K3 No. 2 - April 2020
13 das kommt | 02 | 2020 das war Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Zeiten von Corona Kinder- und Jugendtreff COME IN „Direkter Kontakt ist unverzichtbar“ Die Pädagoginnen und Pädagogen des COME IN in Neuperlach telefo- nieren regelmäßigmit ihren Besucherinnen, Besuchern und deren Eltern und halten vor allem über Instagram Kontakt zu ihnen. Die Kinder der Mittagsbetreuung bekommen telefonisch und online Hausaufgaben- unterstützung, außerdem bietet das Team Fitness-Videos, Rezeptideen und weitere Vorschläge für Beschäftigung zu Hause. „Auch wenn das zu vermehrtem Handykonsum führt, ist der direkte Kontakt für die Kinder und Jugendlichen unverzichtbar“, sagen die Pädagoginnen und Pädagogen. Für die Zeit „nach Corona“ plant das Teamvermehrt Ausflüge für ältere Jugendliche in den Pfingst- und Sommerferien. www.come-in-neuperlach.de come.in2001 come.in.5 Servicestelle Berufsbezogene Jugendarbeit Online lernen Seit mehr als 15 Jahren bietet die Servicestelle Berufsbezogene Jugendarbeit (SBBJA) Lernkurse in den Oster- und Pfingstferien an. Schülerinnen und Schüler können sich so in Kleingruppen intensiv auf den Abschluss der Mittelschule vorbereiten. 300 bis 400 Teilnehmende gibt es jedes Jahr. Genauer: Gab es, vor Corona. „Kurz vor dem Start mussten wir die Kurse in den Osterferien absagen“, berichtet SBBJA-Leiterin Susanne Glückert. Doch das Café Netzwerk hatte eine bessere Idee: den Lernkurs online durchführen. „Das haben wir sofort aufgegriffen!“ „Eine Woche vor dem Start hat- ten wir noch kein Konzept und kaum Honorarkräfte, die sich diese Art des Lehrens zutrauen“, sagt Glückert. Eine weitere He- rausforderung war die Technik. Während mache Familien ganz selbstverständlich Laptop und Ta- blet haben, teilen sich woanders zwei Geschwister ein Smartphone. Doch allen Unsicherheiten zum Trotz ist das Pilotprojekt „Oster- lernkurs goes online“ erfolgreich gestartet. Aus den zunächst geplanten fünf Honorarkräften wurden 18 und statt 15 haben 60 Teilnehmende in der zweiten Ferienwoche drei Stunden pro Tag vernetzt und fleißig gelernt. Die bisherigen Rückmeldungen lauten „Alles gut!“. Noch plant das Team, die Lernkurse in den Pfingstferien wieder mit persönlichem Kontakt in den Freizeitstätten anzubieten. Doch falls es anders kommt, hat sich der spontane Sprung ins kalte Was- ser doppelt gelohnt. „Dann werden wir noch bessere Onlinekurse anbieten“, sagt sie, „und vielleicht auch wieder unsere früheren Teilnahmezahlen erreichen!“ Vernetzt lernen: Honorarkraft Miriam bespricht mit einem Jugendlichen ein Englisch-Ar- beitsblatt Kinder und Jugendliche aus dem Blick verloren? Kinderrechte in Zeiten von Corona Kinder und Jugendliche sind durch eine Ansteckung mit dem Covid-19-Erreger zwar am wenigsten direkt bedroht. Die Auswirkungen der aktuellen Restriktionen treffen sie jedoch unverhältnismäßig hart, etliche Kinderrechte sind derzeit außer Kraft. Ein Appell. Die Corona-Krise hat viele Opfer, die Kinderrechte gehören dazu. Die Bundesregierung hat das Ziel, die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, wegen Corona aufgeschoben. Welche Auswirkungen haben die strengen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie jedoch auf die Rechte von Kindern und Jugend- lichen? 54 Artikel der UN-Kinderrechtskonvention garantieren unter anderem das Recht auf Bildung und Freizeit, aber auch auf gewaltfreie Erziehung und Betreuung bei Behinderung. Einige der Kinderrechte, die 1989 verabschiedet wurden, sind derzeit praktisch außer Kraft gesetzt. Das hat gravierende Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. Weil Betreuungseinrichtungen, Kitas und Schulen geschlossen sind, verschärft sich Bildungsbenachteiligung noch weiter. Nicht in allen Familien stehen notwendige technische Ressourcen zur Verfügung. Viele Eltern müssen auch selbst von zuhause arbei- ten oder sind einfach nicht in der Lage, ihren Kindern adäquate Bildungsangebote zu machen. Auch in der Freizeit ist es derzeit nicht möglich, andere Kinder und Jugendliche, Freunde und Freundinnen zu treffen, weil Freizeitstätten, Spiel- und Sportplätze geschlossen sind. Das Recht, über die Gestaltung von Spiel und Freizeit selbst zu entscheiden, ist stark eingeschränkt. Wer bietet Kindern und Jugendlichen Schutz vor häuslicher Gewalt, wenn sie das familiäre Umfeld nicht mehr verlassen können? Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe übernehmen einen wichtigen Teil des Kinderschutzes, nicht zuletzt seit der Einführung des §8a KJHG. Nicht alle Gefährdungsfälle sind dem Jugendamt bekannt, wenn sich gewichtige Anhaltpunkte einer Kindeswohlgefährdung durch den regelmäßigen Besuch einer Jugendhilfeeinrichtung abwenden lassen. Was passiert jedoch, wenn diese Einrichtungen geschlossen sind? Verschärft werden Probleme in Familien mit Kindern dadurch, dass sie jetzt stärker von Armut und Arbeitslosigkeit bedroht sind als der Rest der Bevölkerung, denn nicht jede Firma kann Eltern zur Kinderbetreuung freistellen und nicht jeder Job ist für Homeoffice geeignet. Bevor über eine weitere Verlängerung der Anti-Corona-Maß- nahmen diskutiert wird, ist es wichtig, die Kinder und Jugend- lichen nicht aus den Augen zu verlieren. Zwar sind Kinder und Jugendliche am wenigsten direkt durch eine Ansteckung mit dem Covid-19-Erreger bedroht, die Auswirkungen der aktuellen Restriktionen treffen sie jedoch unverhältnismäßig hart. Was also ist mit den Rechten der Kinder und Jugendlichen in der aktuellen Katastrophenlage? Spätestens wenn die Coro- na-Krise überstanden ist, muss sich unserer Gesellschaft auch an dieser Frage messen lassen. Mirjam Kranzmaier, Fachstelle Partizipation, KJR
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