K3 No. 3 - Juni 2019

Dachzeile 28 das kommt | 03 | 2019 Vielfalt Schwerpunk Religiöse Vielfalt in der Jugendarbeit Glauben, wissen, respektieren Kulturelle und religiöse Vielfalt prägen die Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit auf vielfältige Weise. Eine interkulturell orientierte Jugendarbeit, die von der Lebenswelt ihrer Besucherinnen und Besucher ausgeht, hat auch die Aufgabe, die Vielfalt weltanschaulicher und religiöser Überzeugungen im Blick zu behalten. In ihrer Identitätsentwicklung beschäftigen sich Kinder und Jugendliche mit religiösen Vorstellungen, Erfahrungen und Fragen, die sich besonders intensiv durch die Inter- aktion mit anderen Bezugspersonen in den Einrichtungen entwickeln. Eine kultur- und religionssensible Arbeit mit Kindern und Jugendlichen kann in dieser Interaktion einerseits die Identitätsentwicklung jeder einzelnen Person fördern – andererseits sie dazu befähigen, sich mit anderen religiösen Überzeugungen konstruktiv auseinanderzusetzen. Wie kann man diesen kultur- und religionssensiblen Ansatz im päda- gogischen Alltag umsetzen? Wie soll man mit religiöser Vielfalt und den daraus resultierenden unterschiedlichen Bedarfen der Besucherinnen und Besucher umgehen? Der Arbeitskreis Interkulturelle Arbeit im KJR hat sich im vergange- nen Jahr intensiv mit diesen Fragen befasst, im Rahmen einer Fach- tagung Handlungsempfehlungen entwickelt und allen pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Respekt vor dem Anderen Grundlegend für diese Empfehlungen ist die Anerkennung der unter- schiedlichen religiösen Überzeugungen und Bedürfnisse der Besuche- rinnen und Besucher, die als wichtiger Bestandteil der persönlichen Entwicklung im Kindes- und Jugendalter angesehen werden. Diese Sichtweise erfordert bei den Fachkräften eine klare Unterscheidung zwischen ihrer persönlichen Einstellung und ihrem fachlich fundierten Umgang mit dem Phänomen Religion und Religiosität. Dafür ist eine theologisch fundierte Kompetenz nicht erforderlich. Die Kernkompetenz bei solchen Fragen liegt in der wertschätzenden Haltung gegenüber den Kindern und Jugendlichen. Wichtig ist, dass im Team ein Konsens über die professionelle Haltung und die daraus abzuleitende Vorge- hensweise besteht. Die religiösen Fragen können den zwischenmenschlichen Dialog för- dern, indem der Fokus auf Gemeinsamkeiten gelenkt wird. Begegnung wird dabei zum zentralen Element, zum Ausgangspunkt und Ziel einer religionssensiblen Pädagogik, die Vielfalt bewusst annimmt und aktiv gestaltet. Diese Begegnung kann – unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit – auch Personen einbeziehen, die sich als nicht-religiös bezeichnen. Nur ein offener und vorurteilsfreier Umgang mit dem Thema Religion kann Möglichkeiten für einen wertschät- zenden Austausch schaffen. Ob und inwieweit ein Bedarf für die Thematisierung religiöser Fragen und Bedürfnisse besteht, kann unter Einbindung der Kinder und Jugendlichen ermittelt werden. In diesem Klärungsprozess werden die unterschied- lichen Interessen, Erwartungen und Ziele erörtert. Die größte Gefahr für einen offenen und toleranten Umgang mit den Religi- onen liegt in Missionierungsversuchen einzelner Personen oder Gruppen. Eine offene kultur- und religionssensible Haltung setzt voraus, dass solche Bestrebungen nicht geduldet werden. Die Aneignung von Räumen durch junge Menschen ist ein zentrales Element der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und bedingt gleich- zeitig die Auseinandersetzung mit individuellen Bedürfnissen und Themen junger Menschen. Rückzugsräume könnten beispielsweise mit den Besucherinnen und Besuchern als offene Ruheräume gestaltet werden, die sowohl für spirituelle Bedürfnisse als auch zum Entspan- nen genutzt werden. Aushandlungsprozesse über die Nutzung dieser Räume müssen gemeinsam gestaltet werden. Dabei ist zu beachten, dass der Regelbetrieb nicht gestört wird. Die Entscheidungsprozesse erfordern feste Regeln, die auf den Grundsätzen und dem Konzept der Einrichtung basieren. Die Verfahrensabläufe, wann und in welcher Form die religiösen Fragen und Bedürfnisse thematisiert werden, sollen für alle nachvollziehbar sein. Dabei wird wertschätzend auf die Pluralität, Individualität und Selbstbestimmtheit in Ausübung der eigenen Religion hingewiesen. Jede Person hat den eigenen Anspruch selbst zu bestimmen, ohne dass dies dem Gruppenzwang oder der Bewertung anderer unterliegt. Die oben genannten Empfehlungen für eine kul- tur- und religionssensible Pädagogik basieren auf eigenen langjährigen Erfahrungen im Bereich der interkulturellen Arbeit beim KJR und sollen unter Perspektiven einer vorurteilsbewussten Erziehung und Bildung weiterentwickelt werden. Cumali Naz, Beauftragter für interkulturelle Arbeit, KJR Neugier und Begegnungen von Kindern und Jugendlichen helfen, die verschiedenen Religionen und Weltanschauungen in die pädago- gische Arbeit zu implementieren. Grafiken: Rursus

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