| 01 | 2019 21 Sexualisierung der Gesellschaft Schwerpunkt Für Eltern bedeutet das Wissen über die Inhalte der Schutzkonzepte mehr Sicherheit, da es Klarheit bezüglich der Rahmenbedingungen und der standardisierten Vorgehensweisen gibt. Bei all den gutgemeinten Gedanken von Schutzkonzepten besteht jedoch die Gefahr, dass die Kinder und Jugendlichen in ihren Freiräumen und Handlungsoptionen begrenzt und eingeschränkt werden. Das kann beispielsweise dazu führen, dass – unter (schutz-)pädagogischen Abwägungen – Kinder in der Krippe nicht mehr gestreichelt oder in den Arm genommen werden dürfen. Ein solches Verhalten kann sich jedoch negativ auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Ein gangbarer Weg muss deshalb innerhalb der pädagogischen Teams immer wieder neu durch Gespräche und den gegenseitigen Austausch gesucht werden. Die ernsthafte Auseinandersetzung mit Schutzkonzepten ist also für alle Beteiligten gewinnbringend. Bianca Wallenta, Petra Kutzner, Abteilung KitaE, KJR Literatur n Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich (RTKM) (2011): Abschlussbericht. Berlin n Wolff, Mechthild; Fegert, Jörg M.; Schröer, Wolfgang (2012): Mindeststandards und Leitlinien für einen besseren Kinderschutz. Zivilgesellschaftliche Verantwortung und Perspektiven nachhaltiger Organisationsentwicklung. In. Das Jugendamt, Heft 3, S. 121-126 dem Hintergrund der Konstruktion von Geschlechterdichotomie und gesellschaftlicher Geschlechterhierarchie. (vgl. Rohrbach in Budde/ Thon/Walgenbach 2014, 68ff.) Arbeit im Sinne von Kindern Es gibt eine Vielzahl von europäischen und nationalen Initiativen, um mehr Männer für den Sozial- und Gesundheitssektor zu gewinnen. Nicht nur politisch setzt man sich für mehr Männer in der sozialen Arbeit ein. Auch alle Beteiligten im Arbeitsfeld Kindertageseinrichtungen wünschen sich zum Beispiel männliche Fachkräfte, wie eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2010 zeigt. (vgl. Cremers/Krabel in Rose/May 2014, 294 ff.) Zudem hob Raewyn Connell, Autorin einer der bedeutendsten Arbeiten der gegenwärtigen Männerforschung (vgl. Schaffer 2013, 18), hervor, dass sich zunehmend mehr Männer für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen und nicht hegemoniale Männlichkeitskonzepte vertreten. (vgl. Cremers/ Krabel in Rose/May 2014, 296) Männliche Fachkräfte profitieren, wie Connell es bezeichnet, von einer patriarchalen Dividende. Sie werden teils als Heilsbringer gesehen und mit Anerkennung überschüttet sowie durchweg mit Kompetenz in Verbindung gebracht – lediglich aufgrund ihres Geschlechts. Ihnen werden männlich konnotierte Fähigkeiten zugeschrieben, wie klare Kommunikation, naturwissenschaftliche Fähigkeiten oder eine Affinität für sportliche Angebote. Sie werden in ihrer Arbeit kompetenter als Frauen wahrgenommen und haben höhere Chancen in Leitungspositionen aufzusteigen. (vgl. Cremers/Krabel in Rose/ May 2014, 297) Männliche Fachkräfte profitieren von diesen geschlechtsspezifischen Bevorzugungen, unabhängig davon, ob sie diese Kompetenzen und Vorstellungen von Männlichkeit haben bzw. vertreten. Für die Pädagogen kann es dabei zu Konflikten in der Institution führen, wenn die gewünschten Kompetenzen und das geschlechtsstereotype Auftreten als „zu männlich“ in der Frauendomäne Soziale Arbeit wahrgenommen werden. (vgl. Rohrbach in Budde/Thon/Walgenbach 2014, 72 ff.) Andererseits werden männliche Fachkräfte in sozialen Berufen häufig als keine „richtigen Männer“ wahrgenommen oder als verweiblicht beschrieben bzw. sogar als schwul bezeichnet. Connell spricht hier von untergeordneten Männlichkeiten, da durch diese Zuschreibungen eine Abwertung der Männlichkeit ausgedrückt werden soll, in Differenz zu dem, wie „normale Männlichkeit“ ist. Und wenn, wie oben beschrieben, Pädagogen zwischen Idealisierung und Vorbehalten Positive und negative Diskriminierung Noch immer bestimmen soziale Zuschreibungen die gesellschaftlichen Rollen von Männern und Frauen, die damit verknüpften Vorteile und Nachteile und damit auch das Bild von Weiblichkeit und Männlichkeit. Dies bestimmt nicht zuletzt die Auseinandersetzungen, wenn es darum geht, dass Frauen in berufliche Bereiche vordringen, die bisher überwiegend von Männer besetzt waren. Der Umkehrfall gilt ebenso, beispielsweise in der Sozialen Arbeit. Die dabei wirkenden Vorstellungen von Weiblichkeit oder Männlichkeit bzw. deren Stärken und Schwächen wirken nicht nur in privaten Bereichen, sondern auch in professionellen Kontexten bei der Erziehung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen. (vgl. Schaffer 2013, 13) Ausgehend von einem bürgerlichen Familienmodell und polarisierenden Geschlechterrollen des 19. Jahrhunderts, die aus einer Kombination aus Biologie und einer natürlichen Bestimmung abgeleitet wurden, entwickelte sich ein Ideal für das Berufsbild von Sozial- und Pflegeberufen, eine Art „geistige Mütterlichkeit“. Der Beruf ist damit eng an die Frau und ihre „natürlichen“ Eigenschaften geknüpft. Auch wenn heute immer mehr Männer in diesen Berufen tätig sind, überwiegt die Anzahl der Frauen – vor allem in der Arbeit mit Kindern. Männer erscheinen im Geschlechtersystem Erziehung und Betreuung als „anders“ und „fremd“. Dies führt zu einer Polarisierung von Männlichkeit in sozialer Tätigkeit, die entweder in einer Idealisierung oder einer Abwehr mündet. Dieser Prozess entwickelt sich vor Den schmale Grat zwischen Unbefangenheit im Umgang mit Kindern und zu viel Nähe müssen besonders Männer bewältigen. Foto: DVD „Blickwinkel“ des DBJR, dieprojektoren agentur für gestaltung und präsentation
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