die Bedeutung von nachhaltiger Landwirtschaft. In den darauffolgenden Tagen setzten die jungen Teilnehmer*innen ihr Wissen in die Praxis um: Sie kochten in ihrem jeweiligen Freizeittreff und gestalteten ihre Essensstände – mit viel Enthusiasmus und unterstützt von den Betreuer*innen. Das Kochen war für die Kinder der Höhepunkt des Festivals. Ausgestattet mit Kochschürzen und Kochmützen durften sie ihre eigenen Kreationen zubereiten. Am Samstag, den 2. November fand schließlich das große Street-Food-Festival auf dem Gelände der OASE Neuhausen statt und auch Freund*innen sowie Familien waren herzlich eingeladen, die kulinarischen Werke der Kinder zu probieren. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: An jedem Stand wurden leckere Gerichte serviert, die nicht nur durch Geschmack, sondern auch durch kreative Präsentation überzeugten. Die jungen Köch*innen wagten sich an vielfältige, teils experimentelle Rezepte und überraschten die Besucher*innen mit ungewöhnlichen Geschmackskompositionen. Das Team des KJT ZeitFrei lockte mit Pizza und Crêpes, beim frei.raum Trudering gab es Hot Dogs und Käsekuchen. Das SBZ Sendling bot an seinem Halloween-Stand Waffeln an und am Foodtruck der OASE Neuhausen gab es Schokofrüchte. Das Intermezzo bot Burritos an und Das Laimer hatte Kürbis-Köstlichkeiten auf der Karte. Die Vielfalt und Kreativität der Stände war beeindruckend. Aus Holz, Kartons, Farben und weiteren Materialien waren liebevoll gestaltete Verkaufsstände entstanden, die den Teamgeist und die Kreativität der Kinder widerspiegelten. Ein kreatives und kulinarisches Abenteuer für Kinder Das Herbstferien-Extra-Angebot 2024 war ein ganz besonderes Highlight: Das zweite Street Food Festival sorgte für Aufsehen und Begeisterung Das KJR-Street-Food-Festival 2024 war mehr als ein kulinarisches Event – es war eine wahre Entfaltung von Kreativität, Teamarbeit und Selbstwirksamkeit. Die Kinder hatten die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten in der Küche und im Design zu testen und gleichzeitig Verantwortung zu übernehmen. Das Festival förderte nicht nur das Interesse an kulinarischen Künsten, sondern auch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die Zusammenarbeit im Team. Dieses außergewöhnliche Erlebnis wird sicherlich noch lange in den Köpfen der jungen Teilnehmer*innen bleiben und als Beispiel dafür dienen, wie Bildung, Spaß und Gemeinschaft Hand in Hand gehen können. Elias Eberl, Koordinator Ferienangebote und Zirkusprojekte, KJR | 05 | 2024 Ihre Erfahrungen möchte sie teilen und es ist ihr ein großes Anliegen die jungen Frauen* der Mittelschule zu bestärken, dass jede von ihnen ihren Weg finden wird. Der Großteil der Teilnehmenden hat ebenfalls Migrationshintergrund. Das Elternhaus kann oft nicht in vollem Umfang schulische Unterstützung bieten, sie haben Zweifel und Vorurteile, es bestehen Unsicherheiten und Unklarheiten, was für Möglichkeiten sie einmal haben werden. Die beruflichen Vorstellungen gehen meist zu Berufsfeldern, in denen überwiegend Frauen* zu finden sind. Im Verlauf des Gesprächs wurden Parallelen festgestellt. Auch Gülseren Demirel hat die Erfahrung gemacht, dass es sich auf einer Mittelschule manchmal so anfühlen kann, als sei diese das Ende der Möglichkeiten. Ihre Botschaft für Mädchen* und junge Frauen*: „Glaub daran, wenn dir jemand sagt, du wirst das schaffen!“ Wichtig sei, seine Ziele zu verfolgen und über den Tellerrand zu blicken. Die Teilnehmerinnen* stellten Fragen zum Alltag als Politikerin. Wie ist es, sich als Frau* neben all den Politikern durchzusetzen? Für welche Werte steht sie ein? Wie schafft man den Weg in die Politik? Eine der Schülerinnen* der Fromundschule zeigte sich besonders engagiert und interessiert. So konnte sie einen Praktikumsplatz bei Gülseren Demirel ergattern und darf im November für eine Woche im Landtag hospitieren. Jenny Schmid, FEZI, KJR an der Mittelschule Andrang beim Abschluss des Street- Food-Festivals in der OASE Neuhausen

14 das kommt | 05 | 2024 das war 75 Jahre Grundgesetz ■ Deutsche Kinder- und Jugendstiftung gemeinnützige GmbH DKJS (2010): Demokratie von Anfang an. Arbeitsmaterialien für die Kitapraxis. Berlin: Deutsche Kinder- und Jugendstiftung. ■ Durand, Judith/Winklhofer, Ursula (o.J.): Spielraum für Partizipation. www.dji.de/themen/politische-bildung/spielraum-fuer-partizipation. html [24.11.2020] ■ Hansen, Rüdiger/Knauer, Raingard/ Friedrich, Bianca (2006): Die Kinderstube der Demokratie. Partizipation in Kindertageseinrichtungen. Hrsg. vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren des Landes Schleswig-Holstein. www.kinder-beteiligen.de/dnld/kinderstubederdemokratie.pdf [24.11.2020] ■ Koch, Bernhard (2017): Kindergarten und Demokratie in einer Zeit der Unsicherheit. Aspekte elementarer und politischer Bildung. Berlin u.a.: Lit. ■ Regner, Michael/Schubert-Suffrian, Franziska (2018): Partizipation in der Kita. Freiburg, Basel, Wien: Herder. Demokratie in der Kita Am 23. Mai 2024 ist unser Grundgesetz 75 Jahre alt geworden. Es ist das Fundament unseres Zusammenlebens in einem freien und demokratischen Rechtsstaat. Der Geburtstag war Anlass für die KJR-Kindertageseinrichtungen, sich in ihren Arbeitskreisen mit dem Thema zu beschäftigen Die Kindertagesbetreuung soll Kinder auf das Zusammenleben in einer vielfältigen, demokratisch verfassten Gesellschaft vorbereiten. Auch die Jüngsten müssen folglich die Erfahrung machen, dass ihre Bedürfnisse und Ideen ernst genommen werden und sie akzeptierter Teil einer sozialen Gemeinschaft sind. Entscheidungen demokratisch treffen Im Kindergarten werden jeden Tag viele Entscheidungen getroffen. Hier bietet sich eine Chance, Entscheidungen demokratisch zu treffen. Durch eine Kultur der Mitsprache, durch gemeinsames Sammeln von Anliegen, Diskutieren von Pro & Contra und einen Prozess der Einigung auf ein Ergebnis lernen Kinder, wie Entscheidungen partizipativ getroffen werden. Demokratisches Miteinander heißt auch: alle dürfen ihre Meinung kundtun. Auch Kinder im Kindergarten haben Meinungen. Durch eine gute Feedback-Kultur lernen Kinder Selbstwirksamkeit, sie erleben, dass sie aktiv sein und mitgestalten können – und sie erleben auch die Grenzen, die etwa durch die Bedürfnisse anderer, die Ressourcen oder die räumlichen Gegebenheiten bestehen. Sie lernen, ihre eigene Meinung zu reflektieren, zu formulieren und zu vertreten. Eigenverantwortlichkeit lernen Gestaltet man den Alltag in der Kindertagesstätte so, dass demokratische, partizipative Prinzipien im Vordergrund stehen, sollten Kinder aktive Gestalter*innen sein. Das bedeutet auch, dass es eine Klarheit darüber gibt, wer welche Rechte und auch Pflichten hat. So sollten Kinder etwa das Recht haben, ihre Meinung zu äußern, Entscheidungen frei zu treffen und ihre Grenzen zu setzen. Zugleich dürfen Kinder auch Pflichten haben. Spielsachen aufräumen, Teller wegbringen, die eigenen Jacken aufhängen – bei solchen Themen lernen Kinder Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Und sie lernen, dass sie im Kindergarten aktive Personen sind, deren Verhalten den Alltag prägt und mitgestaltet. Genau so, wie es auch in der „großen“ Demokratie gedacht ist. Demokratie praktisch einüben Politik ist nicht reine Theorie – ganz im Gegenteil. Gerade der Kindergarten bietet ein gutes Setting, um demokratische Prinzipien bereits mit jungen Kindern ganz praktisch umzusetzen und einzuüben. Denn nur Kinder, die sich früh mit Demokratie auseinandersetzen und diese auch praktisch kennenlernen, werden später aufgeklärte, mündige Bürger*innen sein, die sich auch an „großer“ Politik aktiv beteiligen können – und wissen, wie es geht. Im Kindergarten lassen sich demokratische Prinzipien an vielen Stellen des Alltags umsetzen und mit den Kindern leben. Charlotte Schober, Fachbeauftragte KitaE, KJR Literatur ■ Danner, Stefan (2918): Demokratische Partizipation von Kindern in Kindergärten: Hintergründe, Möglichkeiten und Wirkungen. www.bpb.de/gesellschaft/ bildung/zukunft-bildung/255737/ partizipation-in-der-kita?p=all [24.11.2020] Mitsprechen, diskutieren und eignen: Schon die Kleinsten erleben in den KJRKitas Vielfalt und Demokratie

15 das kommt | 05 | 2024 das war Ausstellung TUKU TIKANGA in der Galerie 90 Schon das erste Bild macht klar: hier wird Tacheles geredet. „Unsere Generation ist am Arsch“ steht unter dem Portrait einer jungen Frau mit glattem, dunklem Haar und roter Baskenmütze. Es ist das erste Exponat, das Besucher*innen sehen, die die Galerie 90 im 1. Stock der KJR-Geschäftsstelle betreten. 18 Portraits erwarten sie, alle schulterfrei und mit einer markanten Kopfbedeckung. Vom Che-Guevara-Barrett über den Cowboyhut und Federschmuck bis hin zum ausladenden Damenhut, Stil „Pferderennen von Ascot“, ist alles vertreten. Und mit je einer deutlichen Aussage, mal explizit, mal genervt. „Tuku Tikanga“ heißt die Ausstellung, die am 10. Oktober eröffnet wurde – und deren Thema nicht Hutmode ist. Es geht um Kulturelle Aneignung, die immer wieder Diskussionsstoff birgt. Ist es zulässig, als hellhäutiger Mensch die Haut dunkel zu färben – das so genannte Blackfacing – um eine dunkelhäutige Person darzustellen, sei es im Fasching oder auf der Bühne? Oder eignet sich eine fremde Kultur unzulässig an, wer in ein „Indianer“-Kostüm schlüpft? In „Tuku Tikanga“ äußern sich nicht soziologische Fachleute oder leicht entflammbare politische Redner*innen, sondern Jugendliche. Genauer: Jugendliche aus dem Kinderhaus und Jugendtreff Harthof. 30 von ihnen haben erst in Kleingruppen über Fragen wie Teilhabe, Diskriminierung, die eigene Position im sozialen Miteinander und gelebte Individualität diskutiert. Und einige haben sich anschließend vor die Kamera des Fotografen Markus Hirner gestellt. 18 Portraits sind so entstanden, die nun in der Galerie 90 zu sehen sind. Und 18 Statements. „Es gibt keine weißen Menschen. Alle Menschen haben eine Farbe“, zum Beispiel. Die Aussagen spiegeln wider, wie junge Menschen über Kulturelle Aneignung denken und wie wichtig ihnen das Thema ist – oder nicht. „Es gibt ganz andere Probleme für uns, da brauchen wir nicht auch noch die Diskussion“, ist auf einem Exponat zu lesen. Andere bewegt Kulturelle Aneignung sehr wohl. „Nur weil eine Kim Kardashian […] Braids trägt, meinen jetzt alle weißen Mädchen, dass sie es nachmachen müssen. Das ist aber aus unserer Kultur!“ Braids, also die Flechtfrisur aus vielen dünnen Flechtzöpfen, sind gleich zweimal Thema. Was ist in Ordnung, was nicht, und ist es vielleicht „kultureller Austausch und nicht Aneignung“, wie ein weiteres Statement lautet? Die Statement-Portraits geben keine Antworten, aber Anstöße. Und sie sind absolut ehrlich. „Bei uns im Jugendtreff können sich die Jugendlichen frei äußern“, sagt Pädagogin Maro Nikolaidou-Murböck bei der Vernissage, „sie sind nicht in der Schule“. Was nicht auf Anhieb erkennbar ist: Die Aussagen stammen nicht von den jeweils abgebildeten Personen. „Denn nicht alle, die mitdiskutiert und sich geäußert haben, wollten sich fotografieren lassen“, erklärt Nikolaidou-Murböck. Und nicht alle, die vor der Kamera posiert haben, hatten mitdiskutiert. „Wir haben aber Foto und Aussage so kombiniert, dass sie zusammenpassen.“ Der Aussagekraft tut das keinen Abbruch. „Ich finde es gut, dass das Thema mal aus dieser akademischen Nische in den Alltag geholt wird“, sagt eine Besucherin der Vernissage, „diese Ausstellung macht klüger als so mache Diskussion“, ergänzt eine andere. Und alle loben die starken Portraits und den Mut der Jugendlichen. Was aber bedeutet der Ausstellungstitel „Tuku Tikanga“? Nikolaidou-Murböck weiß es: „Eine unserer Jugendlichen hat das eingebracht. Es ist Maori und heißt sowas wie ‚Kulturelle Aneignung‘!“ Die Ausstellung „Tuku Tikanga“ ist bis zum 30. März 2025 in der Galerie 90 in der KJR-Geschäftsstelle, Paul-Heyse-Str. 22, zu sehen, jeweils Montag bis Donnerstag von 9 bis 17 Uhr und Freitag von 9 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung auch für Gruppen nicht notwendig. Gecko Wagner, Öffentlichkeitsarbeit, KJR Von Braids und Blackfacing Die Ausstellung „Tuku Tikanga“ holt die akademische Diskussion um Kulturelle Aneignung in den Alltag – durch Sprache und Portraits von Jugendlichen Keine Antworten, aber Anstöße: Die Portraits und Statements von Jugendlichen aus dem Harthof Manchen wichtig, für andere verzichtbar: Die Auseinandersetzung mit Kultureller Aneignung

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