K3 No. 4 - September 2021

Dachzeile 34 das kommt | 04 | 2021 Arbeit und Beruf(sorientierung) Schwerpunk Beispiel Trick-Ski und Surfen und mir häufiger Verletzungen zugezogen hatte, dachte ich zunächst an eine Ausbildung zum Physiotherapeuten. Ein Freund fragte mich, warum ich nicht einfach die Fl iegen- fischer-Schule meines Vaters übernehme. In dem Moment hat es bei mir „geschnackelt“ und ich wusste, womit ich künftig mein Brot verdienen wollte. Ich hatte keinen „Plan B“ für den Fall, dass es mit der Fliegenfischer-Schule nicht klappen sollte. Ich wollte mich ganz und gar auf die neue Herausforderung einlassen und all meine Kraft dort hineingeben. Du hast es sicher oft mit Teilnehmenden zu tun, die wesentlich älter sind als du … Das ist manchmal schon eine Herausforderung. Ich habe überwiegend Kundinnen* und Kunden*, die zwischen 40 und 70 Jahre alt sind. Um da als 20-Jähriger zu bestehen, braucht es ein kompetentes Auftreten und – noch wichtiger – Erfahrung und Praxiswissen. Über beides verfüge ich. Ich kann den Leuten genau erklären, welchen Köder sie benötigen, wie man eine Fliege (Köder beim Fliegenfischen, Anm.d.Red.) bindet und wie man die Angel richtig wirft. Schwierig ist es, mit der Erwar- tungshaltung einiger Teilnehmenden umzugehen, die unbedingt was fangen wollen. Es gibt aber keine Fanggarantie. Mit dieser Enttäuschung muss ich manchmal auch umgehen. Was fasziniert dich so sehr am Fliegenfischen, dass du einen Beruf daraus gemacht hast? Fliegenfischen heißt vor allem, in der Natur zu sein und sich mit ihr zu verbinden. Außerdem muss man, wenn man einen Fisch fangen möchte, hundertprozentig im Augenblick – in der Gegenwart – sein. Das hat etwas sehr Meditatives, fast wie beim japanischen Bogenschießen. Du triffst erst das Ziel oder fängst dann den Fisch, wenn du aufhörst, treffen oder den Fisch fangen zu wollen. Das hört sich paradox an, bedeutet aber nichts anderes, als innerlich leer, vollkommen absichts- los zu werden. Beim Fischen geht es nicht darum, möglichst viele und große Fische zu fangen, sondern darum, entspannt, präsent und im Augenblick zu sein. Genau das möchte ich vermitteln. Es gibt eine andere tolle Sache, und das ist die Gemeinschaft der Flie- genfischer*innen. Wir respektieren einander, teilen unsere Erfahrungen und leben unsere Werte. Wir begreifen uns als Teil der Natur, die wir achten und der wir mit Wertschätzung begegnen. Auch unserer „Jagd- beute“, den Fischen, treten wir mit Fairness und Respekt gegenüber. Was rätst du einem jungen Menschen, der noch unschlüssig ist, was er oder sie beruflich machen soll? Versuche, mit so vielen Menschen wie möglich ins Gespräch zu kommen und von deren Erfahrungen zu lernen. Wenn du die Chance hast, reise und sauge alles auf, was du an Wissen bekommen kannst. Bleibe nicht nur in deiner „Bubble“, sondern genieße es, wenn jemand ein ganz anderes Leben als du lebt oder eine andere Sicht auf das Leben hat. Definiere dir einen Lebensstandard oder Lebensziele, die du erreichen möchtest und überlege dann, ob das mit dem Berufswunsch, den du hast, funktioniert. Wenn du dir irgendeinen Job suchst, um möglichst viel Kohle zu scheffeln, ist das auch okay. Aber bedenke: Geld allein wird dich nicht glücklich und zufrieden machen. Reflektiere, was dir als Kind Spaß gemacht hat. Vielleicht lässt sich ja daraus ein Berufs- wunsch ableiten. Im besten Fall erfüllst du dir deinen Kindheitstraum. Du darfst aber nicht vergessen, dass ein Beruf, wie ich ihn zum Bei- spiel habe, nicht nur Zuckerschlecken ist. Ich muss mit Widerständen, Zukunftsängsten und Unsicherheiten umgehen und manchmal – wie jetzt in der Pandemie – ist es wirklich nicht einfach. Auf Instagram werden dir die meisten Influencer nur die Sonnenseiten zeigen; das versuche ich zu vermeiden. Deshalb zeige ich in meinen Filmen auch meine Enttäuschungen und Misserfolge. Unterm Strich kann ich sagen: Wenn du mit dir im Reinen bist und tust, wozu du dich berufen fühlst, wirst du immer die richtige Entscheidung treffen. Interview: Michael Graber Ausgabe 4/2021 | erschienen am 14.9.2021 Verleger: Kreisjugendring München-Stadt im Bayerischen Jugendring, Paul-Heyse-Str. 22, 80336 München Telefon 089 / 51 41 06-978, Fax 089 / 51 41 06-45 E-Mail: info@kjr-m.de , Internet: www.kjr-m.de Verantwortlich: Judith Greil, Vorsitzende Redaktion: Angelika Baumgart-Jena (verantwortlich), Lisa Bommhardt, Michael Graber, Ebru Gür, Kerstin Hof, Marko Junghänel, Petra Kutzner, Manuela Sauer, Armin Schroth, Gecko Wagner, Ingrid Zorn Unterstützung im Schwerpunktteil durch Sabrina Schittel und Michaela Scheel Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder Titelbild: janiecbros/GettyImages Verwaltung: Jana Beyreuther Layout: Fa-Ro Marketing, München Druck: Senser-Druck, Augsburg Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier Auflage: 2.600 Exemplare Abonnementpreis: Der Bezug ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. 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