K3 No. 4 - Juli 2019

Dachzeile 30 das kommt | 04 | 2019 Aufwachsen unt r Druck Schwerpunk Leistungsdruck im Sport Zwischen Sieg und Niederlage Druck und Wettbewerb sind erst einmal nichts Schlechtes. „Druck ist okay, doch man sollte ihn als Herausforderung begreifen, als etwas Positives“, sagt der ehemalige Fußball-Profi Oliver Kahn. Die Frage bleibt: will ich das selbst, oder erwarten andere von mir sportliche Höchstleistungen? Foto: Münchner Sportjugend Die Erwartungen von Eltern, Trainerinnen bzw. Trainern und Mitspie- lenden zu erfüllen, fällt jungen Menschen nicht immer leicht. Doch der Leistungsdruck ist oft auch selbstgemacht. Die jungen Sportlerinnen und Sportler setzen sich selbst hohe Ziele, wollen immer erfolgreicher werden. Sie kämpfen um die Anerkennung ihres Freundeskreises und der Familie. Schnell erwarten sie von sich selbst mehr als ihr Umfeld und können die eigenen Vorstellungen nicht mehr erfüllen. Ein zweiter Platz reicht plötzlich nicht mehr aus. Heranwachsende wollen sich messen Im Sport gilt es dabei zwei verschiedene Systeme zu unterscheiden. Im Leistungssport zählt ausschließlich der Erfolg. Ist man nicht gut genug, verliert man die Position im Kader oder der Mannschaft und unter Umständen auch die finanzielle Förderung. Der Leistungssport ist für Körper und Psyche extrem belastend. Kinder, die zu früh damit beginnen und dem Druck ausgesetzt sind, zerbrechen nicht selten daran, wenn die Leistung nicht stimmt. Der Misserfolg ist dann psychisches Gesundheitsrisiko. Der Breitensport dagegen ist nicht auf Leistung und Erfolg allein angelegt. Er soll vor allem den Spaß am Sport (an körperlicher Betä- tigung) vermitteln, sozialer Treffpunkt sein, gesellschaftliche Werte vermitteln und die Möglichkeit zum Wettbewerb mit anderen bieten. Bei den meisten Sportarten gehören Wettkämpfe zum Alltag. Und das ist gut so. Sie liefern dem jungen Sportler bzw. der Sportlerin wichtige Orientierung. Kinder und Jugendliche vergleichen sich oft mit Gleich- altrigen. Sich mit anderen zu messen, ist nicht negativ. Es hilft dabei, ein Selbstbewusstsein zu entwickeln, worin die eigenen Stärken und Talente liegen. Wo stehe ich und was kann ich? Kinder und Jugendliche lernen sich und ihre Möglichkeiten kennen und schätzen. Auch wenn im Breitensport vielmehr die Bewegung an sich als das Gewinnen oder Verlieren im Mittelpunkt stehen sollte, ist es jedoch fraglos richtig und hilfreich, dass ein Kind auch das Verlieren lernt. Wissenschaftlich gesichert ist, dass sportliche Aktivitäten einen Schutz gegen die Entwicklung von psychischen Störungen bieten. Durch die körperliche Aktivität wird die Widerstandsfähigkeit gegen äußere Stressoren gestärkt, es kann ein positives Selbstbild entstehen und gesundheitsrelevante Einstellungen und Überzeugungen können sich positiv entwickeln. Ganz allgemein reduziert Sport Stress, trainiert das Gehirn und lindert Angst. Dennoch muss der Umgang mit Misserfolg, Verletzungen und äußerem wie innerem Druck erlernt werden. Um zu lernen, wie man individuell mit Leistungsdruck umgehen kann, gibt es wohl kaum ein besseres Spiel- und Übungsfeld als den Sport. Wenn man einmal erfahren hat, was es bedeutet, mit Druck und Erwartungen umzugehen, fällt es später im Beruf oder im Sozialleben leichter, diese Situationen ganz im Sinne von Oliver Kahn als positive Herausforderung zu begreifen. Pascal Lieb, Münchner Sportjugend im BLSV Dennoch ist der Auslöser für psychische Erkrankungen vor allem im Spitzensport häufig auf den Erfolgsdruck zurückzuführen. Der Umgang mit Gewinnen und Verlieren, mit Druck von außen und der eigenen Erwartungshaltung muss erlernt werden. Der Sport bringt dafür beste Bedingungen mit. Leistungsdruck per se ist nichts Sportspezifisches, ihn gibt es in allen Lebensbereichen. Ob in der Schule, der Erziehung, in der Kunst oder Kultur: der Versuch zur Optimierung und Kontrolle gerade unserer Kinder und Jugendlichen findet in der Gesellschaft generell statt. Burnout bei Kindern ist mittlerweile eine Diagnose, die immer häufiger gestellt wird. Kinder erfahren immer öfter das Gefühl, dass sie zum Erfolg verdammt sind. Doch woher kommt dieser Druck? Er kommt auf ganz unterschiedliche Art und Weise zustande. Im Sport beispielsweise denkt man dabei vor allem an den Druck von außen und aus dem direkten Umfeld. Beobachtet man ein Fußballspiel einer E-Junioren-Mannschaft, wird man häufig den Eindruck nicht los, dass es eigentlich die Eltern sind, die dort spielen.

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