Dachzeile 20 das kommt | 01 | 2022 Resilienz und psychische Gesundheit Schwerpunk gerade in den Förderklassen viele Stellen nur mit kaum ausgebildeten „Hilfslehrkräften“ besetzt werden. Insgesamt fühlen sich die Schulen von Kultusministerium und Behörden überfordert und alleingelassen. Die Flut kurzfristiger Erlasse mit kaum umsetzbaren Vorschriften haben die Schulleitungen und Lehrkräfte zermürbt. Ein Umdenken in den Leitungsebenen von Politik und Verwaltung ist nicht erkennbar. Statt die Schüler*innen (und auch Lehrkräfte) dort „abzuholen“, wo sie sind, scheint vor allem das „Aufholen“ von Lerndefiziten im Vordergrund zu stehen. Wir müssen aber erst den Umgang miteinander wieder neu lernen. Dies geschieht, indem wir uns an gute Erfahrungen und ein gelungenes Miteinander in der Vergangenheit erinnern. Deshalb bieten wir den Kindern neben den Mediationen vermehrt Einzelgespräche an. Wir geben ihnen Zeit und Raum, von ihren Erlebnissen und Erfahrungen zu berichten. Alles, was Kinder auf dem Herzen haben, ist unser Thema. Junge Menschen brauchen Erwachsene, die ihnen auf Augenhöhe begegnen und zuhören. Es geht dabei nicht um „Lernoptimierung“, nicht um das, was Kinder sollen, sondern darum, was sie wollen und vor allem darum, was sie brauchen. Indem wir uns dafür Zeit nehmen, öffnen wir einen „Raum der guten Lösung“ im Schulalltag und bauen eine Brücke zwischen Jung und Alt. Als zivilgesellschaftliche Akteure verfolgen wir die Entwicklung des Konzepts des Kooperativen Ganztags mit großem Interesse. Wenn es gut läuft und es nicht nur darum gehen soll, Kinder in Schulen ganztägig zu verwahren, könnte dieses Konzept eine Chance gerade für Benachteiligte sein. Damit es ein Erfolg wird, wäre aus unserer Sicht die Stärkung der Kooperation und Vernetzung aller Bildungsakteure – extern wie intern – eine wichtige Voraussetzung. So könnte aus dem geschlossenen Raum Schule ein lebendiger Ort mit vielen offenen Türen und Fenstern werden. MAT TH I A S K RA EME R, Jahrgang 1951 aus Braunschweig, Magister der Philosophie, ehrenamtlicher Schulmediator, Landesvorsitzender der „Seniorpartner in School“ in Bayern Psychologische Folgen der Pandemie auf junge Menschen Generation Corona In den meisten Fällen stellt das Corona-Virus für junge Menschen keine akute gesundheitliche Bedrohung dar. Doch die psychischen Auswirkungen durch die aus der Pandemie-Bekämpfung resultierenden Maßnahmen können in manchen Fällen umso tiefgreifender sein. In einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung wurden diese Effekte nun untersucht. Die Schließungen von Kitas, Schulen und Jugendzentren wurden während der Corona-Pandemie meistens nur unter den Aspekten von fehlender Kinderbetreuung sowie Bildungsdefiziten betrachtet. Aus der Perspektive der betroffenen Kinder und Jugendlichen ging es aber immer um wesentlich mehr. Sie verloren soziale Räume, in denen sie ihre Freundinnen* und Freunde* treffen konnten, in denen Sozialverhalten eingeübt wurde und in denen sie sich auch mal mit Gleichaltrigen so richtig streiten konnten. Schließlich erhielten sie in den ihnen vorenthaltenen Orten und Institutionen viel mehr zusätzliche Anregungen, als sie in ihren Elternhäusern bekamen. Negative Folgen für die Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen in Deutschland wiesen die Forscher*innen in vier unterschiedlichen Bereichen nach: Psychische Gesundheit, körperliche Gesundheit, Gewalterfahrung und Persönlichkeitsentwicklung. Beobachtungen an Grundschulen Da sein Als ehrenamtliche Schulmediatorinnen* und -mediatoren* unterstützen „Seniorpartner in School“ Kinder an Grundschulen bei der Lösung ihrer Konflikte. Die Corona-Pandemie bedeutete für uns einen herben Einbruch. Unsere Arbeit an den Schulen wurde für längere Zeit immer wieder unterbrochen. „Geboostert“ kehren wir langsam zurück. Der Corona-Einbruch hat zu Veränderungen geführt, die uns keine einfache Rückkehr in eine vermeintliche vormalige „Normalität“ erlauben. Man steigt nicht zweimal in denselben Fluss. Die soziale Apathie, begleitet von einem dumpfen Unbehagen, das viele Menschen gegenwärtig spüren und das wir auch bei vielen Kindern beobachten, rührt meines Erachtens daher, dass die Kontakteinschränkungen, die uns die Pandemie aufgezwungen hat, uns im Umgang miteinander verunsichert haben. Die Hirnforschung sagt, dass Bedürfnisse, deren Umsetzung über längere Zeit unerfüllt bleiben, „einschlafen“. Sie sind im Untergrund da, aber man spürt sie nicht mehr. Es bleiben nur Gefühle des Unbehagens, die indirekt auf sie hinweisen. Streitereien stehen derzeit nicht so sehr im Vordergrund, sondern vielmehr die Freude, einander wieder begegnen zu können. Den Kindern ist die Schule wichtiger geworden. Sie freuen sich auf den Unterricht, aber noch viel mehr darauf, ihre Freundinnen* und Freunde* dort zu treffen. Zuhören, reden, Zeit gemeinsam verbringen Bei Kindern aus sozial benachteiligten Verhältnissen beobachten und hören auch wir das, worauf vielerorts schon hingewiesen wurde: Bereits Gelerntes wurde vergessen, Gekonntes wird nicht mehr gekonnt. Kinder aus Flüchtlingsfamilien, die in ihren Familien vorwiegend in der Herkunftssprache kommunizieren, sind in ihrer deutschen Sprachkompetenz zurückgefallen. Die schulischen Möglichkeiten, dem zu begegnen, sind begrenzt. Auf Grund des Lehrkräftemangels können Mediationssituation an einer Grundschule – Hilfe vor Ort, niederschwellig und kindorientiert. Seniorpartner in School, Agnes Jäger » Aufeinander sitzen mit der Familie, dadurch viel Streit.
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