| 01 | 2019 19 Sexualisierung der Gesellschaft Schwerpunkt und Chance zugleich. Jugendliche müssen lernen, reflektiert mit der Bilder- und Informationsflut im Netz zurechtzukommen. Wichtig ist es daher, die Inhalte mit den Jugendlichen zu thematisieren und zu reflektieren, ohne sie zu kontrollieren oder gar dafür zu bestrafen. Medienerziehung fügt sich hier mit Sexualerziehung zusammen. Zusammengefasst ist Sexualaufklärung heute vielkundiger geworden und bedarf eines interdisziplinären Ansatzes, der über die Themen Anatomie, Verhütung und Schwangerschaft hinausgehen muss. Es bedarf zudem des besonderen Engagements und des Muts von Lehrerinnen und Lehrern bzw. Sozialarbeiterinnen und -arbeitern, sich den Fragen der Heranwachsenden zu stellen. Die Jugendlichen kommen mit ihren Biografien und wir mit unseren. Begegnung auf Augenhöhe und ehrliche Antworten sind die Schlüsselbegriffe. Die Schulsozialarbeit/JaS leistet durch ihre bedarfsgerechten Angebote einen wichtigen Beitrag für eine umfassende Sexualaufklärung der jungen Generation. Vanessa Gittner, JaS, Toni-Pfülf-Mittelschule Einblick in die Arbeit des Freizeittreffs Freimann Sexualität – Thema im offenen Treff Als wir die Anfrage erhielten, ob wir einen Artikel für den „K3“ über Entwicklungen und mögliche Veränderungen beim Thema Sexualität und Aufklärung schreiben wollten, war unser erster Impuls abzusagen. Das Thema ist breit und bietet viel Platz für Diskussionen und Kontroversen, die man im geschriebenen Wort nicht alle aufklären kann. In der Auseinandersetzung mit dieser Frage haben wir jedoch erkannt, dass es durchaus interessant ist, sich darauf einzulassen. Um auf die Veränderungen einzugehen, wollen wir allerdings keinen Vergleich zwischen früher und heute ziehen, weil wir weder früher noch heute abwerten oder hochloben wollen. Wir würden uns selbst nicht als Expertinnen und Experten in diesem Thema bezeichnen – aber als Fachleute der Offenen Kinder und Jugendarbeit. Deshalb geht es im folgenden Text um den Umgang mit dem Thema Sexualität in unserer täglichen Arbeit. Begonnen haben wir die interne Diskussion, indem wir die Darstellung von Sexualität in den Medien näher betrachteten. Wir beobachten hierbei zwei Strömungen. Einerseits die positive Veränderung in der Medienwelt durch Streaming-Dienste wie Netflix, die ein diverses Programm anbieten, in dem alternative Entwürfe von Familie gezeigt werden. Sexualität kann „fluent“ sein und verbindet Menschen verschiedener ethnischer Hintergründe. So ist beispielsweise der Kinofilm „Love Simon“ ein positives Beispiel dafür, das vor allem Jugendliche anspricht. Medien als Leitinstanz Erwähnen wollen wir in diesem Zusammenhang die Show „Germany‘s Next Topmodel“, die wir aufgrund des vermittelten Schönheitsideals durchaus kritisch betrachten. Zugleich nehmen wir positiv wahr, dass selbstverständlich auch Transgender an diesem Format teilnehmen. Wir sehen die Medien deshalb als Chance, weil diese Themen offener besprochen werden und die entsprechenden Protagonistinnen und Protagonisten für Kinder und Jugendliche Vorbilder sein können. Auf der anderen Seite nehmen wir die sexistischen, homophoben, gewalt- und drogenverherrlichenden Songtexte wahr, die etwa im Rap Gefühle und Sexualität sollen unverkrampft und angstfrei ausgelebt werden – dazu trägt auch die Offene Kinder- und Jugendarbeit bei. Selbstbehauptungskurse für Kinder Vor zwei Jahren haben sich die Anmeldezahlen drastisch erhöht. Während es vorher knapp 10 Mädchen und 10 Jungen im Jahr waren, haben wir seit 2017 massiv erhöhte Anmeldezahlen. 2017 konnten wir drei Kurse für Mädchen und zwei für Jungen mit insgesamt 60 Kindern anbieten. 2018 waren es immer noch ca. 40 Anmeldungen. Für uns ist es auf der einen Seite eine positive Entwicklung, dass viele Eltern hier mehr Wert auf Prävention legen. Auf der anderen Seite fragen wir uns, woher dieses Interesse kommt. Liegt es eventuell an der medialen Berichterstattung zum Thema Silvester in Köln? Der Stimmungsmache der AfD? Der Aufdeckung von Kinderpornographie-Ringen? Der Teilnahme von jüngeren Kindern und Jugendlichen an den sozialen Medien und den entsprechenden Erfahrungen? Unabhängig von diesen Hintergründen, sehen wir unsere Aufgabe darin die Sorgen der Eltern ernst zu nehmen und die Kinder mit diesen Kursen zu stärken. Für unser Fazit wagen wir jetzt doch noch einen Vergleich zwischen früher und heute. Wir finden es positiv, dass mehr über Sexualität geredet wird, anstatt sie zu tabuisieren. Schließlich fängt Prävention vor sexuellem Missbrauch mit Aufklärung an. Und aufklären kann man nur, wenn man im Gespräch bleibt. Für die Zukunft wünschen wir uns ein breites Angebot an Vorbildern für unsere Kinder und Jugendlichen, ohne dass man Unterschiedlichkeiten noch ausführlich thematisieren muss, weil sie normal geworden und in unserer Gesellschaft angekommen sind. Jennifer Otto, Freizeittreff Freimann, KJR Foto: DVD „Blickwinkel des DBJR, studioprokopy werbeagentur & fotostudio
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