K3 No. 1 - Februar 2023

7 das kommt | 01 | 2023 das war Ernst Grube ist 90 geworden und Ehrenbürger von München Ernst Grube, Überlebender des NS-Regimes und Holocaust wurde an diesem Abend nicht nur für seinen runden Geburtstag gefeiert, sondern vor allem für sein Lebenswerk, als Zeitzeuge, als entschiedener Streiter für eine gerechtere, solidarische, friedliche Gesellschaft, die alle Menschen ohne Unterschied in ihrer Mitte aufnimmt. Und dies immer in der Erinnerung an barbarische Zeiten, in denen Gewissen, Menschenrechte und Menschenliebe keinen Stellenwert besaßen, in denen er und seine Familie wegen ihrer jüdischen Wurzeln Ausgrenzung, Demütigung, Verfolgung und Verschleppung in das KZ Theresienstadt erfahren mussten. Dass sich auch München endlich seiner tiefbraunen Vergangenheit als „Hauptstadt der Bewegung“ stellt, seine Geschichte dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich macht, dafür setzte sich Ernst unermüdlich ein. Seine Gespräche mit Schüler*innen und Jugendgruppen bleiben ungezählt, sein Einsatz für diejenigen, die in unserer Gesellschaft keine Stimme haben, ist nicht genug zu würdigen. Staat und Behörden sahen das lange anders, überzogen Ernst Grube, den bekennenden Kommunisten, mit Haft und Repressionen und schämten sich nicht, ihn im bayerischen Verfassungsschutzbericht als linksextrem zu diffamieren. Der erfolgreiche Proteststurm kam aus der Gesellschaft, ebenso die Anerkennung seines immerwährenden Engagements mit Würdigungen und Preisen. An diesem 13. Dezember, dem Abend seiner Geburtstagsfeier, feierte ihn der ganze Saal und würdigte auch seine Frau Helga, die ihm eine so großartige Unterstützung ist. Schließlich wurde bekanntgegeben, Ernst Grube mit der Ehrenbürgerschaft der Landeshauptstadt München auszuzeichnen. Als KJR München-Stadt, dem Ernst immer verbunden ist, freuen wir uns ganz besonders Lieber Ernst – Habe die Ehre! 13. Dezember 2022, NS-Dokumentationszentrum: Ein übervoller Veranstaltungssaal, Vertreter*innen aus Politik, Weggefährt*innen, Mitstreiter*innen und Freund*innen sind gekommen, um einem zu gratulieren an einem Ort, für den er so viele Jahre leidenschaftlich gekämpft hat … und gratulieren aufs Herzlichste unserem Begleiter, unserem Vorbild und Freund! Sylvia Holhut, Demokratische Jugendbildung, KJR Sylvia Holhut geht in den Ruhestand eigenen Ideen, mit ihren Themen und Fragen und gerne auch experimentieren“, sagt die Pädagogin. Ein solches Experiment ist Sommer.dok – die JugendGeschichtsWerkstatt, die erstmals im Sommer 2013 auf den Königsplatz einlud. Seither zeigt Sommer.dok jedes Jahr, wie sehr sich die Beschäftigung mit Geschichte von angestaubten Geschichtsstunden unterscheidet, wenn Jugendliche und junge Erwachsene das selbst gestalten. Das Jugendprojekt erhielt für seine attraktive, partizipative und qualifizierte Bildung 2018 den 1. Preis des Mosaik-Wettbewerbs der Städte München und Nürnberg. Auch so kann ein Lernort ausschauen. Oder wie das feuerrote „Demokratiemobil“, das seit 2017 in München unterwegs ist und auf der Straße mit Menschen über Politik und Demokratie redet und sie zum Wählen motiviert. Die Fachstelle Demokratische Jugendbildung und ihre Leiterin Sylvia Holhut haben in den letzten 17 Jahren zahlreiche kleine und große Projekte angestoßen und realisiert und Ernst Grube als Zeitzeuge bei Sommer.dok oft auch in Kooperationen mitgewirkt. Einen guten Überblick über die erstem 10 Jahre gibt die 2017 erschienene Broschüre „10 Jahre Zeitgeschichtl iche Projekte – Demokratische Jugendbildung“ (abrufbar unter www.kjr-url.de/k3-zp). „Demokratie ist kein Dampfer, dessen Kapitän man sich anvertraut, sondern ein Boot, in dem wir alle mitrudern müssen!“ Besonders dankbar ist Holhut für die vielen Begegnungen mit Überlebenden des Nazi-Regimes, die sie im Laufe ihrer Arbeit kennenlernen durfte. „Sie waren und sind mir persönlich nicht nur Ratgeber und Ratgeberinnen, Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, sondern manchmal auch Freunde und Freundinnen geworden“, sagt sie. Am 31. Januar verabschiedete sich Sylvia Holhut in den Ruhestand. Für junge Menschen und unsere Gesellschaft als Ganzes wünscht sie sich, wie es der Jurist Fritz Bauer „perfekt ausgedrückt“ hat: „Demokratie ist `kein Dampfer, dessen Kapitän man sich anvertraut, sondern ein Boot, in dem wir alle mitrudern müssen´. Wir haben in unserer Demokratie eine sehr gute Grundlage. Sie ist nicht perfekt, aber es liegt an uns, sie zu gestalten und zu verbessern.“ Die Fachstelle Demokratische Jugendbildung wird die von Holhut begonnene Arbeit weiterführen und hat dafür in Laura Pulz eine engagierte neue Leiterin gefunden. Sie kommt von der Gewerkschaft Verdi zum KJR und kennt diesen bereits aus ihrer ehrenamtlichen Arbeit, unter anderem ihrer Vorstandstätigkeit von 2010 bis 2014. Ihr Ziel ist es, „zusammen mit jungen Menschen aus der Vergangenheit zu lernen und für eine bessere Zukunft zu kämpfen“. Gecko Wagner, Öffentlichkeitsarbeit, KJR Ausführliche Version des Textes und Audiobeitrag unter www.kjr-url.de/k3-sh

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjk2NDUy