Dachzeile 24 das kommt | 05 | 2023 Radikal jung!? Schwerpunkt Nicht weniger gefährlich: YouNow YouNow ist ein Videoportal, bei dem sich Nutzer*innen per Live- Stream der Community präsentieren können. Das Portal ist besonders bei jungen Teenagern und Kindern beliebt. Eigentlich muss man mindestens 13 Jahre alt sein, um mitzumachen. Das Alter wird aber nicht geprüft. Manchmal sitzen dort schon 10-Jährige vor der Kamera und erzählen aus ihrem Leben. Selbstdarstellung ist ein großes Thema für Jugendliche. Manche eifern ihren Idolen auf YouTube nach, andere machen es einfach zum Zeitvertreib oder, um andere Nutzer kennenzulernen. YouNow ist in vielfacher Hinsicht riskant – und kann den Daten- und Jugendschutz verletzen. Abartig auch die Cinnamon- oder die Hot-Chip-Challenge Bei diesen hochgefährlichen Challenges soll man einen Tee- oder Esslöffel Zimtpulver herunterschlucken. Und zwar ohne Wasser. Im anderen Fall wird ein Tortilla-Chip verspeist, der einen Schärfegrad von über zwei Millionen Scoville hat. Das Ganze wird per Video festgehalten und in sozialen Netzwerken gepostet. Leider immer noch in Mode: Sexting Von Sexting spricht man, wenn Nacktbilder übers Smartphone weiterverbreitet werden. Eine verbreitete Praxis – deren Risiken viele Jugendliche erst bemerken, wenn es zu spät ist. Oft läuft es so: Ein Mädchen wird von seinem Freund aufgefordert, Nacktbilder zu machen und sie ihm zu schicken. Oder er fotografiert sie selbst beim Sex. Kommt es dann zur Trennung, verbreitet er die Bilder in seinem Bekanntenkreis, um sie zu demütigen. Hier handelt es sich schlicht um fieses Mobbing. Ob Selfies/Fotos auf Gleisen … … Choking Game oder Fire-Challenge – je verrückter, desto mehr Klicks in den digitalen Netzwerken. Aufmerksamkeit ist die Währung, die zählt. Mögliche gesundheitliche, psychische oder sozial-emotionale Folgen werden oft ausgeblendet. Eine Menge zu tun für pädagogische Teams … Zusammengetragen von Marko Junghänel Was hinter Awareness-Konzepten steckt Sichere Orte schaffen Awareness ist ein Konzept, das sich gegen jede Form von Diskriminierung, Gewalt und Grenzverletzungen stellt. Verletzendes und grenzüberschreitendes Verhalten, wie z.B. sexistische, rassistische, homo-, transfeindliche, ableistische oder vergleichbare Übergriffe, werden nicht toleriert. Bei vielen Veranstaltungen gehören sie inzwischen zum Standard. Awareness-Konzept beim Mobilitätswende-Camp Das Mobilitätswende-Camp München hat im Laufe der Jahre sein Awareness-Konzept kontinuierlich weiterentwickelt, um ein respektvolles und diskriminierungsärmeres Miteinander zu fördern. Die Awareness-AG begann bereits im Frühjahr 2023 mit einer intensiven Auseinandersetzung mit bestehenden Konzepten und der Aufarbeitung von Kritik. Sie setzt sich damit auseinander, dass das Camp nicht für alle ein Safe Space sein kann – möglicherweise auch wegen der Befürchtung, dass die Polizei gewaltsam eingreifen könne. Awareness-Konzepte fördern grundsätzlich eine wertschätzende und lernende Haltung. Im Bewusstsein, dass sich verschiedene Diskriminierungsformen überlagern können, wird im Falle des Mobilitätswende-Camp die gesamte Organisation sowohl in der Vorbereitung als auch während des Camps durch eine externe rassismuskritische Prozessbegleitung unterstützt. Dies spiegelt sich u.a. in den Plenumsdiskussionen wider, wo Awareness zunehmend als gemeinschaftliche Aufgabe verstanden wird. Alle werden zur Reflexion und zur konstruktiven Kritik angeregt, um das Camp zu einem zugänglicheren Raum zu machen, in dem auch Fehler eingestanden werden können. Das Camp lädt insbesondere Menschen in privilegierten Positionen ein, sich kritisch mit ihrer Machtposition auseinanderzusetzen – darunter Cis-Männer mit Blick auf Formen von Sexismus, weiße Menschen im Hinblick auf die Gefahr von Rassismus und able-bodied Menschen vor dem Hintergrund verschiedener Formen von Ableismus. Die Reflexion und Diskussion dieser Themen sollen die Camp-Gemeinschaft im Sinne des gemeinsamen Lernens und des kritischen Umgangs miteinander stärken. Awareness-Arbeit geht alle am Camp Beteiligten an. Eine Awareness-Struktur unterstützt dabei von Diskriminierung Betroffene im Umgang mit gewaltausübendem Verhalten und bei Verstößen gegen das Awareness-Konzept. Die klare Kommunikation der Awareness-Prinzipien erfolgt durch visuell auffällige Plakate, die die Positionierung des Camps zu relevanten Themen – zum Beispiel Umgang mit „white-locks“ – vermitteln. Die Awareness-AG koordiniert Abläufe, verteilt Verantwortlichkeiten und fördert den Wissensaustausch durch regelmäßige Schulungen. Im Sinne der angestrebten konstruktiven Fehlerkultur freuen wir uns auch jetzt noch über Feedback und Kritik an awareness_noiaa@riseup.net. Awareness-AG des Mobilitätswende-Camp Awareness-Stand beim OBEN-OHNE-Festival Auch bei der größten jugendkulturellen Veranstaltung des KJR gab es 2023 Neuerungen: Die bisherigen, nach Geschlechtern aufgeteilten Safer Spaces auf dem OBEN OHNE wurden durch einen größer angelegten Awareness-Stand abgelöst. Gemeinsam mit dem Diversity-Referat des KJR München-Land, den Fachbeauftragten Vielfalt des KJR München-Stadt sowie den Fachstellen Inklusion beider Träger bzw. in enger Zusammenarbeit mit dem Festival-Team wurde ein dreiteiliges Konzept entworfen und erprobt und es wurden damit weitere bzw. überschneidende Diskriminierungskategorien in den Blick genommen. Ziel war es, allen jungen Menschen einen möglichst sicheren Festivalbesuch – frei von Diskriminierungen und Belästigungen – zu bereiten und ihnen bei Bedarf geeignete Anlaufstellen mit einem divers aufgestellten Awareness-Team zur Verfügung zu stellen. Am Service Point bekamen die Festivalgäste die Hilfestellungen des bisherigen Inklusionsstands, etwa Verleih von FM-Anlagen sowie den Zugang zur rollstuhlgerechten „Toilette für alle“ und der Rolli-Tribüne. So könnte man den Ansatz von Awareness auch beschreiben … Bild: Dan Meyers auf Unsplash
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjk2NDUy