K3 No. 2 - April 2020

| 02 | 2020 23 Sport Schwerpunkt Es gibt zunehmend mehr Couch-Potatoes – Bewegungsmangel schadet mittel- und langfristig der körperlichen und geistigen Entwicklung. Unter der Verantwortung des Robert-Koch-Instituts fanden in den letzten Jahren zwei Studien zur Gesundheit von Kindern und Jugend- lichen in Deutschland statt. In einer Teilstudie (KiGGS) wurde jeweils das Bewegungsverhalten von Mädchen und Jungen erhoben und in Zusammenhang mit den Bewegungsempfehlungen der Weltgesundheits- organisation (WHO) für die Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen gesetzt. Die WHO geht davon aus, dass für ein gesundes Leben täglich mindestens 60 Minuten moderater bis starker körperlicher Aktivität für Kinder und Jugendliche nötig sind. 1 Nationale Empfehlungen würden vor allem bei Kindern einen deutlich höheren Wert – nämlich zwischen 80 und 90 Minuten – ansetzen. 2 Weltweites Problem In Deutschland erreichen diesen Wert der WHO nur 22,4 Prozent der Mädchen und 29,4 Prozent der Jungen. Vor allem in der Altersstufe der 14- bis 17-Jährigen ist der Unterschied zwischen Mädchen und Jungen besonders hoch. Nur 7,5 Prozent der Mädchen erreichen die WHO-Empfehlung, bei den Jungen sind es 16 Prozent. Vor allem bei Mädchen hat der Bewegungsmangel zwischen den beiden KiGGS-Wellen zugenommen, was vor allem auf den Bewegungsrückgang der 3- bis 10-Jährigen zurückzuführen ist. Der sozioökonomische Hintergrund spielt hierbei eine wichtige Rolle. Junge Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Hintergrund zeigen ein signifikant geringeres Bewegungsverhalten. 3 Auch wenn knapp 71 Prozent der Mädchen und über 75 Prozent der Jungen angeben, regelmäßig Sport zu treiben, führt dies nicht dazu, dass der Richtwert von täglich 60 Minuten erreicht werden kann. 4 Deutsche Kinder und Jugendliche befinden sich – international gesehen – in „guter Gesellschaft“. Die WHO kommt im Vergleich unter- schiedlicher nationaler und internationaler Studien zu dem Ergebnis, dass im Durchschnitt nur 19 Prozent der 11- bis 17-Jährigen ausreichend körperlich aktiv sind. Der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen liegt weltweit bei 7 Prozent; in den meisten Regionen der Welt nimmt dieser Unterschied stetig zu, weil der leicht gestiegenen Aktivität der Jungen eine deutlich sinkende Aktivität der Mädchen gegenübersteht. 5 Die Forscher von KiGGS empfehlen zur Bewegungsförderung (be- reits Kinder und Jugendliche verbringen durch ihre institutionelle Eingebundenheit den Großteil des Tages mit sitzenden Tätigkeiten), sowohl Kindergärten, Schulen als auch das häusliche Umfeld der jungen Menschen bewegungsfreundlicher zu machen. Wichtig dafür ist eine ge- sundheitsorientierte Stadtplanung, die Gefahren und Umweltbelastung im Straßenverkehr reduziert, das Fuß- und Radwegenetz ausbaut und Freizeit- und Grünlagen kinder- und jugendgerecht gestaltet. Dr. Manuela Sauer, Grundsatzfragen, KJR 1 Vgl. Regina Guthold, Gretchen A Stevens, Leanne M Riley, Fiona C Bull: Global trends in insufficient physical activity among adole- scents: a pooled analysis of 298 population-based surveys with 1,6 million participants. In: www.thelancet.com/child-adolescent Vol 4 January 2020. S. 25 2 Vgl. Susanne Krug, Jonas D. Finger, Cornelia Lange, Almut Richter, Gert B. M. Mensink: Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends. In: Journal of Health Monitoring 2018 3(2). S. 4 3 Vgl. Jonas D. Finger, Gianni Varnaccia, Anja Borrmann, Cornelia Lange, Gert B. M. Mensink: Körperliche Aktivität von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends. In: Journal of Health Monitoring · 2018 3(1). S. 26. 4 Vgl. Journal of Health Monitoring · 2018 3(2). S.8 5 Vgl. www.thelancet.com/child-adolescent Vol 4 January 2020. S. 26-31 Auswirkungen von Sport auf die ADHS Symptomatik Auch das kann Sport … Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter.* Die drei Kernsymptome sind Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit und Impulsivität. Daneben zeigen betroffene Kinder häufig Schwierig- keiten darin, sich zu regulieren und Konflikte angemessen zu lösen. Auffälligkeiten im Bewegungsverhalten sowie mangelnde Ausdauer und Motivationsschwierigkeiten sind ebenso beobachtbar (Ludolph & Plener, 2011, S. 222; Petermann & Sören, 2018, S. 173). Die Erkran- kung führt häufig zu Verhaltensproblemen, die sich auf verschiedene Lebensbereiche auswirken können (Casale, et. al, 2019, S. 72). Neben klassischen Therapieansätzen wie Psychotherapie und medika- mentöser Behandlung wird vermehrt diskutiert, wie sich Sport auf die Symptomatik von Kindern und Jugendlichen mit ADHS auswirkt (u.a. Ziereis & Jansen, 2015; Casale et.al ., 2019). Die Forschung steht hier allerdings noch am Anfang (Ludolph & Plener, 2011, S. 111). Es existieren allerdings bereits kleinere Studien, die Anhalts- punkte dafür geben, dass sich sportliche Betätigung positiv auf die ADHS-Symptomatik auswirkt. Medina et.al (2010) untersuchten zum * Ludolph & Plener, 2011, S. 221; Casale et. Al., 2019, S. 72 Foto: pixabay.de

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