K3 No. 3 - Juli 2020

12 das kommt | 03 | 2020 das war KJR-Pädagoginnen unterstützen Jugendwohngruppen „Wir mussten plötzlich auch das Home- schooling übernehmen“, sagt die Sozialar- beiterin Ruth Heeren. Acht Jungs zwischen 14 und 18 Jahren leben in der Wohngruppe nahe dem Candidplatz, die sie betreut. Alle geflüchtet, alle aus Afghanistan. Im Schichtdienst kümmert sich ein erfahrenes Team aus Pädagoginnen und Pädagogen des gemeinnützigen Vereins hpkj e.V. um die acht Heranwachsenden. Die Jugendlichen wecken, motivieren, Lernzeiten einfordern, bei Hausaufgaben und Arztbesuchen unterstützen, Programm anbieten, dabei immer wieder anhalten, die gemeinsamen Regeln einzuhalten. Und dazu die organisatorische Arbeit im Hintergrund: Heerens Job ist im Normalfall schon eine fordernde Aufgabe. Doch durch Corona war sie auch Ersatzleh- rerin und noch mehr gefordert. Die Schule schickte den Schülern Arbeitsblätter, kon- taktierte sie über E-Mail, WhatsApp und Videokonferenz-Plattformen von Skype über Teams und Zoom. „Bei acht Jungs ist es sehr aufwendig, alle zu beschulen“, sagt Heeren, „alleine ist das eigentlich nicht zu machen.“ Doch zum Glück war da Angie Kraft. Sonst arbeitet die Sozialpädagogin für den KJR, sie kümmert sich im Laimer Jugendzentrum mit Abenteuerspielplatz unter anderem um An- gebote der Offenen Ganztagsschule. Weil die aber auch wegfielen, hat Kraft ab Mitte März die Wohngruppe am Candidplatz unterstützt. Das sei auch dringend notwendig gewesen, sagt sie. „Die Jungs bereiteten sich auf die Prüfung für Deutsch als Zweitsprache vor, bekamen aber die Hausaufgaben der Mut- tersprachler“. Damit die Jungs nicht zurückfallen, war Kraft jeden Tag acht Stunden da, manchmal auch länger, motivierte, schob an. Außerdem ging sie mit einigen der Jungs manchmal ins nahe gelegene Jugendzentrum am Wettersteinplatz FEZI. Das hatte zwar für den Publikumsverkehr geschlossen, weil die Wohngruppe aber als „häusliche Gemein- schaft“ galt, durften sich ihre Bewohner zusammen an Kicker, Billardtisch oder am Trampolin austoben. „Angie war ein Geschenk des Himmels!“, sagt Heeren, „wir sind dem KJR wahnsinnig dankbar für diese Entlastung!“ Dort gehört Heeren dem Vorstand an und machte bei den KJR-Beschäftigten für den Hilfseinsatz Werbung. Kraft musste nicht lange überlegen, als der Aufruf des KJR an seine Beschäftigten kam. Sie wollte sich ohnehin engagieren und die Pflegekräfte im Krankenhaus oder die Land- wirte bei der Spargelernte unterstützen. Aber der pädagogische Bereich hat dann perfekt gepasst. „Für mich war es total cool, die Zeit zu nutzen, um in einen ganz anderen Bereich hineinzuschnuppern“, sagt die Pädagogin, die keinen Augenblick ihren Einsatz in der Wohngruppe bereut hat. Und die neuen Erfah- rungen in einem anderen Arbeitsfeld halfen ihr auch, den Blick für ihre Arbeit im Laimer Jugendzentrum zu schärfen. So wie sie arbeiteten auch weitere KJR-Kolleginnen vo- rübergehend in stationären Wohnformen. Sarah Klasen zum Beispiel. Die Pädagogin aus der LOK Freimann war hilfsweise bei dem gemeinnützigen freien Träger der Kin- der- und Jugendhilfe NEUE WEGE im Einsatz. Dort unterstützte sie im Spätdienst die pä- dagogischen Fachkräfte in einem Haus, das von sechs Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren und drei Alltagsmanagerinnen in drei Wohngemeinschaften bewohnt wird. „Bei der Arbeit ging es vor allem darum, den Jugendlichen eine Alltagsstruktur zu geben“, sagt Klasen. Und die Angst vor Corona? „Der KJR hat mich klar darauf hingewiesen, dass ich da- mit mein Infektionsrisiko erhöhe“, sagt die Sozialpädagogin. Auch Kraft wusste, dass ihr Engagement Ri- siken birgt. „Ich kannmit den Jungs kein Buch lesen oder ein Aufgabenblatt bearbeiten und dabei anderthalb Meter Abstand halten“, sagt sie. „Aber ich habe ein gutes Immunsystem und hoffe, das es gut geht“. Und auch Klasen hatte keine Angst. „Ich habe keine Kinder zu Hause, wohne alleine, gehöre zu keiner Risikogruppe. Wer, wenn nicht ich sollte das machen? Wenn ich für meine Zeit schon be- zahlt werde, kann ich so was Nützliches tun!“ Gecko Wagner, Öffentlichkeitsarbeit, KJR Ersehnte Hilfe in der Extrembelastung Wer in einer betreuten Jugendwohngruppe lebt, hatte es schon schwer im Leben. Die einen sind hier wegen schwieriger Familienverhältnisse, die anderen, weil sie geflüchtet sind. Doch da wochenlang Schule, Sportvereine und andere Aktivitäten für die Jugendlichen ausgefallen sind, ist die Belastung für die Pädagoginnen und Pädagogen extrem gestiegen „ Wenn ich für meine Zeit schon bezahlt werde, kann ich so was Nützliches tun!“

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