K3 No. 3 - Juli 2021

Dachzeile 36 das kommt | 03 | 2021 Erlebnispädagogik Schwerpunk Wenn das Smartphone zur Spielelandschaft wird Leitung stolz von einer erfolgreichen Aktion mit glücklichen Kindern berichtet und gleich die nächste Aktion in Angriff nehmen will. Doch auch ein anderer Typ von Leitung taucht manchmal im Tchaka auf. Hauptberufliches und ehrenamtliches Personal, das seiner Gruppe etwas ganz Besonderes bieten will und dabei über die eigenen Fähigkeiten, Qualifikationen und den gesetzlichen Rahmen hinausgeht. Nur weil man selbst schon mal geklettert ist, die Isar mit Luftmatratzen bezwungen hat oder wieder aus der unbeleuchteten Tiefgarage rausfindet, reicht das in der Regel nicht aus, um beispielsweise eine Gruppe auf die Zugspitze zu führen, selbständig die Imster Schlucht zu raften oder die Riesending-Schachthöhle zu erkunden. … aber seid achtsam! Behutsam versuchen wir hier „die Kuh vom Eis“ zu bekommen, in- dem wir auf die Gefahren und mögliche rechtliche Konsequenzen bei Unfällen hinweisen, Alternativen aufzeigen und notfalls die Ausgabe der benötigten Ausrüstungsgegenstände verwehren oder Vorgesetzte informieren. Zum Glück mussten wir in den letzten 20 Jahren nur ganz selten so handeln. Unser Appell lautet: „Traut Euch!“ – Kinder und Jugendliche freuen sich auf spannende Aktionen, bei denen auch mal was schiefgehen darf. Auch für die Leitung persönlich kann eine gelungene selbst durchgeführte Aktion viel Positives bedeuten: Abwechslung im Ar- beitsalltag, Aneignung neuer Kompetenzen – nicht zuletzt Glück und Zufriedenheit im Job. B J ÖRN RÖHR L E , Jahrgang 1973, Dipl. Sportwissenschaftler, Leiter Tchaka, KJR Literatur-Tipps Auf dieses Werk wollen wir unbedingt hinweisen: https://shop.bjr.de/empfehlungen/195/qualitaetsstandards- in-der-erlebnispaedagogik-2.-auflage Diese Bücher sind sehr gut lesbar und umsetzbar: www.ziel-verlag.de/erlebnispaedagogik/index.php Im Tchaka gibt es sehr viele Bücher zum Thema Erlebnispädago- gik sowie Kartenmaterial, Führer und Tourenbeschreibungen zum Ausleihen. Erlebnispädagogik per App Natürlich digital Wer im Sommer 2016 oft draußen unterwegs war, kam nicht um die Menschentrauben von zumeist (aber nicht nur) Kindern und Jugendlichen herum, die konzentriert auf ihrem Handy wischten. Auslöser war ein Handy-Spiel, das es urplötzlich schaffte, die „digitale Jugend“ nach draußen an die frische Luft zu lotsen. Mit Pokémon Go ging damals ein Augmented-Reality-Spiel (augmented reality = erweiterte Realität) an den Start, das die reale Umgebung um eine digitale Spiele- welt ergänzte. Sehenswürdigkeiten und Statuen wurden zu Kampfarenen, interessante Orte zu PokéStops, an denen man sich virtuelle Gegenstände abholen kann. Bereits der Vorläufer von Pokémon Go namens Ingress war ein Spiel, bei dem zwei Gruppen – die Erleuchteten und die Rebellen des Widerstands – die Welt bzw. deren virtuelles Abbild im Kampf um eine mysteriöse Energie unter ihre Kontrolle zu bringen versuchten. Der Erfolg von Pokémon Go macht deutlich, dass besondere Erleb- nisse im Freien nicht immer frei von Medien und Technik sein müssen. Medien und Technologien ergänzen die Realität und können Erfahrbares erweitern und damit erst das Erlebnis entstehen lassen. Neben den recht simplen GPS-Geräten, die das klassische Geocaching unterstützen, bieten mobile Geräte mit ihren Apps zahlreiche Möglichkeiten, das Outdoor-Erlebnis etwas aufzupeppen bzw. das Erfahrbare auszudehnen. Dadurch kann das „Draußen“-Sein (noch) mehr Spaß machen und es werden andere Erfahrungen ermöglicht. Grenzenloses Erleben So bieten Augmented-Reality-Apps und -Spiele zusätzliche Infor- mationen zu den Orten – scannt man mit dem Tablet die Umgebung, erscheinen Figuren oder Bilder, mit denen man interagieren kann und die aufzeigen, wie diese Orte zum Beispiel früher ausgesehen haben. Und wer sich als Kind beim Scotland-Yard-Brettspiel schon immer ge- wünscht hat, selbst als „Mr X“ in der Stadt unterwegs zu sein, für den » Hey Björn, vielen Dank nochmal für das Telefonat und dass du dir für mein Anliegen so viel Zeit genommen hast! Die Schnit- zeljagd mit den Jugendlichen war der Hammer! Ich kann‘s gar nicht glauben. Die super-coolen 14- und 15-Jährigen sind auf einmal wie kleine Kinder von einer Station zur nächsten gerast und haben voller Elan die Aufgaben gelöst. Als ich am Ende meine Euphorie gezeigt und sie gelobt habe, wie zielstrebig sie das alles gemeistert haben, fiel der Satz ‚Sehen Sie, wir sind gar nicht so dumm, wie alle immer denken.‘ Den Satz fand ich echt bezeichnend! Im Nachhinein stelle ich fest, dass diese Aktion auch die Beziehung zwischen mir als Betreuerin und den Jugendlichen nachhaltig verändert hat. Ich habe einen viel besseren Zugang zu ihnen, sie kommen zu mir, wenn sie Bock haben, irgendwas Cooles zu unternehmen und es scheint mir, als fühl- ten sie sich von mir ernster genommen als von manch anderen Betreuerinnen. (Beratung und Materialverleih im Tchaka) Wenn das Smartphone zur Spielelandschaft wird

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjk2NDUy