K3 No. 1 - Februar 2022

Dachzeile 18 das kommt | 01 | 2022 Resilienz und psychische Gesundheit Schwerpunk Praxis in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) genutzt und möchte ermutigen, die Dimensionen von Resilienz als Ergänzung für die Arbeit in den Einrichtungen heranzuziehen. Wie kann Resilienz gefördert werden, ohne neue Angebote oder Methoden in der OKJA zu entwickeln? Wir arbeiten in einem sich schnell wandelnden pädagogischen Arbeitsfeld mit immer neuen Themen, Aufgaben, Zielrichtungen und sind auch im fachlichen Diskurs immer wieder gefordert, Schwerpunkte neu zu setzen. Was aber immer im Vordergrund geblieben ist, ist unser Auftrag, Kinder und Jugendliche zu einem mündigen, selbständigen Leben in unserer Gesellschaft zu verhelfen. Oft ist es schwierig festzustellen, ob wir mit diesem Auftrag Erfolg hatten. Resilienz kann ein guter Indikator für die eigene Wirksamkeit sein, die sich vor allem erst Jahre später zeigt und die häufig unbemerkt an uns vorüberzieht. Derzeit hängen im Rahmen der „Galerie 90“ Geschichten von Besucher*innen und Besuchern* vieler Freizeitstätten an den Wänden und erzählen, wie sehr die OKJA, die nun mehr jungen bis alten Erwachsenen geprägt hat. Viele von ihnen sind mittlerweile ebenfalls Kolleginnen* oder Kollegen* geworden, haben ihr eigenes Leben in die Hand genommen und sind trotz ihrer oft kurvigen Lebensläufe in der Gesellschaft angekommen. Bekannt, bewährt Resilienz ist eine erlernte Fähigkeit basierend auf konkreten Erfahrungen im Austausch mit der Umwelt. Sie verändert sich im Laufe des Lebens und ist von ihrem Umfeld abhängig (vgl. Kuhlenkamp, 2017, S. 103). Partizipation, Empowerment, Empathie, Wertschätzung, Toleranz, Parteilichkeit, Selbstwirksamkeit – all dies sind Begriffe, die durch die pädagogische Praxis einen Wert erhalten und direkt die Entwicklung unserer Besucher*innen fördern. Resilienz kann das Ergebnis eines Prozesses sein, der belegt, ob diese Begriffe gewirkt haben. Es müssen also nicht immer neue Methodem oder Projekte darauf ausgelegt werden, Resilienz zu stärken. Vielmehr kann man mit aktuellen Angeboten diese fördern, indem man den Fokus darauf richtet. Ein Beispiel: Im Alltag kommen viele Jugendliche in die Freizeitstätten und suchen Hilfe beim Erstellen von Bewerbungen, oft spontan, mit wenig Zeit und mit dem Satz „Ich brauche es bis morgen.“ Nun hat die Praxis zwei Optionen: Wir helfen so gut es geht, formulieren Phrasen vor und kommen schnell zu einem guten Ergebnis. Wir unterstützen den jungen Menschen bei einem akuten Problem und bauen Stressoren ab. Die andere Möglichkeit ist, einen Termin zu vereinbaren für eine Schulung wie eine Bewerbung selbständig geschrieben werden kann. Viele Angebote in der OKJA haben sich über Jahrzehnte bewährt – darauf sollen pädagogische Teams auch in Corona-Zeiten zurückgreifen. Vertrauen in sich und die eigenen Fähigkeiten. Sie entwickeln kreative Lösungen und individuelle Bewältigungsstrategien. Sie interagieren mit ihrer Umwelt und ihren Mitmenschen, erlernen dabei kommunikative und soziale Kompetenzen und werden zu selbstbestimmten kreativen Bewältigerinnen* und Bewältigern* von Krisen. Stabil durch Krisen Im Endeffekt sind Entscheidungsträger*innen in Politik und Verwaltung sowie verantwortlich Gestaltende der Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen in Ausbildung und Freizeit gut damit beraten, Angebote der Kulturellen Bildung präventiv und in akuten Krisensituationen finanzielle und strukturelle (Spiel-)Räume zu ermöglichen. Kulturelle Bildung ist nicht nur eine lebensbegleitende Zusatzqualifikation, sondern eine überlebenswichtige Grundausbildung mit Anspruch auf lebenslange Entwicklungsprozesse als Krisenprävention sowie emotionaler Werkzeugkasten für den individuellen Weg durch die Krise. Dabei braucht es zunächst keine neuen Konzepte, teure Studien oder planungsintensive Neubauten. Viele Strukturen, Kompetenzen und Menschen, die mit Leidenschaft Kunst und Kultur vermitteln, sind bereits aktiv und müssen nur unterstützt und gefördert werden. In der Publikation „Kultur. Spiel. Resilienz. Vom Wert der Kulturellen Bildung in Krisen“ beantworten 48 Expertinnen* und Experten* in Theorie und Praxis unter anderem die Fragen, warum und wie kulturelle Spiel- und Erfahrungsräume dabei helfen, in Krisensituationen psychisch und seelisch stabil zu bleiben. Je früher Kinder und Jugendliche ihren rechtlich begründeten und barrierefreien Zugang zu Kultureller Bildung erhalten und in kulturell-kreativen Tätigkeiten Selbstwirksamkeit erfahren, umso mehr sorgt die dabei entstehende persönliche und gesellschaftliche Resilienz für einen selbstbewussten und bereichernden Umgang mit Krisen. Weitere Infos unter: www.spielkultur. de/kultur-spiel-resilienz/ M I CHA E L D I E T R I CH aus Weilheim, Studium der Pädagogik, Psychologie und Soziologie, Geschäftsführer und Vorstand von PA/SPIELkultur e.V. in München V I K TOR I JA Z A L C B E RGA I T E, Jahrgang 1993 aus Augsburg, Studium Soziale Arbeit, Sozialpädagogin bei PA/SPIELkultur e.V. in München Resilienz in der OKJA Man muss nicht immer das Rad neu erfinden In den vergangenen Jahren war und ist Resilienz ein wichtiger Begriff vor allem der psychologischen Forschung, aber auch der pädagogischen Praxis. Sie beschreibt die Fähigkeit, stressbehaftete Lebenssituationen zu überstehen, ohne anhaltende psychische, körperliche oder soziale Beeinträchtigungen (vgl. Mergenthaler 2012, S. 61.). Sie ist aber noch weiter nach Unger (2008) verbunden mit einer intrinsischen Motivation, trotz widriger Umstände zu den Ressourcen, die für das eigene Wohlergehen benötigt werden, selbst zu gelangen bzw. diese einzufordern. (vgl. Gharabaghi, 2013, S. 3). Dementsprechend ist es eine Fähigkeit, die den Menschen auch in der Zukunft schützen kann. Für die pädagogische Praxis kann Resilienz eine Form der Selbsthilfe sein. So habe ich den Begriff für meine bislang 16-jährige pädagogische Bild: fsHH auf Pixabay.com

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