Dachzeile 22 das kommt | 01 | 2019 Sexualisierung d r Gesellschaft Schwerpunk Erziehung und Betreuung mit Mütterlichkeit assoziiert wird, wird die Frage aufgeworfen, welche Interessen ein Mann verfolgt, der in diesem Beruf tätig ist. Hierbei geht es oft um die Vorstellung des potenziellen Missbrauchers oder der potenziellen Pädophilie, weshalb von einem Generalverdacht gesprochen wird. Dieser Generalverdacht hat durchaus konkrete Auswirkungen auf die Pädagogik, da sich Pädagogen bei Fürsorgetätigkeiten zurücknehmen oder körperliche Nähe zurückweisen. (vgl. Cremers/Krabel in Rose/May 2014, 298 ff.) Eine gute Bestandsaufnahme zum Thema „Generalverdacht“ hat die Koordinierungsstelle für Männer in Kitas in ihrer Handreichung für die Praxis erstellt. Nach einer Bestandsaufnahme zum Thema wurden zwei Bausteine entwickelt, die den oben beschriebenen Problemlagen begegnen. Der erste Baustein beschäftigt sich mit dem Umgang mit pauschalen Verdächtigungen gegenüber Männern. Hierbei spielen eine Erweiterung der stereotypen Geschlechterbilder eine Rolle sowie der Umgang mit Nähe und Körperkontakt als auch Öffentlichkeitsarbeit und Elternarbeit. Der zweite Baustein umfasst ein Konzept zum Schutz vor sexualisierter Gewalt. Hierbei geht es sowohl um ein Schutz- als auch um ein sexualpädagogisches Konzept in den Institutionen (vgl. Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ 2014). Diese Handreichung kann gut auf andere Bereiche der Sozialen Arbeit übertragen werden. (Siehe Literaturverzeichnis) „Professionelle pädagogische Arbeit können sowohl Frauen als auch Männer leisten. Man qualifiziert oder disqualifiziert sich nicht durch sein Geschlecht. Entscheidend sind die persönliche Eignung, das Fachwissen und die Fähigkeit, das Wissen in die Tat umzusetzen. Professionell agierende Erzieher und Erzieherinnen handeln zum Wohl der Kinder, sie wissen um den richtigen Umgang mit Nähe und Distanz. Mit gut ausgebildeten Fachkräften ist die Gefahr von Grenzverletzungen und Missbrauch minimiert, absolute Sicherheit gibt es aber nicht. […] Wir sind gefordert, professionell umzugehen mit der wirklichen Gefahr sexualisierter Gewalt und mit falschen Verdächtigungen. Kinderschutz und Schutz der Mitarbeitenden sind zwei Seiten einer Medaille“ (Herrenbrück in Rose/May 2014, 307) Daher sollte eher der Frage nachgegangen werden, wie ein wirksamer Schutz vor sexuellen Übergriffen und sexueller Gewalt gewährleistet werden kann, als der Frage danach, inwieweit Männer potenzielle Täter sind. Die professionelle Auseinandersetzung rückt damit ins Zentrum und die Frage nach dem Geschlecht der Fachkräfte in den Hintergrund. (vgl. Cremers/Krabel in Rose/May 2014, 307) Bernhard Rutzmoser, Beauftragter für Jungen*, junge Männer* und LGBTIQ, KJR Literatur n Budde, Jürgen/Christine Thon/Walgenbach, Katharina (Hrsg.) (2014): Jahrbuch Frauen- und Geschlechterforschung in der Erziehungswissenschaft. Männlichkeiten. Geschlechterkonstruktionen im pädagogischen Alltag. Berlin/Toronto. n Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ (Hrsg.) (2014): Sicherheit gewinnen. Wie Kitas männliche Fachkräfte vor pauschalen Verdächtigungen und Kinder vor sexualisierter Gewalt schützen. Berlin. https://mika.koordination-maennerinkitas.de/fileadmin/ company/pdf/Newsletter/06_Broschuere_Sicherheit_gewinnen. pdf n Rose, Lotte/May, Michael (Hrsg.) (2014): Mehr Männer in die Soziale Arbeit? Kontroversen, Konflikte und Konkurrenzen. Berlin/ Toronto. n Schaffer, Hanne (2013): Sozialpädagoge und Mann. Männliches Selbstverständnis in einem Frauenberuf. Freiburg. Sexualität und Behinderung? Ein Tabuthema Sexuelle Selbstbestimmung Die Pubertät stellt alle Menschen vor eine Herausforderung: In dieser Zeit entwickelt sich ein (individuelles) Verständnis von Sexualität, das nicht zuletzt durch Erfahrungen geprägt wird, die nicht vorrangig sexueller Natur sind. Wieso sollte ein Rollstuhl etwas an den persönlichen Wünschen beim Thema Sexualität andern? Bin ich liebenswert – für mich selbst, aber auch für die Menschen in meinem Umfeld? Welche vorgelebten Ideale kann und will ich erfüllen? Solche Fragen drängen in dieser Zeit verstärkt in die Gedankenwelt. Entspricht man nicht den gängigen Normen, die durch Medien, das Umfeld und eigene Erfahrungen geprägt werden, kann das Jugendliche vor eine große Herausforderung stellen. Besonders Heranwachsende mit Behinderung haben es in dieser Phase schwer, weil sie beispielsweise mit ihren körperlichen Einschränkungen nicht einem vermeintlichen Schönheitsideal entsprechen. Auch beim Kräftemessen oder körperlichen Anstrengungen können sie nicht immer mit den vor Kraft sprühenden Gleichaltrigen mithalten. Zudem können sie sich in bedrohlichen Situationen nicht immer im gleichen Maße wehren und sich etwa vor sexuellen Übergriffen schützen. Bei Jugendlichen mit einer verzögerten kognitiven Entwicklung kann die Pubertät auch zu einer Diskrepanz zwischen dem Sexualverhalten und der intellektuellen Reife führen. Physische Veränderungen werden unter Umständen falsch eingeordnet und es entstehen Angst, Unsicherheit, Ablehnung oder gar Ekel. Zudem fällt die Zuordnung, welche Foto: Rainer Sturm, pixelio.de
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