K3 No. 1 - Februar 2020
Dachzeile 26 das kommt | 01 | 2020 Kommunalwahl 2020 Schwerpunk Kommunalwahlen 2020 – warum eine Änderung des Wahlrechts nötig ist „Mehr Demokratie wagen“ Bei den bevorstehenden Kommunalwahlen im März werden in Bayern die Landrätinnen und Landräte, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie die Zusammensetzung der Gemeinde- und Kreisräte gewählt. Wer mitwählen darf, ist im Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz festgelegt. Mündigkeit und Teilhabe Einzelnen Bevölkerungsgruppen das Wahlrecht pauschal zu ver- wehren, widerspricht zudem den Grundprinzipien unserer Demokratie. Demnach sollen diejenigen Mitbestimmungsrechte haben, die von Entscheidungen betroffen sind. Sowohl Nicht-EU-Ausländer, die in Deutschland leben und arbeiten, als auch junge Menschen nehmen aktiv am Leben in den Kommunen teil, engagieren sich ehrenamtlich und zahlen Steuern. Daher ist es nur folgerichtig, sie in den Kreis der Wahlberechtigten aufzunehmen. Ein „Game-Changer“ könnte das Urteil des Bundesverfassungsge- richts (BVerfG) vom 29.01.2019 sein, das sich mit der bisher pauschal ausgeschlossenen Gruppe von vormundschaftlich Betreuten und der wegen Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus Un- tergebrachten beschäftigt. In diesem Urteil hat das Gericht diese bis dahin gültigen Regelungen für verfassungswidrig erklärt. Nur wem das Wahlrecht infolge einer Verurteilung durch Richterspruch entzogen worden ist, dürfe weiterhin vom Wahlrecht ausgeschlossen werden. Das BVerfG betont in dieser Entscheidung, dass das Wahlrecht ein Grund- recht sei und man Gruppen nicht generell hiervon ausschließen könne. Im Mai 2019 hat der Bundestag einer Gesetzesänderung zugestimmt, die die bisher gültigen pauschalen Wahlrechtsausschlüsse aufhebt; dies betraf mehr als 80.000 Menschen. Die Gesetzeslage zum Wahlrecht hat sich in der Geschichte der Bundesrepublik mehrmals verändert. Frauen durften 1919 erstmals wählen. 1972 wurde das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre gesenkt. Bis heute haben bereits elf der 16 Bundesländer (Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfa- len, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein) ein Kommunalwahlrecht ab 16 Jahren eingeführt. Als erstes Land in Europa hat Österreich 2009 das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren für alle Wahlen umgesetzt – 2018 folgte Malta. Schon seit 2004 spricht sich der Bayerische Jugendring für die Ab- senkung des Wahlalters auf 14 Jahre aus. Dafür gibt es gute Gründe: Je früher junge Menschen beteiligt werden, desto früher setzen sie sich mit Politik auseinander. Mitspracherechte bewirken ein gesteigertes Interesse an politischen Themen und Zusammenhängen. Wenn Jugend- lichen die Chance gegeben wird, die staatlichen Institutionen durch Wahlen selbst mitgestalten zu können, bringt das wahrscheinlich eine höhere Identifikation mit diesen Institutionen mit sich. Das berühmte Zitat des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt „Wir wollen mehr Demokratie wagen“ entstammt der gleichen Regierungs- erklärung von 1969, in der er auch die Absenkung des Wahlalters von 21 auf 18 Jahre angekündigt hat. Es ist heute wieder an der Zeit, mehr Demokratie zu wagen … Christian Schroth, Grundsatzreferent BJR Junge Menschen wollen und sollen schon deutlich früher als bislang das aktive Wahlrecht ausüben – am besten schon ab 14 Jahren. Nach Artikel 1 und 2 dieses Gesetzes sind alle Personen wahlberech- tigt, die am Wahltag Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union sind, das 18. Lebensjahr vollendet haben, sich seit mindestens zwei Monaten im Wahlkreis mit dem Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen aufhalten und nicht infolge eines deutschen Richterspruchs von der Teilnahme an Wahlen ausgeschlossen sind. In einem demokratischen Staat gehört das Wahlrecht zu den wichtigsten Rechten der politischen Mitbestimmung, nur unter eng definierten Bedingungen darf es verwehrt werden. Dennoch werden bestimmte Bevölkerungsgruppen auch auf kommunaler Ebene in Bayern nach wie vor kategorisch ausgeschlossen, unter anderem aufgrund ihres Alters oder ihrer Herkunft. Allein in Bayern betrifft dies beispielsweise über zwei Millionen Jugendliche unter 18 Jahren. Die derzeitige Regelung zum kommunalen Wahlrecht schafft für Migrantinnen und Migranten ein Zwei-Klassen-System, denn während nicht-deutsche EU-Bürgerinnen und -Bürger schon nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland aktiv in das politische Geschehen eingrei- fen dürfen, ist, wer aus einem Land außerhalb der EU kommt, vom kommunalen Wahlrecht ausgeschlossen. So entsteht eine Diskrepanz zwischen Wohn- und Wahlbevölkerung, die die politische Legitimati- on gewählter Volksvertreterinnen und -vertreter verringert und dem Integrationsgedanken widerspricht. Was wünschst Du Dir für Deine Stadt München? Bislang haben wir viele Workshops für die Verschö- nerung des Sportplatzes gemacht. Wir waren beim Kinderaktionskoffer und beim Jugendforum. Seit zwei Jahren ist nichts passiert. Und wir warten gespannt auf den Neubau des MKJZ. Außerdem wünsche ich mir, dass Jugendliche schon ab 16 Jahren wählen dürfen. Theodora, 14 Bild: pixabay.de
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