| 03 | 2023 27 Fachkräftemangel Schwerpunkt Nicht um jeden Preis! Um nur einen kleinen Teil der Anbieter und Möglichkeiten zu nennen: angefangen von „LeKi“ (Lehrgang Kinderpflege) an der Berufsfachschule für Kinderpflege, in der vormittags in der Praxisstelle gearbeitet und nachmittags die Schule besucht wird, bis zum „Gesamtkonzept – für Quereinstieg und Aufstiegschancen“ des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales, in dem die Schüler*innen von Multiplikator*innen im Modullernen (1/3 online, 1/3 Präsenz und 1/3 Selbstlernen) geschult werden. Auch die Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz), die im Bereich geförderter Weiterbildungen der Bundesagentur für Arbeit mit der Qualifizierung „Assistenzkraft in Kindertageseinrichtungen“ begonnen haben, sind auf den Zug aufgesprungen. Allein bei diesen drei exemplarischen Möglichkeiten erkennt man die große Unterschiedlichkeit der Anbieter in Bezug auf Lernformen und Lehrfokus. Durch die Quantität der Qualifizierungsmöglichkeiten ist es schwierig, die Qualität der Weiterbildungen flächendeckend sicherzustellen. So gibt es große Unterschiede im pädagogischen Wissenstand der Quereinsteiger*innen – je nachdem, aus welcher Fortbildungsinstitution sie kommen. Gegebenenfalls muss an dieser Stelle verstärkt durch erfahrene pädagogische Fachkräfte unterstützt werden. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob dadurch das – leider immer noch nicht so hoch angesehene – Berufsfeld der Pädagogik noch weiter in den Verdacht gerät, dass dort alle mit Kindern arbeiten könnten. Ein Vorschlag der ehemaligen Familienministerin Ursula von der Leyen ging in diese Richtung: „Schlecker-Frauen“ sollten kurzerhand zu Erzieherinnen umgeschult werden … Dem gegenüber steht der klassische Ausbildungsweg, der bis vor kurzem noch eine fünfjährige Ausbildung zum*r Erzieher*in beinhaltete und damit länger als ein Hochschulstudium dauerte. Festzuhalten bleibt, dass die Einstellung von Quereinsteiger*innen im pädagogischen Bereich nicht dazu dienen sollte, Lücken um jeden Preis zu schließen. Führungskräfte müssen sorgfältig abwägen, ob die Einstellung von Quereinsteiger*innen im besten Interesse der Zielgruppen ist und ob dies eine nachhaltige Lösung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels im pädagogischen Bereich darstellt. CAROLIN REDL, Jahrgang 1987 aus München, Studium Pädagogik/Bildungswissenschaften und Psychologie, Referentin für Personalgewinnung und Praktikum Interview mit Carolin Redl zum Thema Fachkräftemangel: www.kjr-url.de/k3-cr Raziya: Ich mache eine klassische Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement und wechsle in dieser Zeit durch verschiedene Abteilungen im Haus. Eure erste Ausbildung? Ellia: Ich bin 2021 aus Indonesien nach Deutschland gekommen. Dort hatte ich bereits ein Pädagogik-Studium abgeschlossen. Über den Freiwilligendienst in einem Tagungshaus bin ich zum Event-Bereich gekommen und habe mich entschlossen, diese Ausbildung beim KJR zu machen. Keine Lust, in München als Pädagoge zu arbeiten? Ellia: Ich hatte mich während meines Studiums auf das Fach „Deutsch als Fremdsprache“ spezialisiert. An der Uni war ich immer schon bei der Organisation von Events dabei. Nach der Uni wollte ich noch mehr Event-Erfahrung sammeln, dann habe ich eine Stelle für Freiwilligendienst im Bereich Erwachsenenbildung gefunden. Da war ich hauptsächlich für Event-Organisation zuständig. Da die Arbeit mir viel Freude bereitete, habe ich mich entschlossen, aus der Veranstaltungsorganisation einen Beruf zu machen. Raziya: Ich bin seit 18 Monaten in Deutschland. Im Iran habe ich an einer Oberschule Abitur gemacht und danach das Studienkolleg absolviert. Hier in München bin ich auf JiBB – Junge Menschen in Bildung und Beruf gestoßen. Dort gab es u.a. eine Berufsberatung, Unterstützung bei Bewerbungen und Deutschkurse beim Deutschen Erwachsenen-Bildungswerk. Im DEB hatte ich dann auch den KJR kennengelernt und mich um einen Ausbildungsplatz beworben. Übrigens komme ich zwar aus dem Iran – habe allerdings einen afghanischen Pass. Wie geht es euch in der Ausbildung hier in Deutschland? Raziya: Ich hatte schon viel über das Ausbildungssystem in Deutschland im Internet gelesen: Was bedeutet duale Ausbildung? Wie gehen Schule und Praxis zusammen? Trotzdem war und ist es eine große Herausforderung, beide Teile zu meistern. Ihr sprecht beide sehr gut deutsch – ist die Sprache trotzdem ein Problem? Ellia: Für mich ist die Sprache an sich kein Problem – ich kann mich sehr gut mit meinen Mitschüler*innen und Lehrkräften verständigen. Allerdings gibt es oft neue Fachbegriffe in bestimmten Fächern wie zum Beispiel im Rechnungswesen, die manchmal kompliziert sind, aber sie sind von Relevanz für die Arbeit. Man muss sich anstrengen und mehr lernen als deutsche Auszubildende, die keine Sprachbarrieren haben. Wie viele Mitschüler*innen in eurer Berufsschulklasse sind in einer ähnlichen Lebenssituation wie ihr, so dass ein Austausch möglich ist? Raziya: Es gibt nur eine Mitschülerin mit Migrationshintergrund wie ich, die aber seit 7 Jahren in Deutschland wohnt. Sie hat nur ein wenig Schwierigkeiten beim auf Deutsch Schreiben und Lernen. Ich tausche mich gerne manchmal mit ihr aus. Ellia: Bei mir in der Klasse sind wir drei Leute mit Migrationsgeschichte. Mit einem bin ich gut befreundet, wir bleiben auch außerhalb der Schule immer in Kontakt und tauschen uns aus. Und das Ausbildungssystem selbst – passt das für euch? Raziya: Ich muss mein Leben jetzt gut planen, damit ich alles schaffen kann. Zusätzlich zur Schule besuche ich Nachhilfe-Kurse. Das Gute ist, dass es viele Anlaufstellen gibt, die uns helfen. Ich habe zum Beispiel eine Patin, die mich bei schwierigen Themen unterstützt. Wie seid ihr konkret zum KJR gekommen? Ellia: Bei mir war es Zufall. Ich habe in Heilbronn gewohnt und geAusbildung im KJR: Guter Start ins Berufsleben Wissen teilen, Erfahrungen weitergeben Der Kreisjugendring ist ein gefragter Ausbildungsbetrieb – nicht zuletzt bei Menschen mit Migrationserfahrung. Der Weg über die bürokratischen Hürden der Gesetze macht den Azubis dabei aber oft zu schaffen. Ein Gespräch mit Raziya und Ellia. Welche Ausbildung macht ihr im Moment? Ellia: Ich habe im Herbst letzten Jahres eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann begonnen und bin dem Team Junge Kultur im KJR zugeordnet.
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