K3 No. 3 - Juni 2019

Dachzeile 26 das kommt | 03 | 2019 Vielfalt Schwerpunk Wie geschlechtergerechte und Leichte Sprache zusammengehen „Gendern“ leicht gemacht?! Die Debatten um einerseits gendergerechte und andererseits Leichte Sprache zeigen Parallelen. Es geht beide Male in weiten Teilen um Ängste vor Veränderungen. Dabei können und müssen beide Bereiche zusammen gedacht werden. „Manche Menschen sagen: ‚Ich will Leichte Sprache nicht! Ich will die alte Sprache be-halten 1 ! Sonst geht uns Sprache ver-loren!‘ Das ist eine ganz normale Angst. Es ist die Angst vor Veränderung. Aber Sprache hat sich schon oft ver-ändert. […] Früher hat man viel weniger über Frauen ge-schrieben. Man hat gesagt, es reicht, wenn Männer vor-kommen. Die Frauen sind ja mit-gemeint. Es gab dann ein Gesetz: In Texten soll man über Frauen und Männer schreiben. Auch wenn die Texte dann länger werden. Es war eine gute Ent-scheidung.“ 2 Dieses Zitat der Schriftstellerin Andrea Lüthen spricht Ängste vor Veränderungen an und zeigt damit ähnliche Entwicklungen in den Debatten um geschlechtergerechte und Leichte Sprache auf. Eine schnell feststellbare Gemeinsamkeit beider „Sprach-Projekte“ besteht in den massiven Widerständen, mit denen sich Anwender*innen und Befürworter*innen konfrontiert sehen. Insbesondere gender- sensible bzw. geschlechtergerechte Formulierungsvorschläge sorgen regelmäßig auch medial für Aufregung. Eine Verknüpfung beider Debatten wird unter der Frage vollzogen, ob geschlechtergerechte und Leichte Sprache sich gegenseitig ausschlie- ßen. Diese Fragestellung lebt von der Annahme, dass Leichte Sprache auf Vereinfachung zielt, das Resultat eines geschlechtergerechten Sprachgebrauchs aber in Komplikationen besteht, die die Lesbarkeit eines Textes erschweren. Also: Vermeintlich ein Widerspruch. Gendergerechte Sprache möchte die angestrebte Gleichberechti- gung und die gesetzlich verankerte Gleichstellung der Geschlechter sprachlich zum Ausdruck bringen. Dabei lassen sich zwei grundsätzliche Vorgehensweisen unterscheiden: Die Neutralisierung formuliert ohne erkennbares Geschlecht (z. B. Studierende), die Sichtbarmachung möchte die Verhältnisse angemessen darstellen (z. B. Studentinnen und Studenten). Dazu kommen Varianten wie Gender Gap (Autor_innen) und Gendersternchen (Autor*innen). Letzteres steht wie eine Wildcard in der Informatik für ein oder beliebig viele Zeichen, symbolisch also für Vielfalt und für ein Verständnis von Geschlecht, das über das binäre System hinausgeht. Leichte Sprache macht Inhalte von Texten leichter verständlich und besser lesbar. Eine solche Leichte Sprache wird vor allem von Menschen mit Lernschwierigkeiten genutzt und dient dazu, dass sie Informationen selbst lesen und verstehen können. Es gelten rund 40 feste Regeln für Leichte Sprache. Diese beziehen sich auf die sprachliche und die gestalterische Ebene. Eine wichtige Regel fordert kurze, einfache Sätze in einer gebräuchlichen Sprache. 3 Geschlechtergerechte und Leichte Sprache Zur Verwendung geschlechtergerechter Sprache in Texten in Leich- ter Sprache gibt es eine kritische Diskussion. Hauptsächlich geht es hier um den Kritikpunkt, dass sowohl der Unterstrich als auch das Gendersternchen Texte in Leichter Sprache schwerer verständlich und weniger leicht lesbar machen würden und somit dem zentralen Ziel der Leichten Sprache entgegenstünden. Daneben werden auch Aspekte der Charta der Vielfalt Vom Wert der Verschiedenheit Der Kreisjugendring München-Stadt hat 2007 die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet. Ziel der Initiative ist es, die Anerkennung, Wertschätzung und Einbeziehung von Vielfalt in der Arbeitswelt voranzubringen. Organisationen sollen ein Arbeitsumfeld schaffen, das frei von Vor- urteilen ist. Alle Mitarbeitenden erfahren Wertschätzung – unabhängig von Geschlecht, geschlechtlicher Identität, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität. Einmal im Jahr gibt es den „Diversity-Tag“. 2019 findet dieser am 28. Mai statt. Diversity wird als Konzept verstanden, das Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Menschen anerkennt, wertschätzt und den Umgang damit fördert. In diesem Jahr macht sich der KJR München-Stadt gemeinsam mit dem KJR München Land in einem Reisebus auf den Weg, um Einrich- tungen zu den Diversity-Schwerpunkten interkulturelle Jugendarbeit, LGBTIQ* und Inklusion zu besuchen. Hierbei wird mit den Jugendlichen und den Teams vor Ort diskutiert, um zu erfahren, wie der jeweilige Schwerpunkt in der täglichen pädagogischen Arbeit umgesetzt wird. Während der Fahrzeiten oder beim Mittagessen entsteht hoffentlich reger Austausch über die erlebte und gelebte Vielfalt in den beiden Jugendringen. Darüber hinaus können viele neue Ideen für die eigene Einrichtung gesammelt werden. Mehr Infos: www.charta-der-vielfalt.de Sylvio Bohr, Referent der Geschäftsführung, KJR Eine Gesellschaft ist wie ein Mosaik aus vielen einzelnen Bausteinen Foto: Moni Sertel, pixelio.de

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