K3 No. 2 - Mai 2022

| 02 | 2022 19 Generationen Schwerpunkt Berufs-Generationen in der KoRi Schneckenstein Nur das Wohl der Kinder zählt Befinden sich die Berufe der Kinderpfleger*innen und Erzieher*innen im Wandel? Oder ist doch alles wie immer? Drei Generationen von Mitarbeiterinnen in der KoRi Schneckenstein werfen einen Blick auf ihr Tätigkeitsfeld. Ein Haus für unterschiedliche alte Kinder – und ein Haus für verschiedene Generationen von Mitarbeitenden Emel ist 2001 geboren, Johanna 1967 und Sylvie erblickte 1959 das Licht der Welt. Welche Schlagwörter fallen euch jeweils zu euren Berufen ein? Johanna: Ich verbinde den Beruf der Kinderpflegerin mit Abwechslung und vielseitigen Tätigkeiten. Man kann mit den Kindern drinnen und draußen etwas machen, allein oder in der Gruppe. Sylvie: Für mich als Erzieherin steht im Mittelpunkt, die Entwicklung der Kinder zu begleiten und zu unterstützen. Emel: Als Kinderpflegerin helfe ich Kindern dabei, ihren Weg ins Leben zu finden. Seht ihr euch als Ergänzung zur Familie? Johanna: Familien sind eigene Orte – ebenso wie wir hier in der Einrichtung eine eigene Lebenswelt repräsentieren. Sylvie: Es gibt Kinder, die später für ein Praktikum wiederkommen. Das heißt, dass wir so eine Art Familie sind, in die man gern zurückkehrt. Johanna und ich sind seit 2008 in der Einrichtung und wir haben das schon öfter erlebt. Emel – zwischen dir und Sylvie liegen altersmäßig über 40 Jahre. Wie habt ihr beide zu euren Berufen gefunden? Emel: Ich habe zwei Jahre die Kinderpflegeschule besucht. Dabei wechseln sich theoretische Ausbildung und Praxis ab. Das hat mir gefallen. Im ersten Jahr hatte ich meine Praxiseinsätze in der Kinderkrippe – im zweiten Jahr im Kindergarten. Sylvie: Ich bin Erzieherin und habe eine vierjährige Ausbildung absolviert – bin aber erst mit 40 in den Beruf eingestiegen. Ich habe Abitur und konnte die Fachakademie deshalb nach vier Jahren abschließen. Hat sich die Ausbildung verändert? Sylvie: Wenn ich unsere Praktikantinnen* und Praktikanten* sehen, merke ich, dass die mehr zu tun haben als ich früher. Sie müssen zum Beispiel häufiger Berichte schreiben. Johanna: Neu ist die Arbeit mit Medien. Wir haben jetzt auch Tablets, die wir zusammen mit den Kindern nutzen. Das gab es in der Zeit unserer Ausbildung natürlich nicht. Emel: Ich habe meine Ausbildung schon sehr digital gemacht – bei Johanna und Sylvie war die Ausbildung wahrscheinlich mehr analog. Sylvie: Es ist absolut interessant zu beobachten, wie selbstverständlich Kinder heute mit Medien umgehen. Das kann man gut für pädagogische Aufgaben nutzen, wenn man etwa mit Kindern herausfinden will, warum es zu einem Vulkanausbruch kommt. Haben sich die Themen in der Einrichtung geändert? Sylvie: Spätestens seit Corona ist Gesundheit ein Thema in der Arbeit mit Kindern – aber auch Umweltschutz. Kinder interessieren sich für das Klima – da müssen wir darauf reagieren können. Haben sich die Kinder bzw. die Eltern verändert? Johanna: Es gibt nicht selten Ansprüche der Eltern, dass ihre Kinder Sprachunterricht in der Kita bekommen sollen. Das ist aber nicht unsere Aufgabe. Sylvie: Die Anforderungen seitens der Eltern sind in der Tat umfassender geworden. Ich sage den Eltern dann immer, dass die Kinder Zeit zur Entwicklung brauchen und dass das hervorragend im Spiel passiert. Kinder sind Kinder – da hat sich in all den Jahren nicht viel verändert. Und sie sind neugierig, da setzen wir an. Mit welchen Vorstellungen und Idealen habt ihr nach eurer Ausbildung die Arbeit begonnen? Emel: Theorie und Praxis stimmen nur teilweise überein. In der Einrichtung ist das Leben doch anders als während der Ausbildung. Die Unterschiede haben aber weniger mit der Zugehörigkeit zu einer Generation zu tun, sondern mit dem eigenen Selbstbild in der Arbeit mit Kindern. Ich lerne jedenfalls nach meiner Ausbildung immer noch jeden Tag dazu. Johanna: Alle bringen eigene Ideen und Ideale mit und tun das, was sie am besten können. So ergänzen wir uns unabhängig von unserem Alter und unseren Erfahrungen gegenseitig. Allerdings setzt das Offenheit für Neues voraus. Und der Arbeitsalltag – mehr Verwaltung, mehr Verantwortung? Johanna: Der Papierkram und die Dokumentation nehmen heute schon deutlich mehr Zeit in Anspruch als früher. Sylvie: Diese Zeit fehlt uns dann manchmal für die direkte Arbeit mit den Kindern. Und einige Dinge – wie zum Beispiel das Erstellen des Portfolio-Albums – sind sehr individuell; gut für das Kind, aber ein hoher Zeitaufwand. Auch die Kommunikation mit den Eltern ist umfangreicher geworden. Hat sich in der gesellschaftlichen Anerkennung der beiden Berufe etwas verändert? Johanna: Es ist leider immer noch so: wegen des Geldes ergreift niemand diese Berufe. Emel: Unsere Berufe werden weiterhin unterschätzt. Die Gesellschaft denkt oft, dass man den ganzen Tag mit den Kindern spielt und im Garten herumtobt. Aber das ist viel mehr und beinhaltet ein hohes Maß an Verantwortung. Sylvie: Viele Eltern sind aber froh, dass wir ihren Familienalltag erleichtern. Früher war alles besser – stimmt das? Johanna: Jede Generation erlebt Vor- und Nachteile in ihrer Ausbildung und im späteren Beruf. Gut ist, wenn wir voneinander lernen. Foto: Marko Junghänel

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