HfK Jahresbericht 2022

München ist eine reiche Stadt und sogar eine der reichsten in Deutschland. Doch wer vom Hauptbahnhof Richtung Sendlinger Tor spaziert, sieht, was der neueste Münchner Armutsbericht ausführt: München ist auch eine arme Stadt und die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Laut dem Bericht ist jede*r Sechste armutsgefährdet. Das sind 17 % aller Münchner*innen. Zwar sinkt die Zahl der Hartz-IV-Haushalte 1, dennoch leben in über 65.000 Haushalten rund 20.000 Kinder und Jugendliche. Doch wann gilt ein Mensch als arm? Vereinfacht gibt es zwei Antworten: Arm ist, wer weniger als 60 % des mittleren Haushaltseinkommens zur Verfügung hat. Arm ist auch, wer staatliche Unterstützung erhält. Sprechen wir von jungen Menschen in Armut, so ist die Haushaltsstruktur, in der sie leben entscheidend: Junge Menschen sind arm, wenn ihre Familien arm sind. Prekäre Arbeitsverhältnisse, geringes Einkommen oder Arbeitslosigkeit der Eltern können Auslöser sein. Das Risiko in Armut aufzuwachsen steigt, je mehr die Familienform von der traditionellen Kleinfamilie abweicht: Fast 40 % der Münchner Ein-Eltern-Familien leben in Armut. Knappe 90 % davon sind Frauen. Erziehungs- und Betreuungsverantwortung ist oftmals schwer mit Erwerbsarbeit unter einen Hut zu bringen, vor allem bei mehreren Kindern oder Familienmitgliedern mit erhöhtem Pflegebedarf aufgrund von Behinderung oder Krankheit. Viele von ihnen sind dann auf Hartz-IV angewiesen. Kinder- und Jugendarmut ist nicht sofort erkennbar und spielt sich oft unter der Oberfläche ab. Viele leben auf engstem Raum oder in Notunterkünften, wo es schier unmöglich ist, ungestört zu lernen und Hausaufgaben zu machen. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Wohnort und Bildungsbiographie. Stadtviertel mit einem hohen Armutsanteil wie Ramersdorf-Perlach oder Milbertshofen-Am Hart haben die niedrigsten Übertritts-Quoten auf das Gymnasium. Tatsächlich ist dieser Effekt der Bildungsarmut einer der meistdiskutierten in Deutschland und spätestens seit den PISA-Studien wissen wir, dass in fast keinem anderen Land die soziale Herkunft die Bildungschancen so maßgeblich mitbestimmt wie bei uns. Mit der Covid-19-Pandemie und den Auswirkungen auf Schule kam eine weitere Bildungslücke hinzu, doch diesmal mit Nachteilen für eine ganze Generation. Junge Menschen wurden in dieser Zeit in München mit einem Rückgang an Lehrstellenangeboten konfrontiert. Erschreckend, denn in keiner anderen Altersgruppe ist die Anzahl derer, die von Armut betroffen sind so hoch, wie bei den 18- bis 24-Jährigen. Mehr als ein Drittel gelten in unserer Stadt als arm. Eva von Peter, Referentin für Grundsatzfragen/KJR Münchner Armutsbericht 2022 Ergebnisse, Zukunft und Teilhabe junger Menschen 6

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