TEILNEHMENDE 22 Jugendliche ALTER 12–18 Jahre In vier Workshops wurde den jungen Menschen die Inszenierung der dreiaktigen Oper »Jenůfa« der Bayerischen Staatsoper nahegebracht: Das Schicksal von Jenůfa, ihre unglückliche Schwangerschaft, zerstörerische Eifersucht, geplatzte Lebensträume, das damalige harte Leben auf dem Land – die Musikpädagog*innen beantworteten alle Fragen, die sich den 22 Jugendlichen hierzu stellten. Auf dieser Grundlage entwickelten und arrangierten die Teilnehmer*innen schließlich gemeinsam mit einem Kontrabassisten des Bayerischen Staatsorchesters in den Proberäumen des Nationaltheaters selbst ein kleines Musikstück nach ihren eigenen Vorstellungen und Eindrücken. Ob mit Tamburin, Kontrabass, als Monolog oder Gesang – jede*r konnte sich individuell einbringen, um »Jenůfa« in die eigene Welt zu transformieren und zu begreifen. Zur Aufführung kamen diese Interpretationen im Königssaal des Nationaltheaters und begeisterten das Publikum aus Freund*innen und Verwandten der Jugendlichen, Förderern sowie Besucher*innen der Staatsoper. Rund wurde das Projekt mit einer anschließenden Führung für die Jugendlichen durch die Räume der Oper: Ein spannender Blick hinter die Kulissen, auf die Bühne, in den Orchestergraben und nicht zuletzt in die Königsloge brachte den Jugendlichen den Opernbetrieb noch ein Stückchen näher. Die 1904 uraufgeführte Oper »Jenůfa« von Leoš Janáček zeichnet ein düsteres Frauenbild und vereint zugleich alle großen Gefühle der Menschheit – Liebe, Hass, Abscheu, Mütterlichkeit, Verzweiflung, Angst und Hoffnung. Mit ihrer tragischen Handlung setzten sich im März und April 2013 jugendliche Teilnehmer*innen der Einrichtungen LOK Freimann, pfiffTEEN sowie des Jugendtreffs Cosimapark auseinander und fanden dabei ihre ganz eigene Interpretation. Jenůfa der Zehnerjahre »Am besten fand ich, dass wir die Monologe selbst schreiben und unsere eigenen Ideen einbringen durften.« »Sie können sich eine Welt erträumen« Maria NikolaidouMurböck Maria Nikolaidou-Murböck ist pädagogische Mitarbeiterin des Jugendtreffs pfiffTEEN und begleitete das »Jenůfa«-Projekt. In einem kurzen Gespräch wollten wir mehr erfahren. pfiffTEEN Was ist dir bei diesem Projekt besonders in Erinnerung geblieben? Die Intensität der Proben, die mehrere Tage gedauert haben; Yahir, der noch nie Alkohol getrunken hat und seine Rolle als Macho mit einer Bierflasche in der Hand übte; Daniela, eine andere Teilnehmerin, die ihm erklärte, wie ein Macho eine Bierflasche hält und wie er dasteht; Hena als 15-jähriges Mädchen in einer männlichen Rolle und Michelles Monolog über Jenůfa, die ihr uneheliches Kind in einem See ertränkt – wie meisterhaft sie ihren Text geschrieben und vorgetragen hat. Alle Teilnehmer*innen haben so viel Mut aufgebracht, um im Königssaal vor der offiziellen Vorstellung vor dem Publikum zu spielen. Wie wichtig sind diese Kulturangebote in deinen Augen ganz generell und was können sie bewirken? Durch sie können Jugendliche, egal wie viel Geld ihre Eltern verdienen, bei renommierten künstlerischen Projekten mitmachen. Sie bekommen die Chance, mit Profis zusammenzuarbeiten, und können somit ihre Perspektive und ihren Blickwinkel auf die Stadt erweitern. Besonders wichtig ist die Erfahrung wahrzunehmen, dass das Theater ein internationaler Ort ist, an dem der »Migrationshintergrund« anders bewertet wird und nicht negativ oder problematisch behaftet ist. Und vielleicht laufen sie als Erwachsene irgendwann an großen Theatern dieser Stadt vorbei und empfinden keine Gleichgültigkeit oder Distanz, sondern so etwas wie Stolz oder Liebe für diese Kunst. Sie wissen, dass sie in sehr jungen Jahren dort drinnen waren und aktiv hinter die Kulissen blicken konnten. Kulturangebote für Jugendliche … … bieten Jugendlichen einen Ausgleich zu ihrem Alltag. Sie werden in eine andere Welt versetzt, in die Welt der Kunst. Dort brauchen sie nicht einmal Worte, um sich auszudrücken. Sie können sich eine Welt erträumen, die es nicht gibt, und diese mit Fähigkeiten gestalten, von denen sie manchmal gar nicht wussten, dass sie diese haben. In einem Rahmen können sie frei von Bewertung kreativ werden, Dinge anders hinterfragen, Neues ausprobieren, ihre Fantasie anregen, ihre Wahrnehmung schärfen und ihr Selbstwertgefühl steigern. I N T E R V I E W
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