K3 No. 6 - Dezember 2021
17 das kommt | 06 | 2021 das war Täglich besuchen viele Kinder und Jugendliche die KJR-Einrichtungen. Was ist eigentlich im Laufe der vielen Jahre aus ihnen geworden? Welche Wirkung hatte der Kontakt mit den Pädagoginnen und Pädagogen in den Einrichtungen, die Teilnahme an einer Ferienfahrt oder einem Bildungsangebot? In dieser Serie berichten ehemalige Besucherinnen und Besucher über ihre Erlebnisse und wie sie auf dem Weg zum selbstbestimmten Leben gut begleitet und individuell unterstützt wurden. Lang ist‘s her – läuft bei mir! Lu (42) besuchte das SBZ Sendling. Allerdings dauerte es noch eine Weile, bis ich mich traute, näherzutreten und zu sehen, was in diesem Haus voller Kinder überhaupt so los war. Schließlich konnte ich mich ja noch nicht so gut verständigen. Irgendwann sprach mich ein Kind an und nahm mich einfach mit rein ... in den Kindertreff. Wow, was es da alles gab ... sogar Ausflüge! Und eine Frau mit so schönen Augen, die mit uns kochte und bastelte! Ich fühlte mich gleich pudelwohl und verbrachte einige Zeit dort ... „Ich fühlte mich gleich pudelwohl“ Irgendwann war ich zu cool für den Kinder- treff, ich war nun schließlich um die zwölf und fast erwachsen! Also musste ich irgend- wie zu den coolen Kids in den Jugendtreff ... der Zugang dorthin war HipHop-Musik, die ich damals liebte. Wir hatten sogar eine eigene Mädchentanzgruppe (damals machten das nur Jungs). Der Jugendtreff richtete Partys und Tanzwettbewerbe aus, an denen wir regelmäßig mit viel Freude und Leiden- schaft teilnahmen. Unvergesslich! Damals sind Freundschaften entstanden, die bis heute halten. Heute bin ich selbst Sozialpädagogin, habe sogar u.a. im SBZ Sendling, wie es heute heißt, gearbeitet. Ich liebe meinen Job, sicherlich auch, weil ich damals schon Vorbilder hatte, die diesen Job für mich interessant machten. Danke Sylvia, danke Ulli, danke Memo, danke Edi, danke Nilgün und danke an alle lieben Pädagogen und Pädagoginnen, die damals da waren. Ihr habt mir sehr geholfen und mir viel Gutes vermittelt. Sylvias Rezept von gefüllten Paprika kommt heute noch klasse an! Als ich 1982 nach Deutschland kam, war ich etwas irritiert. Man hatte mich von heute auf morgen von der Copacabana an die Isar geholt ... Naja. Nach einiger Zeit entdeckte ich jedoch einen Ort, an dem sich auffällig viele Kinder aufhielten. Praktisch: gegenüber war ein Kiosk, der Süßes für 5 oder 10 Pfennig verkaufte .... ein perfekter Ort für mich! Felice (21) hat den Kindertreff Sendling von der 1. bis zur 4. Klasse besucht. Ich heiße Felice und ich war von der 1. bis zur 4. Klasse nach der Schule im Kindertreff. Und das jeden Tag von Montag bis Freitag, außer in den Ferien. Ich bin dort wirklich immer sehr gerne hingegangen. Das Schöne war, dass jeder Nachmittag dort anders ver- lief. Im Gebäude konnte man immer wunder- bar mit anderen spielen, denn es war immer was los. Aber wenn man wollte, hatte man auch seine Ruhe. Es gab auch einen Garten. Dort gab es Rha- barber, mit dem ab und zu Kuchen gebacken wurde, Pfefferminze, mit der wir Tee mach- ten, oder auch Beeren, die wir regelmäßig gepflückt haben. Aber es wurde nicht nur im Kindertreff jeden Tag etwas Neues geboten, sondern es gab auch viele Ausflüge. Sehr gut erinnere ich mich noch an den Reiterhof, zu dem wir öfter gefahren sind. Aber es ging auch zum Klettern, ins Museum oder ins Theater. Wir übernachteten sogar einige Male im Deut- schen Museum. Jeden Sommer verbrachten wir einige Tage auf einer Hütte mit einem kleinen Pool zum Abkühlen. Auch hier verlief jeder Tag anders, vom einfachen Wandern bis hin zur langen Schatzsuche in den Bergen, die damals das absolute Highlight war. Na- türlich war ich jedes Jahr dabei. Mittlerweile bin ich 21 Jahre alt und stu- diere Energie- und Gebäudetechnik an der Hochschule in München. Wenn ich an die Zeit im Kindertreff zurückdenke, bin ich sehr dankbar für die Vielzahl an Angeboten, die zur Auswahl standen, und ich bin glücklich, dass ich so viel erleben durfte! Dafür möchte ich mich bei allen herzlichst bedanken! „Das Schöne war, dass jeder Nachmittag dort anders verlief“
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