K3 No. 6 - November 2020

| 06 | 2020 25 Kooperative Ganztagsbildung Schwerpunkt Wie entstand das Konzept hier an der Schule? Kretschmer: Anfangs wurden wir durch das Schulamt eingeladen, das Grundkonzept kennenzulernen. Zusätzlich konnten wir von der Modellschule am Pfanzeltplatz lernen, die ihre Erfahrungen gern wei- tergegeben hat. Das alles passte gut mit dem Wunsch des Kollegiums unserer Schule zusammen, den Organisationsaufwand für Ganztags­ angebote so klein wie möglich zu halten. Viele Lehrkräfte waren von dem Gedanken begeistert, mit einem einzigen Kooperationspartner zusammenzuarbeiten. Mayer: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Schulsozialarbeit des KJR waren zu diesem Zeitpunkt schon am Standort tätig, sodass man uns schnell als Partner ins Boot geholt hat. Kretschmer: Die Erstellung des Konzeptes musste zügig erfolgen, um Bewerbungsfristen einzuhalten. Das Ergebnis ist aber durchaus positiv, denn so können wir mit einem lebendigen Konzept arbeiten, das permanent weiterentwickelt wird. Inwiefern wurden dabei Eltern und die Kinder eingebunden? Mayer: Die Meinungen und Wünsche von Eltern und Kindern werden eingebunden. Die Corona-Pandemie macht es allerdings derzeit schwer, einen regelmäßigen persönlichen Austausch mit den Familien zu pflegen. Die Kinder werden derzeit vor der Tür übergeben – die nütz- lichen „Tür-und-Angel-Gespräche“ fallen weg. Wir befragen die Kinder regelmäßig nach ihren Wünschen. Es gibt Lernhaus-Besprechungen und Schülerversammlungen – oder Treffen der Klassensprecherinnen und -sprecher. Kretschmer: Ein Wunsch der Eltern wird sich auch in Zukunft nicht ändern: sie wollen sicher sein, dass ihre Kinder gut untergebracht sind und es auch eine Betreuung in den Ferien bzw. zu Randzeiten gibt. Das Angebot wird übrigens gut angenommen – etwa 80 Prozent der Erstklässler nutzen es. Stellen die Angebote eine Konkurrenz zu Offenen Kindertreffs des KJR dar? Mayer: Das war tatsächlich die Sorge der Kolleginnen und Kollegen im KJR. Die kooperative Ganztagsbildung unterscheidet sich aber nicht fundamental von einem normalen Hort. Die Kinder aus den Halb- tagsklassen können am Nachmittag natürlich in den Schwimmverein gehen oder zum Fußballtraining – oder in den Kinder- und Jugendtreff im Stadtviertel. In den Konzeptpapieren zur Ganztagsbildung ist oft das Wort „Betreuung“ zu lesen. Das klingt nicht nach Mitbestimmung … Kretschmer: Für uns als Kollegium war immer klar, dass wir zwar die El- tern entlasten wollen – aber uns nie als Einrichtung zur „Aufbewahrung von Kindern“ verstehen. Wir wollen ein gut durchdachtes pädagogisches Angebot, das sich an den Bedürfnissen der Kinder orientiert. Gibt es Konflikte zwischen Schule und Freizeitangeboten in der Frage der Raumbelegung? Kretschmer: Diese Frage ist immer mit Aushandlungsprozessen verbunden. In der Grundkonzeption ist diese Schule als Lernhaus geplant. Dabei sind die Klassenzimmer jahrgangsgebunden stern- förmig angelegt – und direkt mit Gruppenräumen verbunden. In der Mitte des Lernhauses ist ein zentraler Treffpunkt, der multifunktional eingerichtet ist. Lehrkräfte können die Klassenzimmer verlassen und die Lernhausmitte bzw. die Gruppenräume nutzen, um in bestimmten Phasen eine Differenzierung der Klasse vornehmen zu können. Nach Unterrichtsschluss wird das Lernhaus „gelöscht“. In den Gruppenräumen bzw. der Lernhausmitte wird Platz zum Spielen geschaffen. Das Problem ist jedoch, dass es oft nicht genügend einzelne kleinere Räume zur Differenzierung gibt. Ist ein solches Konzept möglicherweise über-pädagogisiert? Gibt es Platz für freies Spiel? Kretschmer: Uns ist wichtig, dass Kinder auch mal aus dem Fenster schauen, andere Kinder beim Spielen beobachten oder sich die Zeit nehmen, sich im Spielangebot zu orientieren. Sie sollen verschiedene Möglichkeiten der Beschäftigung kennenlernen und eigene Interessen und Talente entdecken. Kinder dürfen sich aber auch immer wieder selbst beschäftigen und einfach nur mit Freunden spielen, wenn sie das wollen. Gemeinsam lernen, zusammen essen ... und miteinander die Freizeit verbringen; in der Kooperativen Ganztagsbildung alles unter einem Dach.

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