K3 No. 5 - Oktober 2021
10 das kommt | 05 | 2021 das war 75 Jahre KJR aus Sicht von Besucherinnen* und Besuchern* der Freizeitstätten Wann und wie hattet ihr erstmals Kontakt zum KJR? Lisa Feltl: Ich bin 20 Jahre alt und seit etwa zehn Jahren bei den Pfadfindern. So entstand auch der erste Kontakt zum Jugendring. Mit etwa 15 Jahren kam ich erstmals in eine Einrichtung des KJR – das Café Netzwerk. Mich haben vor allem die Treffen der Youtu- ber*innen interessiert, die dort stattfanden. Diese Treffen gab es irgendwann nicht mehr, und ich bin während der Sommerferien 2019 in den Jugendtreff am Biederstein gekommen. Falko von Schweinitz: Bei mir lief das ein wenig anders. Nicht ich habe den Kreisjugend ring gefunden, sondern er hat mich gefun- den. 1974 hatte meine Mutter begonnen, im Jugendtreff Lerchenauer als Sozialpädagogin zu arbeiten. Ich war zu der Zeit noch sehr jung – und wie das früher so war – man rutsche fast zwangsläufig selbst rein in diese Welt, enga- gierte sich und arbeitete mit, wann immer man gebraucht wurde. Ich selbst half im Ler- chenauer bei der Hausaufgabenbetreuung. Meine Mutter hat also für mich die Türen zum KJR und zu seinen Einrichtungen geöffnet. Sie hatte damals zum Beispiel ein Fotolabor im Lerchenauer eingerichtet. Das musste ja installiert werden – da war ich dabei. Warum bist du ins Biederstein gekommen? Lisa: Freundinnen* und Freunde*, die auch bei den Pfadis waren, haben mir wohl davon erzählt. Vielleicht hatte ich auch in den sozialen Medien darüber gelesen – so genau weiß ich das gar nicht mehr. Ich wusste nur, dass es da eine Einrichtung gibt, in der das Tanzen im Mittelpunkt steht. Ich habe schon immer gern getanzt, deshalb hat mich das natürlich interessiert, und ich bin einfach hingegangen. Es dauerte nicht lange, bis ich an den ersten Workshops teilnahm. Der Kontakt kam also aufgrund der tollen Angebote des Hauses zu- stande. So bin ich bis heute regelmäßig dort. Übrigens spielt es gar keine so große Rolle, ob der Freizeittreff in der Nachbarschaft ist. Im Biederstein kommt beispielsweise eine Besucherin regelmäßig aus Holzkirchen, um dort zu tanzen und sich mit Gleichaltrigen zu treffen. Tanzen könnte man ja auch im professio- nellen Tanzstudio … Lisa: Das Tolle am Biederstein ist, dass die Workshops von jungen Leuten gemacht wer- den, die nur wenig älter sind als die Teilneh- menden selbst. Angebote von Jugendlichen für Jugendliche – das ist wohl das Erfolgs- geheimnis; und natürlich der Preis. Während der Corona-Krise waren die Workshops sogar komplett kostenlos, sonst kosten sie einen Euro. In einem Tanzstudio zahlt man 20 bis 30 Euro pro Stunde. Das können und wollen sich viele junge Menschen nicht leisten. Au- ßerdem bin ich mit fast allen im Biederstein befreundet. Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Falko: Bei mir war es immer so, dass ich beim KJR das Gefühl hatte, etwas Vernünftiges zu tun, mich um Gleichaltrige kümmern kann. Das hat Spaß gemacht und ich habe viel Dankbarkeit erfahren. Ich kenne zwar nur das Lerchenauer und das Dülfer, aber ich denke, dass das alle Freizeitstätten aus- zeichnet. Man fühlt sich aufgehoben, hat tolle neue Kontakte und viel Spaß. Wir haben außerdem immer viel unternommen. Der KJR und seine Einrichtungen waren und sind für mich eine Art Schmelztiegel. Hier treffen sich unterschiedlichste Menschen. Man muss den Pädagoginnen* und Pädagogen*, die dort arbeiten, ausdrücklich bescheinigen, dass sie sich immer auf die Bedürfnisse der Jugendlichen einstellen. Die Freizeitstätten sind also eine inter- kulturelle Begegnungsstätte … Falko: Ganz genau. Menschen aus den ver- schiedensten Ländern, mit unterschiedlichen Religionen und Biografien treffen sich dort. Mit vielen von ihnen wäre man sonst nie zusammengekommen. Ich habe dabei ge- lernt, wie problemlos und bereichernd das ist – auch wenn es natürlich mal Ärger gab. Die Einrichtungen sind sinnstiftend für die Jugendlichen, weil alle akzeptiert sind und sich einbringen können. Lisa: Sowohl bei den Pfadis als auch im Bie- derstein haben Nationalitäten nie eine Rolle gespielt. Es geht darum, gemeinsam eine tolle Zeit zu verbringen. Wenn ich das nicht gehabt hätte, hätte ich auch ganz sicher nicht so viele Freundinnen* und Freunde*. Trotz aller Unterschiede findet man zusammen. Haben der Jugendring und seine Ein- richtungen euch in eurer Lebensplanung unterstützt und beeinflusst, zum Beispiel in der Frage der Berufswahl? Lisa: Ich habe Anfang September eine Aus- bildung zur Schreinerin begonnen. Dazu bin ich vor allem über die Pfadis gekommen, weil wir ja Hütten bauen und viel mit Holz arbeiten. Das Tanzen wäre zwar auch schön als Job, man kommt da aber schwer rein in die professionelle Szene und hat ein unsicheres Einkommen. In der Freizeitstätte unterhält man sich ganz oft über diese Dinge mit dem Team oder anderen Jugendlichen und ge- winnt so ein wenig mehr Klarheit darüber, was man beruflich machen will. Falko: Mich hat das Lerchenauer vor allem sozial geprägt, weil ich dort diese Sinnhaftig- keit erfahren habe. Ich habe gelernt, für mich und andere Menschen Verantwortung zu übernehmen. Es stimmt schon, dass man dort auch Impulse für die eigene berufliche Zukunft bekommt. Konstanz und Wandel im Spiegel Lisa Feltl und Falko von Schweinitz verbinden den Kreisjugend ring München-Stadt in ihren Biografien vor allem mit seinen Freizeitstätten und verraten im Interview: diese Einrichtungen sind heute wichtiger denn je! Lisa Feltl Jahrgang: 2001, geboren in München, derzeit im zweiten Ausbildungsjahr zur Schreinerin, Stammgast im Jugendtreff am Biederstein, Pfadfinderin im VCP, Übungs- leiterin für Kinderturnen
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjk2NDUy