K3 No. 8 - November 2018
Dachzeile 30 das kommt | 08 | 2018 Partizipation Schwerpunk Die Kinder partizipieren auch dadurch, dass sich die Eingewöhnungs- zeit an den Bedürfnissen und dem Tempo des Kindes orientiert und es die nötige Zeit bekommt, sich in der Kita einzuleben. Die Kinder drücken durch „Beschwerden“, wie zum Beispiel weinen, schreien usw. aus, dass es ihnen zu viel ist oder zu schnell geht. Hier ist es wichtig, auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen und die Eingewöhnung dem Bedarf des Kindes anzupassen. Die Entwicklung von gemeinsamen Regeln ist eine weitere wichtige Form der Partizipation, bei der die Kinder mit den pädagogischen Fachkräften zusammen bestimmen, wie die gemeinsame Zeit gestaltet werden soll. So können hier sowohl die Kinder als auch die Fachkräfte Regeln festlegen, die allen wichtig sind und an die sich alle halten sol- len. Hierbei ist darauf zu achten, dass sowohl die Vorschläge der Kinder als auch die der Fachkräfte das gleiche Gewicht haben. Kinder wissen schon sehr gut, was man darf und was nicht. Die gemeinsamen Regeln sollten in Form von Bildern für alle gut sichtbar aufgehängt werden. Hort Da die Möglichkeiten der Beteiligung von Jahr zu Jahr wachsen, kann den Kindern im Hort eine höhere Stufe der Partizipation zuge- traut und eingeräumt werden. So geht es hier darum, dass die Kinder erst einmal informiert werden, in welchen Bereichen und wie sie sich einbringen können. Im Hort gibt es hierzu oft Kinderkonferenzen, bei denen sie Entscheidungen über Aktionen, Ausflüge, Spielmaterial, Feste usw. treffen können. Eine interessante Frage an die Kinder wäre, was sie überhaupt gern im Hort entscheiden möchten. Dabei kann es beispielsweise auch um die Gestaltung der Räumlichkeiten und die Tagesstruktur gehen; wann und wo sie ihre Hausaufgaben machen wollen. Dabei ist den Kindern zuzutrauen, dass diese Entscheidungen von Rahmenbedingungen abhängig sind und nicht alles möglich ist, jedoch gemeinsam nach Lösungen und Kompromissen gesucht wird. Die Möglichkeiten der Partizipation von Kindern sind facettenreich, und gelebte bzw. echte Partizipation kann für alle Beteiligten eine wertvolle Erfahrung sein. Oder wie der Philosoph Seneca formulierte: „Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“ Bianca Wallenta, Fachbeauftragte Kindertageseinrichtungen, KJR Streitschlichtung an der Grundschule „Das können wir schon gut alleine ... lasst uns mal ran!“ Die Streitschlichterausbildung findet bereits seit zehn Jahren als Tandem-Projekt zwischen dem Spielhaus Sophienstraße und der Blutenburg-Schule statt. Um den Kindern konstruktive und praktikable Konfliktlösungsstrate- gien an die Hand zu geben, wurde an der Schule 2008 die AG Streitsch- lichtung ins Leben gerufen. In dieser AG werden jährlich sechs neue Streitschlichterinnen bzw. -schlichter aus dritten Klassen ausgebildet. Schwerpunkte der Ausbildung sind neben dem Erwerb von sozialen Kom- petenzen auch die Stärkung von Empathie und Einfühlungsvermögen sowie das Erlernen einfacher Konfliktlösungsmöglichkeiten. Die eigene Wahrnehmung wird geschult, die Kinder lernen, mit sich selbst und der Empfindungs- und Denkwelt anderer achtsam umzugehen. Dazu gehört Streitschlichterinnen und -schlichter an der Blutenburg-Grundschule Ist das was für Dich? „Also gut zuhören können musst du schon.“ – „Wenn du selber oft streitest, solltest du dir das nochmals überlegen, ob du die Richtige für den Job bist“ – „Also hier musst du ganz schön viel selber machen? Das ist aber toll, traust du dich?“ – „Kannst du Geheimnisse für dich behalten? Das wäre schon wichtig!“ eine gute Kommunikation, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten erkennbar und nutzbar zu machen. Bei der AG Streitschlichtung handelt es sich um eine Schülermedia- tion. Diese Sonderform der Mediation nennt man auch Peer-Mediation, d.h. eine Mediation durch Gleichaltrige. Sie bietet einen entscheidenden Vorteil: Kinder und Jugendliche werden in hohem Maß von Gleichalt- rigen geprägt. Die Regeln ihrer Peer Group werden im Gegensatz zu den Regeln der Erwachsenen oft leichter akzeptiert und eingehalten. Die Schülermediatorinnen und -mediatoren unterstützen die in etwa gleichaltrigen Kinder beim Finden von Lösungen in Konfliktsituati- onen, ohne zu urteilen. Sie moderieren das Gespräch, legen aber nicht die Inhalte fest. Sie werten nicht, strafen nicht und behandeln die Streitschlichtung streng vertraulich. Mitwirkung von Anbeginn In einem partizipativen Prozess können sich die Kinder als Streit schlichterin bzw. Streitschlichter bewerben und werden demokratisch und paritätisch von den Amtierenden und Trainerinnen ausgewählt. Es werden insgesamt sechs Kinder aus 3. Klassen benannt. Wir achten dabei immer auf eine paritätische Besetzung. In der 4. Klasse dürfen sie später nach ihrer bestandenen Prüfung aktiv werden. Parallel zur neuen Ausbildung findet einmal wöchentlich die Streitschlichterstunde statt. Außerdem werden regelmäßig Konferenzen mit allen aktiven Streitschlichterinnen und Streitschlichtern sowie mindestens einer Trainerin durchgeführt, um sich auszutauschen und zu beraten. Foto: Kerstin Hof So erwerben die Kinder wichtige Schlüsselkompetenzen, denn ihnen Verantwortung zu übertragen, Mut zu machen, sich zu beteiligen und mitzuentscheiden, sind leider wenig vertraute Dinge im Schulalltag. Damit es in dieser Form funktioniert, erfordert es auch von der Schul- leitung und den Lehrkräften besonderes Vertrauen und Unterstützung. Während der letzten zehn Jahre wurden zwei Evaluationen mit den Lehrkräften und allen Kindern durchgeführt. Die Rückmeldungen waren durchweg positiv und sehr motivierend. Das Schulklima hat sich durch die Ausbildung deutlich verbessert und die AG Streitschlichtung gehört inzwischen zum festen Bestandteil der Schule. Sie hat bei Kindern, Lehrkräften und Eltern einen hohen Stellenwert.
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