| 02 | 2024 21 Gendersensible Jugendarbeit Schwerpunkt mischen und sozialen Ungleichheiten wie dem Gender Pay Gap und dem Gender Care Gap. Auch die alltägliche Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* sowie gegen Personen, die trans*, inter* oder homosexuell sind, besteht fort. Eine vollständige politische, rechtliche, kulturelle und materielle Teilhabe sowie Anerkennung von LSBTIQA* ist noch nicht erreicht. (Groß und Nachtigall 2022) Kritische Distanz wahren Es gilt, die unterschiedlichen Bedürfnisse, Herausforderungen und Erfahrungen junger Menschen in Bezug auf Geschlecht und weitere Dimensionen wie race1, class, gender und body mitzudenken. Dies bedeutet nicht nur, dass Angebote z.B. geschlechtsneutral gestaltet werden, sondern auch, dass Aspekte sexueller, geschlechtlicher und romantischer Vielfalt berücksichtigt werden. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf der kritischen Distanz zu geschlechtsspezifischen Stereotypen und Normen. Jugendliche sollen ermutigt werden, ihre Identität frei und ohne Einschränkungen durch traditionelle Geschlechterrollen sowie weitere gesellschaftliche Erwartungen zu entwickeln. Dies bedeutet, dass sie in ihren Handlungsfähigkeiten bestärkt werden, um Interessen zu verfolgen. Darüber hinaus ist die Schaffung temporärer sicherer Räume bedeutsam, in denen Jugendliche offen über Fragen der Geschlechtsidentität, der sexuellen Orientierung, der Herkunft und anderer damit verbundener Themen sprechen können. Dies kann durch unterschiedliche Angebote erreicht werden. Jugendliche sollen sich in solchen Umgebungen unterstützt fühlen, ohne Angst vor Stigmatisierung haben zu müssen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Sensibilisierung von Fachkräften in der Jugendarbeit für die Dimensionen und Ebenen von Intersektionalität. Es ist unerlässlich, dass sie sich ihrer eigenen Vorurteile und Normen bewusst sind und diese aktiv hinterfragen. Durch Fortbildungen und regelmäßige Reflexion können Fachkräfte dazu beitragen, eine offene und unterstützende Umgebung für alle Jugendlichen zu gestalten. Dies beinhaltet ebenfalls Wissen über LeFür eine feministisch_heteronormativitätskritisch_queer_intersektional_solidarische Soziale Arbeit! Queersensible Jugendarbeit Einladung zur Vielfalt, Inklusion und Intersektionalität Die Schaffung von Anerkennungsverhältnissen in der Jugendarbeit ist insbesondere angesichts des Erstarkens rechter Akteur*innen von großer Bedeutung. Ziel queersensibler Jugendarbeit ist es, eine inklusive Umgebung zu schaffen, die auch Aspekte von Intersektionalität in Bezug auf weitere Macht- und Herrschaftsverhältnisse berücksichtigt und Jugendliche in ihren Handlungsfähigkeiten unterstützt. Obwohl Fortschritte in der formalen Gleichstellung der Geschlechter und der Anerkennung der sogenannten Dritten Option sowie laufende Bemühungen zur Formulierung eines Selbstbestimmungsgesetzes zu verzeichnen sind, bestehen weiterhin soziale Ungleichheiten, Gewalt und Diskriminierung. Sexismus zeigt sich beispielsweise in ökonoWie wichtig sind für dich spezielle Angebote „nur“ für Mädchen*? » Ich finde den Mädchen*nachmittag ganz wichtig, die Jungs* nerven da nicht so, weil sie nicht da sein dürfen. (Mädchen*, 8) Wie wichtig sind für dich spezielle Angebote „nur“ für Jungen*? » Der Jungen*nachmittag ist wichtig! Da kann man neue Sachen ausprobieren, zum Beispiel Bogenschießen. (Junge*, 7) einer an Vielfalt orientierten, diversitätsbewussten Arbeit verpflichtet fühlen, können sich kritisch gegen verkürzende Strukturen und Diskurse wenden, die Personen jenseits bipolarer Geschlechterkonstruktionen abwerten, ausgrenzen und damit bestehende Stereotype reproduzieren. Fazit Die konturierten Impulse zur queer-theoretischen Reflexion können als Bereicherung kritischer Jungen*- und Männer*arbeit gesehen werden. Wenn sie auf das eigene Arbeitsfeld bezogen werden und mit den konkreten Gegebenheiten relationiert werden, ermöglichen sie eine gewinnbringende Bereicherung, die Professionalität stärken und dadurch die Handlungsoptionen der Adressat*innen erweitern kann. Der Abbau diskriminierender und abwertender Strukturen und Prozesse sowie die Bearbeitung einschränkender Geschlechternormen setzt umfassende gesellschaftliche Wandlungsprozesse voraus. In diesem Sinne müssen psychosoziale Handlungsfelder die Reichweite, Möglichkeiten und Begrenzungen ihrer Angebote mitreflektieren. GERD STECKLINA, Diplom-Pädagoge, lehrt an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule München, Arbeitsschwerpunkte sind Theorien und Geschichte Sozialer Arbeit, Geschlechterforschung, Sozialpädagogik der Lebensalter, Jüdische Wohlfahrt, Kinder- und Jugendhilfe. Vorsitzender des Münchner Informationszentrums für Männer e.V. (MIM) JAN WIENFORTH, Dipl.-Sozialpädagoge (FH), MA, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule München und Doktorand an der Stiftung Universität Hildesheim, Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte sind Jungen*arbeit, geschlechterreflektierte Soziale Arbeit, Fluchtmigration und Professionalität Sozialer Arbeit. Bild: Ryan McGuire auf Pixabay 1) Race ist nicht gleich Rasse. Mehr Infos gibt es z.B. unter www.goethe.de/ins/us/de/m/kul/wir/22139756.html
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