K3 No. 2 - Mai 2023

Dachzeile 18 das kommt | 02 | 2023 Leben in der Stadt Schwerpunkt Bekenntnisse zur Nutzung des öffentlichen Raums. Dass es MoNa gibt, heißt für mich: „München hat Bock auf Nachtkultur“; manchmal fehlt es dahinter allerdings noch an konkreter Substanz. Wie sieht also Nachtkultur in den nächsten Jahren aus? Eine Zukunftsperspektive der Nachtkultur besteht für mich aus Handfestem und Attributen. Handfest bedeutet zum Beispiel ein funktionierendes Jugendparty-System oder die Abschaffung des Tanzverbots an stillen Feiertagen. Dazu sehe ich Attribute: divers und vielfältig, sicher und einladend, jugendlicher, visionärer und mutiger. Die Stadt muss sich als Ermöglicher verstehen und zulassen, dass einzelne Projekte auch mal scheitern. Es geht ums Experimentieren und das gemeinsame Wachsen. Dafür ist genug Platz in München. Interview: Marko Junghänel KAY MAYER, Jahrgang 1983 aus Aalen, erstes duales Studium: Eventmanagement, zweites duales Studium: Sozialmanagement, Sozialpädagoge, Leitung Fachstelle MoNa – Moderation der Nacht im Amt für Wohnen und Migration der Landeshauptstadt München Räume für die vielfältige Jugend in der Mitte Münchens Grenzenlos feiern in der Stadt Die letzten Jahre waren von zahlreichen Krisen geprägt. Damit einhergehend gibt es ein gestiegenes Bedürfnis junger Menschen nach Orten, an denen gemeinsam gefeiert und Musik erlebt werden kann. Insbesondere der Bedarf nach nicht-kommerziellen Partys sowie einem niedrigschwelligen Zugang zu Veranstaltungen ohne Konsumzwang ist massiv gestiegen. Als Lösung haben sich in den letzten Jahren viele junge Menschen zusammengetan, um sogenannte „Kollektive“ zu gründen – lose Zusammenschlüsse mit dem gemeinsamen Ziel, Veranstaltungen nach ihren eigenen Vorstellungen anzubieten. Die Kollektiv-Szene ist bunt und vielfältig – hier einige Beispiele: Das Techno Kollektiv Ravescape, das sich vor fünf Jahren gegründet hat, ist heute einer der größten Techno-Veranstalter im Großraum München und hat bereits einige erfolgreiche Newcomer*innen in seinem Team. Das Kollektiv Bushbash, das sich 2017 gegründet hat und mit seinen Open-Air-Raves dank einer Puls-Reportage auf YouTube bekannt geworden ist, hat es sich zur Aufgabe gemacht, sich gesellschaftlich für Free Open-Air-Raves zu engagieren. 2020 wurde zusammen mit den Kollektiven Die Städtischen und IsarBass der Verein Kollektivis e.V. gegründet, um Strukturen und Vernetzungsmöglichkeiten in der Kollektivszene zu schaffen. Die Kollektivis arbeiten aktuell unter dem Dach von Bildungsfreiräume e.V., einem Mitgliedsverband im KJR. Raves sind für junge Menschen nicht nur Partys im herkömmlichen Sinne, sondern eine Mischung aus Kunst, Kultur, Jugendarbeit und Konzerten. So haben sich 2022 mehrere Awareness-Teams gegründet, um sich auf Raves um das Wohlergehen der Gäste und Teams zu kümmern. Sie sind Ansprechpersonen bei sexueller Belästigung, Drogen-Notfällen, psychischen Problemen und jeglicher Art von Diskriminierung und Belästigung. Auf politischer Ebene organisierte währenddessen die Initiative Mehr Lärm für München seit 2014 regelmäßige Demonstrationen, um die Stadt auf die vorangeschrittene Gentrifizierung und den mangelnden Freiraum für Jugendliche und deren Subkultur hinzuweisen. Für das Jahr 2023 sind viele verschiedene Aktionen von Jugendlichen geplant, um weiter auf diesen Missstand hinzuweisen und sich gesellschaftlich zu engagieren. Zudem veranstaltet RaveStreamRadio die sogenannte Nacht der Kollektive, um an einem Abend möglichst vielen verschiedenen Kollektiven die Möglichkeit zu geben, sich zu präsentieren. Abdullah Khan und Jonathan Schock So wollen wir feiern: Outdoor-Raves ohne Konsumzwang – aber sicher und für alle zugänglich Räume für die vielfältige Jugend in der Mitte Münchens Initiative Freiraumen Die Initiative Freiraumen ist ein offenes Bundnis von mehreren jungen Kollektiven im Kontext Freiraume und Jugendkultur. Bekannt geworden ist die Initiative Freiraume im Sommer 2021 durch die dezentrale Freiraumen-Demo mit rund 5.000 Teilnehmenden – organisiert von zahlreichen selbstorganisierten Kollektiven aus der Veranstaltungsszene. Gemeinsam wurden Forderungen zum Thema (Frei-)Raume, Forderung und Ressourcen an die Stadt gestellt. Im Winter 2021 folgte die Aktionswoche „Gib uns!“ mit 35 Workshops zu Kollektivstrukturen, jungen Initiativen und Perspektiven zu Experimentierraumen von und fur junge, kreative und engagierte Menschen. Aufgrund der Corona-Pandemie war die Umsetzung eines Kongresses erst im Dezember 2022 moglich. In einem 6.000 qm großen Leerstand im Munchner Hauptbahnhofsviertel wurde Platz fur ein vielseitiges Workshop-Angebot, offene Diskussionsrunden und Kulturprogramm geschaffen. Ziel des Forums für Freiraum war es, den Themenkomplex Freiraume erneut in den offentlichen Diskurs zu bringen. Vom 26. bis zum 31. Dezember 2022 wurde das Thema Freiraum in dem leerstehenden Gebäude in der Schillerstraße 38 aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und gemeinsam verhandelt. Das Forum diente dabei als prozessorientierter Experimentierraum. Kulturschaffende, Kollektive, Du lebst in der Großstadt München. Was bedeutet das für dich? Was ist gut daran? Was hat es für Nachteile? » Ich finde es gut, dass man ins Schwimmbad gehen kann. Ich mag es nicht, dass wir in die Stadt gehen, weil da kaufen wir mit der Mama immer ein und das mag ich nicht. (Elena, 7) Foto: Kollektivis

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