K3 No. 3 - Mai 2018

| 03 | 2018 8 das war perlichen Beeinträchtigungen ebenso wie zugewanderte Familien. In Italien besonders strikt, aber auch in Frankreich und Großbritan- nien gibt es seit vielen Jahrzehnten Regelschulen, die alle besuchen. Es ist zur Selbstverständlichkeit geworden, dass Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen und gemeinsame (Lebens-) Erfahrungen sammeln. In München gibt es zwar auch einige inklusive Angebote, die uns eine inklusive Umsetzung vorleben. Aus meiner Sicht wäre hier aber ein „MEHR“ möglich und nötig. Was können wir von Südtirol in Sachen Inklusion lernen? In Italien wurde 1978 begonnen, die frühe Trennung von Kindern und Jugendlichen aufgrund äußerer Zuschreibungen zu überwinden und Gemeinschaftsschulen aufzubauen. Der Prozess hat gedauert und musste mehrfach nachjustiert werden. Heute aber läuft es rund. Diese Erfahrungen haben mich geprägt sowohl in meiner eigenen Kindheit als auch während meiner Arbeit in Einrichtungen und im „Sozialsprengel“. Ich bin zutiefst davon überzeugt und habe es selbst erlebt, dass alle Beteiligten von dieser umfassenden Art der Inklu- sion profitieren. Natürlich sind einige Gedanken dazu notwendig, wie man den Lernstoff vermittelt, ohne jemanden zu unter- oder zu überfordern. Doch es ist möglich – mit zieldifferenzierten Lehrplänen und Integrationslehrkräften in den Klassen. Dieses Prinzip von Inklusion könnte man auch auf zugewanderte junge Menschen übertragen … Die Frage ist nicht ob, sondern wie es gelingen kann, dass das Jugend­ amt Räume für jede Form der Inklusion schafft. Die angespannte Situation in der Stadt hinsichtlich von Freiräumen für Kinder und Jugendliche wird sich mittelfristig kaum ändern. Andererseits bestehen ja bereits zahlreiche Einrichtungen, die man künftig in- klusiver denken und gestalten kann. Wenn Trennung bereits in der Schule erlebt wird, wird sich das auch in der Freizeit fortsetzen. Das möchten wir verhindern. „Du bist wichtig!“ Mit 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das Stadtjugend­ amt München bundesweit die größte Einrichtung ihrer Art. Entsprechend breit ist das Aufga- benspektrum, das die Leiterin im Blick haben muss. Esther Maffei lernt dabei jeden Tag Neues – und hat klare Vorstellungen zu einer künftigen Stadtgesellschaft Sie sind ein gutes halbes Jahr im Amt. Was hat Sie seither be- ruflich am meisten beeindruckt oder überrascht? Esther Maffei: Positiv beeindruckt bin ich vom hohen Engagement aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Alle sind mit Herzblut bei ihren Aufgaben. Ein wenig unterschätzt habe ich die Terminflut, die ich zu bewältigen habe. Aber letztlich überwiegt meine Begeisterung für die Arbeit unseres Hauses und der vielen Träger, mit denen ich in Kontakt stehe. Beratung, Service, Schutz – so kann man den Dreiklang der Aufgaben eines Jugendamtes beschreiben. Wird Ihr Amt künftig auch eine eigene Jugendpolitik verfolgen? Eine eigenständige Jugendpolitik, die nur wir allein gestalten, wird und kann es nicht geben. Die funktioniert nur im Verbund mit den vielen Partnern in der Stadt. Das Jugendamt nutzt gern die Exper- tise aus der operativen Arbeit des Jugendrings sowie der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. In jedem Bereich gibt es Träger, die über die notwendigen Erfahrungen und das Wissen verfügen. Jeder bringt seine Kompetenzen ein. Daraus wird eine abgestimmte Jugendpolitik für München. Wichtig ist mir, dass wir bei allen Kindern und Jugendlichen die gesamte Persönlichkeit und Lebensrealität in den Blick nehmen. In allen Bereichen sollen und müssen sie Selbstvertrauen aufbauen können sowie Selbstwirksamkeit erfahren. Wie sieht Ihre Vision einer Stadtgesellschaft aus? Ich bin tatsächlich noch in einer Phase, in der ich alle Partner und Strukturen innerhalb Münchens kennenlerne und Gestaltungsspiel- räume identifiziere. Es gibt aber schon jetzt Themen, bei denen ich Handlungsbedarf erkenne. Das ist zum Beispiel – vor dem Hintergrund meiner beruflichen Erfahrungen – das Thema Inklusion. Ich spreche davon, dass in die Stadtgesellschaft wirklich alle jungen Menschen inkludiert werden sollen, solche mit seelischen, geistigen oder kör- Esther Maffei leitet seit Sommer 2017 das Stadtjugendamt – eine erste Bilanz

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