K3 No. 3 - Mai 2024

24 das kommt | 04 | 2024 Banane mit 384 Türen Das Multikulturelle Jugendzentrum Westend (MKJZ) in der Westendstraße 66a wird neu gebaut, das künftige Gebäude wird ein Vielzweckbau für Kinder, Jugendliche und Familien: Hier finden sich neben dem MKJZ auch ein Hort, eine Mobile Kindertagespflege, die Ausbildungsberatung azuro, die KJR-Geschäftsstelle und günstige Wohnplätze für junge Erwachsene in Ausbildung Westend66a Die Baugrube ist inzwischen ausgehoben, doch auch kleinste Details mussten schon vor Jahren festgelegt werden. Doris di Sancarlo und Hermann Frey betreuen im KJR das Projekt Westend 66a – und suchen jetzt Verstärkung. Ein Interview von Gecko Wagner über Klinken, Knäufe, Türen und Tresore im Fluchtweg. Westend66a ist ein großes Projekt. Könnt Ihr das an einem Beispiel verdeutlichen? Hermann Frey: Wir haben 384 Türen, davon neun Eingangstüren. Für jede haben wir schon vor Jahren festlegen müssen, ob sie nach links oder rechts öffnet und welche Schließvorrichtung sie hat. Doris di Sancarlo: Dazu müssen wir wissen, welche Funktion jeder Raum hat und wie er möbliert sein wird. Ich weiß jetzt, was der Unterschied ist zwischen Drücker, Knauf, Falle, Riegel und Griffstange, dass es sie in mehreren Variationen gibt, zum Beispiel fest oder beweglich, mit oder ohne Selbstverriegelung, mit Anti-Panik-Drücker und vieles mehr. Und es wird ein riesiges Haus. Was reizt euch daran? Di Sancarlo: Ich habe wahnsinnig viel gelernt, es ist eine gute Zusammenarbeit und ich schätze Hermanns Fachwissen sehr. Frey: Mich reizt, dass es nicht einfach ist. Es war und ist ein sehr komplexes Projekt und ich möchte ein sehr gutes Ergebnis erreichen. Di Sancarlo: Die Architekten sagen uns, sie haben noch nie ein so komplexes Haus gebaut, mit so vielen verschiedenen Nutzungsbereichen. Und das in einer recht engen Hülle – das Haus entsteht in den Dimensionen, in denen bis zum Krieg hier ein Schulhaus stand. Welche Schwierigkeit hat euch überrascht? Di Sancarlo: Allein schon die Signaletik: wie leiten wir die verschiedenen Menschen, die das Haus nutzen und besuchen, so dass sie schnell und gut ans Ziel kommen? Frey: Da geht‘s um Beschilderungen, um Farben, um Laufwege und Sichtachsen, also um Orienterung. Di Sancarlo: Die Kinder des MKJZ sollen nicht in einem Büro der Geschäftsstelle landen, die Eltern der Mobilen Kindertagespflege nicht im Beratungsbüro von azuro und die Azubis vom Jugendwohnen nicht im Hort. Und das mit nur zwei Treppenhäusern. Frey: Wir sprechen wegen der gebogenen Gebäudeform von der „Banane“. Hier gibt es Knotenpunkte und verschiedene Zugänge. Wir müssen alle möglichst so ans Ziel leiten, dass sie sich nicht in die Quere kommen. Di Sancarlo: Und dann die Fluchtwege. Wer kann wohin fliehen und dabei nicht in den falschen Bereich geraten? Wohin geht welche Fluchttüre? Welcher Widerstandsfähigkeit muss sie genügen? Worauf könntet ihr verzichten? Di Sancarlo: Darauf, jeden neuen Bauplan von vorn zu überprüfen, in dem mit tausenden Symbolen und Strängen jede Steckdose eingezeichnet ist. Ich dachte, wir sagen, wo wir eine Steckdose wollen und WLAN, und dann passt es. Frey: Aber du musst jeden neuen Planstand wieder kontrollieren, viermal, siebenmal, immer wieder. Di Sancarlo: Denn plötzlich geht im neuen Plan eine Türe andersrum auf. Oder sie ist verschwunden. Wenn das mal gebaut ist, ist es zu spät. Ist der KJR Bauherr? Frey: Nein, das wäre einfacher. Aber die Stadt baut, also das Kommunalreferat, und das Baureferat führt aus. Wir sind Nutzende, und trotzdem sehr umfangreich in die Planungen eingebunden. Dann machen ja andere die Hauptplanung. Und ihr könntet euch zurücklehnen! Di Sancarlo: Schön wärs! Bleiben wir bei den Fluchtwegen: Wir haben in einem Büro den Tresorraum geplant. Und irgendwann merken wir, die Architekten hatten diesen Raum als Fluchtweg vorgesehen, der jederzeit geöffnet werden kann. Das passt nicht zusammen. Dann haben wir eine andere Lösung skizziert. Da ist nichts mit zurücklehnen! Ist Westend66a eure Hauptaufgabe? Di Sancarlo: Zeitweise ja, aber eigentlich machen wir das alles on top zu unseren Aufgaben. Frey: Deshalb wurde jetzt im KJR eine Stelle für Umzugs- und Projektkoordination ausgeschrieben. Die Baugrube ist acht Meter tief ausgehoben, als nächstes wird der Baukran aufgestellt. Bald kann der Rohbau beginnen Seit wann plant ihr das? Di Sancarlo: Ich seit 2016 … Frey: … ich mit Unterbrechungen seit 2002. Damals war nur die Generalsanierung des MKJZ geplant, später wurde der Vielzweckbau daraus. Doris Di Sancarlo, Leiterin Team Organisation und Hermann Frey, Beauftrager für großen Bauunterhalt

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