K3 No. 8 - November 2018

| 08 | 2018 23 Partizipation Schwerpunkt Wie ich wurde, was ich bin Wunsch und Wirklichkeit Am gesellschaftlichen Diskurs teilhaben, sich einbringen und ge­ stalten – wer Partizipation mit Leben füllen will, braucht Vorbilder, den Willen zur Mitarbeit und geeignete Strukturen. KJR-Vorsitzende Steffie Lux und KJR-Vorstandsmitglied Ozan Aykac berichten, wie sie zum Engagement fanden. Gab es eine Initialzündung für euer Bedürfnis, mitgestalten zu wollen? Steffie: Kein konkretes Ereignis. Meine Eltern erzählen aber bis heute, dass ich immer schon jemand war, der Verantwortung übernehmen und mitgestalten wollte und Dinge hinterfragt hat. Später zum Leidwesen meiner Lehrer … Eine prägende Phase war die Zeit um meine Firmung herum. In der Pfarrgemeinde hatte sich mit dem Cross-Over-Team eine Jugendgruppe gebildet, die basisdemokratische Strukturen hatte. Ich war damals elf oder zwölf Jahre alt. Hier habe ich erstmals hautnah Partizipation erlebt – im Vergleich zu meiner Funktion als Klassenspre- cherin übrigens echte Partizipation. Ozan: Bei mir war das auch etwa in diesem Alter. Ich habe mich für Schulpolitik interessiert und wollte mitgestalten. Meine Tagesheim­ erzieherin war zu der Zeit ein echtes Vorbild – hat Aktionen und Erlebnisse organisiert, die echte Mitwirkung ermöglichten. Sie hat uns Kindern das einfach zugetraut. Auf dem Gymnasium konnte ich später als Schulsprecher und Mitglied der StadtschülerInnenvertretung größere Fragen angehen. Es braucht also Vorbilder? Ozan: Die Einstellung und das Leben meiner Eltern und Großeltern haben mich schon darin bestärkt, mich einzubringen, mitzugestalten. Das war für alle Beteiligten mitunter durchaus anstrengend. Doch so wie man es einem jungen Menschen vorlebt, so entwickelt er sich dann auch. Die entfachte Lust für Engagement und Teilhabe ist dann nicht mehr leicht zu zähmen. Steffie: Bei mir war das ähnlich – in meinem Elternhaus wurden Engage- ment und Verantwortungsübernahme schon immer groß geschrieben. Meine Eltern haben Partizipation vorgelebt und mich später bei meinen eigenen ersten Schritten begleitet. Sich engagieren bedeutet auch, mit Niederlagen umgehen zu kön­ nen. Wie bleibt man dennoch dabei? Ozan: Partizipation heißt für mich nicht, dass man nur eigene Ideen durchsetzen will. Dann wäre man in der Tat schnell enttäuscht, wenn es nicht klappt. Für mich bedeutet Teilhabe und Mitwirkung vor allem auch, Partizipation für alle zu ermöglichen. Wenn man so will – eine Vorstufe oder Voraussetzung für demokratische Gesellschaften. Steffie: Bei mir war es jedenfalls so, dass mich meine eigenen Erfah- rungen immer weitergebracht haben. Das hat etwas mit Selbstwirk- samkeit zu tun. Wenn man erlebt, dass man selbst Dinge in Bewegung bringen kann, beflügelt das dauerhaft. Das gilt übrigens auch für Misserfolge, die man durchleben muss. Eine weitere Voraussetzung ist ein langer Atem und die Bereitschaft, seine Ziele realistischer zu formulieren. Ach ja – Partizipation heißt auch, Mitstreiter für die eigenen Ideen zu suchen. Neben dem Elternhaus – welche Institutionen beförderten euer Engagement? Steffie: Jugendverbände sind ein toller Ort, um aktiv mitzugestalten und Partizipation zu erleben. Ich denke aber, dass man schon relativ alt ist, bis man sich in einem Jugendverband engagieren kann, zumindest in den meisten Verbänden. Solche partizipativen Erfolgserlebnisse sollten Kinder schon früher haben. Die Kindertagesstätten sind ein guter Ort, um Partizipation zu lernen und zu erleben. Hier gibt es in- zwischen spannende Konzepte der Mitbestimmung und Mitgestaltung durch Kinder.

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