K3 No. 4 - Juni 2018

Dachzeile | 04 | 2018 24 das kommt Jugend – Medi n – Schutz Schwerpunk Gesetzlicher Jugendmedienschutz im Blick Sicherheit geht vor! Was ist erlaubt, was verboten? Gibt es „gute“ und „schlechte“ Medien für Kinder und Jugendliche? Mutmaßungen über die schäd- liche Wirkung von Medien auf die Entwicklung Heranwachsender haben Tradition und sind bis heute Grundlage des gesetzlichen Jugendmedienschutzes. man gelernt, weshalb wir in Deutschland heute einen gesetzlichen Jugendmedienschutz haben. Technischer und erzieherischer Jugendschutz Eine Folge des Artikels 5 (Absatz 2) des Grundgesetzes (Verbot jegli- cher Vorzensur) ist die kontrollierte Selbstregulierung der Medien, bei der sich die Anbieter und deren Organisationen selbst um Altersfrei- gaben kümmern. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPfjM) und die Strafverfolgungsbehörden nehmen sich lediglich der besonders schädlichen Angebote an. Medienpädagogik ist dabei gesetzlich verankert und die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) mit ihren verschiedenen Institutionen und Angeboten ist für die Umsetzung verantwortlich. Jugendschutzgesetze orientieren sich bis heute in hohem Maße an Wirkungsannahmen und sollen vor allem negative Veränderungen des Einzelnen oder der Gesellschaft verhindern. Der stete Wandel der Medienwelt stellt allerdings einige (wissenschaftliche) Grundan- nahmen über eine vermutete Medienwirkung infrage. Die Verbindung aller medialen Möglichkeiten oder sogenannte soziale Medien, die von ihren Nutzerinnen und Nutzern Interaktivität und Produktivität fordern, stellen an Kinder und Jugendliche komplexe Anforderungen. So werden mehr Fähigkeiten und Kenntnisse angesprochen als jene, die sich in Alterskriterien wiederfinden. Hier wiederum ist dann die Medienpädagogik gefragt. Cornelia Walter, Projektstelle Medien und Technologie, KJR Zwei Annahmen gelten offenbar dauerhaft: Die in die Mediennutzung investierte Zeit gilt als problematisch (Sucht!) und durch Medien ver- mittelte Inhalte müssen ebenfalls kritisch bewertet werden (Schmutz und Schund!). Bei jedem „neuen“ Medium werden diese alten Ängste wieder diskutiert. Die Debatten um die entsprechenden Altersfreiga- ben von Filmen oder Computerspielen spiegeln dabei die Ängste jeder Gesellschaft in ihrer Zeit wider. Platon war beispielsweise nicht son- derlich von der Verschriftlichung der Sprache begeistert. Er vermutete, dass dadurch Gedächtnisschwund und ein Verfall von Wissen einsetzen würden. Eine Kritik, die heute Wikipedia und Google entgegenschlägt. Die Lesefreude war später im 18. Jahrhundert nicht nur den Kirchen ein Dorn im Auge. Die Lesegegnerinnen und -gegner debattierten hitzig über Lesesucht und Lesewut der Jugend. Verursachte das Lesen im Grunde doch jegliches Übel – von Realitätsverlust über den Verfall von Sitten und Moral bis zur Schädigung des Gehirns. Besonders an- fällig waren lesesüchtige Frauen, die dadurch offensichtlich jeglichen Anstand verloren. Mit dem Aufkommen von Rundfunk und Film im 20. Jahrhundert trat die Sorge um die Lesesüchtigen in den Hintergrund. Es gab sogar ver- einzelt Kampagnen zur Förderung des „guten Kinder- und Jugendbuchs“. Der größte Feind war nun die Unterhaltungsindustrie geworden, die mit ihrem „Schmutz und Schund“ alles Mögliche auszulösen schien: von einer Zunahme von Verbrechen bis zu Geschlechtskrankheiten. Die einzige Lösung, die den Kritikerinnen und Kritikern damals einfiel, war ein Verbot. So kam es zur Einführung der ersten Zensurgesetze; 1916 wurde die „Hauptstelle zur Bekämpfung des Schundes in Wort und Bild eingerichtet“. Vier Jahre später folgte das „Reichslichtspiel- gesetz“, das u. a. Kindern unter sechs Jahren den Besuch des Kinos untersagte. Erste medienpädagogische Bestrebungen, eine sinnvolle Mediennutzung zu fördern, erstickten die Nationalsozialisten im Keim. Sie instrumentalisierten Medien, nutzen sie zu Propagandazwecken und gezielter Manipulation und verboten alle „schlechten“ Medien. Aus diesem Umgang mit Zensur und dem Missbrauch von Medien hat Der Jugendmedienschutz muss auch ein Kindermedienschutz werden. In Kontakt mit Medien kommt man heute sehr früh. Computerspiele und Altersfreigabe Und ab welchem Alter ist das Spiel? Ein Prüfsiegel der USK ist noch lange keine pädagogische Empfehlung. Die aktuelle Debatte um das Spiel „Fortnite“ zeigt, wie viel Unsicherheit herrscht, wenn es darum geht, ab welchem Alter ein Spiel gespielt werden darf. Während das Grundspiel „Fortnite“, in dem es um das Überleben nach einer Zombie-Apokalypse geht, von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) geprüft wurde und eine Freigabe ab 12 Jahren erhielt, benötigt das Spiel „Battle Royal“ – darin kämpfen auf einer Insel 100 Menschen gegeneinander, bis der letzte Überlebende ge- winnt – im Online-Modus keine Altersfreigabe. Denn rechtlich gesehen Foto: Helene S ouza , pixelio.de Foto: USK

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjk2NDUy