K3 No. 1 - Februar 2022

| 01 | 2022 17 Resilienz und psychische Gesundheit Schwerpunkt Resilienz fördern mit Spiel und Kultur Kreativ durch die Krise Kulturelle Bildung ist seit vielen Jahren ein festgeschriebener Auftrag an alle, die Lebenswelten von jungen Menschen gestalten. Bewegen, entdecken, Kontakte knüpfen, kreativ sein – das alles unterstützt nachweislich die Herausbildung von Resilienz. Laut dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen steht Kindern das Recht auf Ruhe und Freizeit, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben zu. Dennoch hat die globale Covid-19-Pandemie erschreckende Defizite in der bisherigen Umsetzung der vereinbarten Ziele vor allem im Hinblick auf Kinder und Jugendliche aufgezeigt. Sie sind zunehmend sowohl physischen als auch psychischen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt. Umso wichtiger ist es, sich mit dem Thema Resilienz durch Spiel- und Kulturangebote auseinanderzusetzen. Resilienz ist die Fähigkeit, das Leben sowie den Alltag meistern und Krisen bewältigen zu können. Interne und externe Krisen entstehen oft aus akuten Stress-Situationen, traumatischen Erlebnissen oder risikobelasteten Lebenswelten. Unter Resilienz wird nach der Psychotherapeutin Rosmarie Welter-Enderlin die Fähigkeit von Menschen verstanden, Krisen unter Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklung zu nutzen. Hilfreich für den Umgang mit Krisensituationen sind dabei sogenannte Resilienzfaktoren wie Selbstwirksamkeit, soziale Kompetenz oder Problemlösefähigkeit. Diese Eigenschaften können – laut der Schweizer Pädagogin Corina Wustmann – insbesondere Kinder durch Interaktion mit der Umwelt erlernen. Es ist also der große Wert der Kulturellen Bildung, Ressourcen für den Umgang mit Krisensituationen zu vermitteln. Gerade der spielerische Umgang mit Kunst und Kultur bietet eine Art Fahrsicherheitstraining für das Leben. Unter Rahmenbedingungen, in denen das leibliche Wohl nicht gefährdet ist, können bisherige Erfahrungen, Strukturen und Werte ins Schleudern gebracht und durch wiederholendes Ausprobieren neue Fähigkeiten, Denkstrukturen oder Erwartungen ausgebildet werden. Im kreativen Schaffen stellen sich Kinder und Jugendliche neuen Herausforderungen. Dank einer der Kulturellen Bildung immanenten positiven Fehlerkultur, also dem Begrüßen von vermeintlichen Fehlern als Ursprung von Lernerfahrungen oder neuen Handlungsmöglichkeiten, üben die jungen Menschen, Herausforderungen und Schwierigkeiten nicht zu vermeiden, sondern damit umzugehen und darin Entwicklungspotenziale zu erkennen. Durch die spielerische Weltaneignung erleben junge Menschen Selbstwirksamkeit, Selbstbestimmung und Teilhabe. Sie erlangen tige. Nachdem sie aber akut suizidgefährdet war, musste die Klinik sie aufnehmen. Was ist die Ursache der Misere? Das Problem hat sich weit vor Corona abgezeichnet. Man hat in Bayern über viele Jahre hinweg Bettenkapazitäten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie abgebaut, um Geld zu sparen. Das haben mir mehrere Klinikleitungen berichtet. Das macht sich jetzt bemerkbar. Es gibt außerdem zu wenig Personal. Corona zeigt, dass man am falschen Ende gespart hat. Ich will den „Schwarzen Peter“ nicht einseitig der Politik zuschieben, das wäre zu einfach. Es handelt sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem. Man muss jetzt wieder Perspektiven entwickeln, indem man ambulanten Strukturen der Vorsorge und Therapie mehr Handlungsspielraum gibt. Man muss auch an der Nachwuchsgewinnung ansetzen, Ausbildung und Berufsbild attraktiver machen. Ich merke das an meinen eigenen Kindern: die haben ein negatives Bild von Berufen im Gesundheitswesen und in der Pflege. Die Berufe sind einfach nicht attraktiv genug für junge Menschen, leider. Das ist auch Teil des Problems. Wer muss jetzt handeln? Alle Player müssen an einen Tisch. Natürlich soll Politik die Rahmenbedingungen schaffen. Ministerien, Ärzteschaft, Fachverbände, Krankenkassen und Betroffene müssen nun gemeinsam beraten, was zu tun ist. Es muss endlich gehandelt werden. Man muss vor allem auf die Menschen aus der Praxis hören. Ich habe bei meinen Recherchen durchaus gespürt, dass der politische Wille dazu vorhanden ist. Wenn den Kindern nicht geholfen wird, sie nicht gestärkt werden, keine sozialen Kompetenzen erwerben, haben sie keine Zukunft. Dazu gehört auch, dass Sport, Hobbys oder Angebote in Jugendzentren zugänglich bleiben. Wir erleben gerade einen Hilfeschrei der Betroffenen und der Ärztinnen* und Ärzte* Gab es Resonanz auf ihren Beitrag? Aus der Politik nicht, aber von den Betroffenen und der Ärzteschaft. Sie waren dankbar, dass wir als BR über das Thema berichten und dazu beitragen, es zu enttabuisieren. Das hat mich bestärkt, dranzubleiben und Öffentlichkeit dafür herzustellen. Wir haben es mit einem sehr komplexen Thema zu tun, das nicht allein mit Geld zu lösen ist. Man sieht dabei sehr deutlich, dass Kinder und Jugendliche kaum eine Lobby in der Gesellschaft haben und die Fehler ausbaden müssen – in dem Fall sogar mit ihrer Gesundheit. Das darf nicht sein! Interview: Marko Junghänel KAT R I N BOHLMANN, Jahrgang 1972 aus Schleswig-Holstein, jetzt in München. Studium Politikwissenschaft, Literaturwissenschaft und Geschichte. Seit 24 Jahren Journalistin, zunächst beim NDR, seit 2019 BR-Reporterin Bild: PA/SPIELkultur e.V. » Außerdem fällt mir auf, dass sich Menschen in Gruppen sammeln und sich gegenseitig aufhetzen anstatt zusammenzuhalten. Bei mir persönlich haben sich die schulischen Leistungen verschlechtert, da ich mich nicht selber aufraffen konnte zu lernen.

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