K3 No. 6 - Dezember 2021
| 06 | 2021 23 Wahrheit & Wissen Schwerpunkt Foto: Gerd Altmann auf Pixabay Es gibt verschiedenes Wissen und veränderliche Wahrheiten: eine unvollständige Übersicht Wissen ist … … in der Philosophie: Wissen ist gerechtfertigte, wahre Meinung. (Platon) … in der Soziologie: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirk- lichkeit – oder: Wissen wird als die Gewissheit definiert, dass Phänomene wirklich sind und bestimmbare Eigenschaften haben. (Peter Berger, Thomas Luckmann) … in der Pädagogik: Voraussetzung für eine erfolgreiche Wissens- aufnahme ist die Kompetenz, Informationen korrekt verarbeiten zu können. Unterstützt wird der Lernende dabei durch die Medien oder Menschen mit spezifischem Wissen über ein Thema. Es ist nicht möglich, sich vor einem Wissens-Input zu verschließen, solange man mit Informationen konfrontiert wird. (Lexikon der Wissenspädagogik) … in den Religionswissenschaften: Wissen ist das Bewusstsein von Fakten, Theorien und Regeln und wird auch als Substantiv für deren Dokumentation verwendet. Qualifiziertes Wissen wird als nachweisbar wahre und gerechtfertigte Meinung definiert und unterscheidet sich von Begriffen wie Überzeugung und Glauben. Nach religiösem Verständnis bedeutet glauben vertrauen auf …, sich verlassen auf, … sich-richten-nach, Offensein für … Offenbarung, Übernatürliches, Transzendentes …. (Evangelische Akademikerschaft) Wahrheit ist … … für die Psychologie: Als wahr wird auch ein Urteil genommen, wenn „das Gegenteilige unmöglich evident“ sein kann (Clemens Brentano) … für die Mathematik: Um den Unterschied zwischen den Wahr- heitsdefinitionen auf den Punkt zu bringen, kann man sagen, dass Beweisen ein rein formallogisches sequenzielles Umformen von Aussagen mit Hilfe der Axiome aufgrund sprachlich-defini- torischer Vereinbarungen ist, während es der Gültigkeitsbegriff erfordert, mathematische Objekte vorzuweisen, an denen die Gültigkeit der Aussagen konkret geprüft wird. (Rolf Mulczinski) … für die Philosophie: Wahrheit ist unabhängig von Erkennbarkeit. Es ist prinzipiell möglich, dass es Wahrheiten gibt, die wir nicht erkennen können. Zu wissen, was Wahrheit ist, hat nur mittelbar etwas damit zu tun, dass ich weiß, wie ich herausfinden kann, was wahr ist. (TU Dresden) … für die Religionswissenschaften: Wahrheit bedeutet, dass man sich auf etwas verlassen kann. (evangelisch.de) Die Welt ist nicht schwarz und weiß – die Perspektive auf die Dinge entscheidet über wahr und falsch. Wie sich Kinder Wissen über die Welt aneignen Fiktion und Realität im Spiel Der Mensch entwickelt sich nie wieder so schnell wie in den ersten Lebensjahren. Vom ersten Laut über das erste Wort und den ersten Schritt bis zum ersten Kindergarten- oder Schultag entwickeln sich Kinder wie im Zeitraffer. Ein spannender Aspekt hinsichtlich der kognitiven Entwicklung von Kindern ist die Frage, wie sie sich ihr Wissen über die Welt aufbauen. Bereits vor der Geburt nimmt das Kind im Mutterleib Informationen auf. Ist es dann auf der Welt, nutzt es alle ihm zur Verfügung stehenden Mit- tel, um mehr und mehr Informationen über seine Umwelt zu sammeln. Diese Aufnahme von Informationen ist eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung und das Lernen. Die Fähigkeit, Informationen speichern zu können, ist Voraussetzung für alle anderen Prozesse ist. In unserem Gedächtnis speichern und erinnern wir bewusst und willentlich Inhalte. Wir lernen aber auch implizit über unbewusste und beiläufige Prozesse (vgl. Wicki, S. 32 ff). In Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass sich unser Gedächtnis schon im Verlauf des ersten Lebensjahres kontinuierlich entwickelt. Neugeborene können noch nicht sprechen. Sie teilen sich ihren Bezugspersonen allerdings durch Weinen mit und können kommunikative Signale aus ihrer sozialen Umwelt wahrnehmen und unterscheiden. Kinder verstehen auch Sprache schon sehr viel früher, als sie selbst anfangen zu sprechen (vgl. Wicki, S. 50 f). Vierjährige Kinder verfügen bereits über beachtliches Wissen und sind in der Lage, erste logische Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie können zwischen lebenden und toten Dingen unterscheiden und treffen Annahmen, die sie nicht aus ihrer unmittelbaren Erfahrung abgeleitet haben können. Hört ein Kind zum Beispiel, dass Braunbären klettern können, nimmt es an, dass auch Pandabären klettern können. Es glaubt allerdings nicht, dass Goldfische auf Bäume klettern können. Das Kind schließt also von einem bekannten Fall (Braunbär) auf einen ähnlichen Fall (Panda), aber nicht auf einen unähnlichen (Goldfisch) (vgl. Wicki, S. 106 ff). Kinder sind in diesem Alter zudem in der Lage, Probleme zu lösen, indem sie einen gelernten Lösungsweg auf eine ähnliche Konstellation übertragen. Sie eignen sich Wissen an, indem sie ihre Umwelt erfor- schen und lassen sich von den eigenen Interessen leiten. Im täglichen Erleben sammeln sie zahlreiche Informationen. Diese gewinnen sie beispielsweise im Spiel mit anderen Kindern, mit Betreuungs- oder Bezugspersonen, in der Familie bzw. Kita und Schule – aber auch durch Mediennutzung.
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