K3 No. 4 - Juni 2018

Dachzeile | 04 | 2018 22 das kommt Jugend – Medi n – Schutz Schwerpunk Angesichts des verborgenen Machtverhältnisses in der Pädagogik mag dies verständlich sein, verantwortlich ist es nicht. Auch im Lernen mit digitalen Medien wird es auf die Auswahl ankommen, der Inhalte, der Methoden und Medien. Dieser Aufgabe kann sich der kompetente Erwachsene nicht mit dem Hinweis entziehen, dass er davon zu wenig verstehen würde. Insofern greift es zu kurz, die Entwicklung der digitalen Medien aus dem Blickwinkel des Jugendschutzes zu betrachten. Es geht um mehr und nichts anderes, ob es eine gesellschaftliche Verständigung darüber gibt, dass Kinder und Jugendliche nicht nur einen (medialen) Schutzraum brauchen, sondern wie wir mit diesen Veränderungen in Bildungs- und Lernprozessen umgehen. Ressourcen entdecken und fördern Im Umgang mit dem Jugendmedienschutz kann man exemplarisch bewerten, wie unsere Gesellschaft, speziell die Profession der Ju- gendarbeit zu Fragen des Jugendschutzes steht: Gerade der Teil der Jugendarbeit, der seine Wurzeln in der Jugendzentrumsbewegung sieht, wie die Offene Kinder- und Jugendarbeit, hat eher ein zwiespältiges Verhältnis dazu. Sehr oft wird die bevormundende oder gängelnde Seite betont. Dabei wird allzu leicht übersehen, dass es heute mit dem Auftauchen chemischer Drogen bzw. deren umfassender Verfügbarkeit beispielsweise eine ganz andere Drogenproblematik als in den 1970er Jahren gibt. Andererseits sieht man sich gerade in dieser Tradition als „Anwalt“ der Jugendlichen, was auch bedeutet, dass nicht alle Entwicklungen und Trends unter den Jugendlichen das Wort geredet wird, sondern auch nachgeprüft wird, welchen Interessen diese die- nen. Weder im Bereich der Medien noch im Umgang mit Drogen oder Glücksspiel kann man den „kompetenten Jugendlichen“ voraussetzen. Wohl aber einen Jugendlichen mit Ressourcen, die es zu stützen und zu entwickeln gilt. Freiräume zum Testen der Grenzen sind dabei un- bedingt notwendig. Ein früherer Buchtitel „Warum Huckleberry Finn nicht süchtig wurde“ hat es auf den Punkt gebracht: Suchtverhalten hat mit Sinnsuche zu tun, die man nicht anders erlebt hat oder erleben kann. Eine weitere Verregelung der Räume – im wörtlichen wie über- tragenen Sinne – und damit immer weniger möglichen Erfahrungen, auch grenzwertigen, begünstigt Suchtfaktoren. In diesem Sinne ist es Aufgabe der Jugendarbeit, sinnliche und emotionale Erfahrungen für Kinder und Jugendliche anzubieten, die ihnen eine individuelle und altersgerechte Entwicklung ermöglichen. Albert Fußmann, Institut für Jugendarbeit Gauting Jugendschutz zwischen juristischem Anspruch und pädagogischer Realität Das passt schon Bewahrt das Jugendschutzgesetz Heranwachsende tatsächlich vor Gefährdungen? Oder wächst die Zahl dieser Bedrohungen nicht viel schneller, als Politik und Gesetzgeber reagieren können? Ein Gespräch mit Armin Anstett vom Stadtjugendamt München und Rechtsanwalt Stefan Obermeier. Was soll das Jugendschutzgesetz bewirken? Anstett: Das Gesetz soll Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen schützen und gleichzeitig ein Orientierungsrahmen für Eltern sein, was zulässig ist. Gleichzeitig definiert das Gesetz Hand- lungsspielräume für Heranwachsende. Denn Kinder und Jugendliche müssen Gelegenheit haben, sich auszuprobieren. Obermeier: Das Jugendschutzgesetz ist meist die erste juristische Regelung, mit der Kinder und Jugendliche bewusst in Berührung kom- men. Leider gibt es nach wie vor Missverständnisse darüber, was dieses Gesetz regeln soll und für wen es gilt. Heranwachsende können daran lernen, dass Gesetze bestimmte Zwecke verfolgen und dass das eigene Handeln Konsequenzen haben kann. Für Eltern und pädagogisch Tätige werden Grenzen aufgezeigt, ab wann bestimmtes Handeln schädlich für Kinder und Jugendlichen sein kann. Ich würde dem Jugendschutzgesetz tatsächlich einen Lerneffekt beimessen. Wie dynamisch ist dieses Gesetz angesichts der sich ändernden Lebenswelten? Anstett: Das Gesetz ist relativ dynamisch. Im Fall des Jugendmedien- schutzes kommt die Gesetzgebung der medialen Realität allerdings kaum noch hinterher. Im Bereich der Medien kann der Jugendschutz nicht allein über gesetz- liche Vorgaben wirksam werden. Die Ausbildung medienpädagogischer Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen ist hier unerlässlich. Obermeier: Manchmal geschehen aber auch Dinge, die dem Jugend- schutz tatsächlich direkt nützen. Bis vor zehn Jahren etwa galt das Rauchverbot in der Öffentlichkeit für Jugendliche bis 16 Jahre. Obwohl diskutiert wurde, dieses Alter auf 14 Jahre abzusenken, hat sich der Gesetzgeber für eine Anhebung diese Grenze auf 18 Jahre entschieden. Anstett: Das war ein richtiger Schritt zum Schutze der Jugend. Aber der Jugendschutz gilt nur in der Öffentlichkeit und nicht im Privatbereich. Damit können wir zumindest darauf achten, dass solche Vorschriften in der Öffentlichkeit eingehalten werden. Müsste das Jugendschutzgesetz nicht auch im privaten Bereich greifen? Anstett: Grundgesetzlich hat das Elternrecht Vorrang. Das Grundgesetz formuliert sehr deutlich, dass die Verantwortung der Eltern nicht an ein Gesetz übertragen werden kann. Aus Sicht des Gesetzgebers würde sonst zu tief in die Privatsphäre der Familien eingegriffen. Wichtig sind Das Jugendschutzgesetz soll Heranwachsende vor gefährdenden Einflüssen schützen – zum Beispiel Alkoholkonsum. Bild: Thommy Weiss, pixelio.de

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjk2NDUy