K3 No. 5 - Juli 2018
| 05 | 2018 25 Heimat Schwerpunkt Heimat – Sprache; Sprache – Heimat „Jetzt bleibst hoit bei uns derwei“ Die beiden Liedermacher Margit Sarholz und Werner Meier feiern in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläummit ihrem Kinderlieder-Verlag Sternschnuppe. Sie haben schon über 25 CDs veröffentlicht, darunter der bayerische Kinderzimmer-Klassiker „Die Brezn-Beißer-Bande“ oder ihre CD „Baye- rische Kinderlieder – Drunt in der greana Au“. Ihre Familien-Musicals genießen Kultstatus. Gerade ihr bayerisches Musical „Die Kuah, die wollt ins Kino gehen“ läuft seit mehr als elf Jahren im Münchner Lust- spielhaus und auf Tournee. Warum Kinder Mundart lieben Margit: Wir machen schon ganz lange Musik für Kinder, und Mundart war uns dabei schon immer wichtig. Deshalb sind viele unserer Lieder auf Bairisch. Als wir vor 25 Jahren angefangen haben, war das noch keine Selbstverständlichkeit und das Bairische unter Eltern und Pä- dagoginnen bzw. Pädagogen längst noch nicht so positiv besetzt wie heute. Da hat sich viel getan – zum Glück! – wie wir finden. Werner: Die Kinder haben unsere bairischen Lieder schon immer geliebt, denn Dialekt drückt viel besser Gefühle aus, kann viel mehr zwischen den Zeilen sagen, mal hintersinnig und schlitzohrig, mal berührend oder mal wild und krachert. Dazu lässt es sich im Bairischen noch super lustig reimen. Also ganz viele Dinge, die Kinder mögen. Margit: Ja, und ganz wichtig, mit dem Dialekt erreicht man direkt die Herzen. Ob unsere „Kuah, die wollt ins Kino gehen“ beherzt beschließt „I geh heit no ins Kino!“ oder verzweifelt schluchzt „I woaß gar nimmer, wo i hi muass!“ – die Kinder sind ganz nah bei ihr. Werner: Unser Lied „Franjo“ war das Lieblingslied bei unseren Studio- kindern, obwohl es weder lustig noch fetzig ist, sondern die Geschichte eines Kriegsflüchtlings-Kindes erzählt, das in einem bayerischen Dorf strandet. Wir haben es aus gutem Grund auf Bairisch geschrieben, denn es geht um Heimat und Heimweh. Wie lässt sich das besser ausdrücken und nachfühlen als im Dialekt: ›Oft bei der Nacht, da liegt da Franjo no’ wach. Woana? Na, woana muss er net. Er schaut an die Deck’n über sei’m Bett. Die Bilder von dahoam, die zieh’n da vorbei. Die Oma, seine Freund’ – alle san’s dabei. Nach de Ferien, da geht aa fürn Franjo, wia für olle, die Schui wieder o. Für die andern, da g’hört er scho dazua und seit gestern hot er aa Fuaßballschuah.‹ Bairisch scheint einfach Spaß zu machen – nicht nur Kindern. München – Liebeserklärung eines Zuagroasten Warum nur? München ist die lebenswerteste Stadt Deutschlands. Respekt! Aber jetzt mal ganz ehrlich. Was taugt München im Detail? Hier mein ganz persönlicher Fakten-Check – ganz ohne Oktoberfest, Mietpreise, Verkehrs-Chaos und den ganzen anderen Wahnsinn, den diese Stadt zu bieten hat. #Bier Münchner (und natürlich auch Münchnerinnen) trinken Augustiner oder Giesinger oder gar das Weißbier von Paulaner oder Spaten Hell. Schon mal was von Gutmann oder Karg Weißbier gehört oder das wun- derbare Müllerbräu Gold genossen? Eine geschmackliche Vielfallt tut sich da in den Weiten Bayerns auf und die Halbe kostet nicht gleich fünf Euro. #Kindergartenplätze Mit großem Aufwand wurde in München der Kita-Finder installiert. Das Chaos um die Vergabe der begehrten Plätze in Kindertagesstätten besteht aber gefühlt und real weiter. Dann zahlen viele Eltern horrende Summen, um ihr Kinder in privaten Einrichtungen unterzubringen. Die reichen Gemeinde im Speckgürtel wie Unterföhring oder Grünwald bieten die Kitaplätze für lau. #Party in der Natur Alle laufens zum Flaucher und feiern dort zu Tausenden. Dann stinkt‘s nach Bier, Rauch und Urin. Am nächsten Tag stapelt sich der Müll. Seid ihr schon in der Alz vom Chiemsee bis nach Truchtlaching geschwom- men? Sich im lauwarmen Flusswasser von Liegewiese zu Liegewiese, von Wirtshaus zu Wirtshaus treiben lassen und danach im Freibadkiosk ein Steckerleis lutschen. Das ist eine Party für alle Sinne. Margit: Und es geht ums Aufgenommenwerden und Dazugehören in der neuen Heimat. Einfach, schlicht, überzeugend und kindgerecht lässt sich nur im Dialekt sagen: „Schau, Franjo, irgendwann, geht amoi jeda Krieg vorbei. Jetzt bleibst hoit einfach bei uns, jetzt bleibst hoit bei uns derwei.“ Werner: Und noch etwas: Kinder sind richtige Sprachliebhaber. Kein Wunder, denn sie sind ja ständig mit Spracherwerb beschäftigt und haben noch einen frischen Blick auf Wörter und Ausdrücke. Sie lieben Sprachspielereien, ungewöhnliche oder lautmalerische Wörter, Sinnverdrehungen und lustige Reime. Margit: Das geht im Bairischen ganz wunderbar, was im Hochdeut- schen nie ginge: „Do sagt da Eski-Mo zur Eski-Frau …“. Werner: Es reimt sich so schön: Kuah auf Föhnfrisua und Goldfasan auf Apfelschmarrn oder Brotbresl auf Esl … für Kinder eine Riesengaudi und eine Einladung zum Weiterspinnen. Margit: Deshalb wird unsere nächste CD auch wieder eine Bayerische – mit der sind wir jetzt gerade im Studio: „Bayerische Winter- und Weihnachtslieder“ zum Zammschmucka, Kanapeekuscheln, Guadlbacha und Mitsinga. Foto: Sternschnuppe, Mohr Studios Was bedeutet für Dich Heimat? » Heimat ist für mich mein Land und mein Haus. « Falak, 9 (Abenteuerspielplatz ABIX)
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