K3 No. 2 - Mai 2022

11 das kommt | 02 | 2022 das war Täglich besuchen viele Kinder und Jugendliche die KJR-Einrichtungen. Was ist eigentlich im Laufe der vielen Jahre aus ihnen geworden? Welche Wirkung hatte der Kontakt mit den Pädagoginnen und Pädagogen in den Einrichtungen, die Teilnahme an einer Ferienfahrt oder einem Bildungsangebot? In dieser Serie berichten ehemalige Besucherinnen und Besucher über ihre Erlebnisse und wie sie auf dem Weg zum selbstbestimmten Leben gut begleitet und individuell unterstützt wurden. Lang ist‘s her – läuft bei mir! Das SBZ war einfach ein zentraler Ort, wo man sich mit seinen Freunden treffen und quatschen konnte und mit allen Anliegen zu den Pädagogen gehen konnte. Es wurde uns zugehört. Außerdem konnte man mit dem SBZ bereits als Jugendlicher gemeinsam mit seinen Freunden in den Urlaub fahren, so dass es die Eltern auch erlaubt haben. Ich war zum Beispiel in Ungarn und Prag dabei. Wir reden im Freundeskreis ständig über die Ferienfreizeiten, weil es eine ziemlich geile Zeit war, an die wir gerne denken. Genervt haben mich im SBZ oft die Hausregeln. Aber wir sind trotzdem hingegangen. Wir haben zum Beispiel immer Eistee getrunken, aber wir durften keine Tetra-Packs mit ins SBZ nehmen. Die Pädagogen haben gesagt, das wäre schlecht für die Umwelt. Dann haben wir die Tetra-Packs immer draußen versteckt und mussten zum Trinken rausgehen. Pädagogisch war das schon gut. Aber als Jugendlicher denkt man sich: „Was für eine Scheiße!“ Zu meinem heutigen Beruf bin ich gekommen, weil ich damals mit der Schule auf einer Berufsmesse war. Da gab es ein paar Stellen, die mir gefallen haben: das war unter anderem Bankkaufmann und Industriekaufmann. Und die Anlaufstelle für Bewerbungen war dann das SBZ. Ich habe damals vielleicht fünf Bewerbungen geschrieben. Dann wurde ich bei der Bank genommen. Nach meiner Ausbildung habe ich ein berufsbegleitendes Studium angefangen, das ich dann als Bankfachwirt abgeschlossen habe. Jetzt bin ich Privatkundenberater und Ausbilder. Mathias (alias Loomit), 53 Jahre, war 1988 Besucher vom Zeugnerhof und lernte später noch die Färberei kennen. Ich war das erste Mal 1988 mit 19 Jahren im Zeugnerhof. Die ganze Sprüher-Szene traf sich dort. Zum einen hatte Astrid Weindl, die dort als Pädagogin arbeitete, ein Atelier unterm Dach für junge Sprüher eingerichtet. Zum anderen leistete Akim Walta, Herausgeber des angesagten Graffiti-Magazins „on the run“, zu dieser Zeit seinen Zivildienst im Zeugnerhof. Von daher war man vernetzt und wusste eben, wo man hinkann. Bereits als Schüler bekam ich ganz legal Aufträge für Graffitis von Werbeagenturen. Nach dem Abitur leistete ich meinen Zivildienst an der Rezeption im Jugendgästehaus Thalkirchen. Dort kam mir der Schichtdienst sehr entgegen, so konnte ich weiter meine Graffiti-Auftragsarbeiten machen und mir finanzielle Mittel für meine Weltreise erarbeiten, die ich Anfang der 90er Jahre antrat. Ich jobbte überall, habe meine Aufträge für Graffitis auf der Straße bekommen und konnte meinen Lebensunterhalt gut finanzieren. Von unterwegs aus berichtete ich Akim Walta für sein Magazin, was sich in Sachen Graffiti auf der Welt tat. 1999 wechselte Astrid Weindl in die KJR-Einrichtung „Die Färberei“, die unter ihrer Leitung die wichtigste Anlaufstelle für Graffiti- und Kunstschaffende wurde. Deshalb war auch ich dort. Übrigens habe ich dort 2001 meine Hochzeit gefeiert. Ich bin nach wie vor als Street-Art-Künstler unterwegs, initiiere auch gern mal Zwischennutzungsprojekte wie „Z common ground“ in der Zschokkestraße. Ich gebe Kurse an der VHS für Jugendliche, arbeite an Schulen im Rahmen vom Projekt K.I.D.S (Kreativität an der Schule) und unterstütze immer gerne den Zeugnerhof bei Graffiti-Projekten. Die Sozialpädagogen und -pädagoginnen in den Jugendzentren sind total wichtig für die Arbeit mit Jugendlichen, ich schätze den Kreisjugendring München-Stadt sehr. Ich lebe mal in München und mal in Günzburg in unserem 180 Jahre alten Bauernhaus. Ich bin verheiratet und Vater von zwei (erwachsenen) Kindern.

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