K3 No. 4 - September 2021

Dachzeile 30 das kommt | 04 | 2021 Arbeit und Beruf(sorientierung) Schwerpunk Durchführung von Projekten Die BO an Schulen ist ein auf die Bedürfnisse der jeweiligen Schule abgestimmter Kanon aufeinander aufbauender Projekte und Aktionen, mit dem Jugendliche – vom Erkunden eigener Interessen über die Vermittlung von Kenntnissen zu verschiedensten Berufsbildern bis zum konkreten eigenen Bewerbungsprozess – über mehr als zwei Jahre begleitet werden. Am Ende der 7. Klasse beginnen wir mit dem Fähigkeitenparcours. Die Jugendlichen erledigen verschiedene Aufgaben und erhalten am Ende eine sehr detaillierte Rückmeldung zu ihren Fähigkeiten und Kompetenzen, verknüpft mit einer Idee, welche Berufsbilder zu ihnen passen könnten. Diese Idee bildet in den folgenden Jahren für uns JADE-Fachkräfte (JADE = Jugendliche An die HanD nehmen und bE- gleiten) eine wichtige Grundlage für die individuelle Suche nach einem Praktikumsplatz. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen und der vielen interaktiven Elemente im Projekt konnte es 2020 nicht durchgeführt und nur bedingt in ein digitales Format transformiert werden. Viele weitere Projekte, wie z.B. Betriebsbesichtigungen, der Be- such der Handwerksmesse, die Potenzialanalyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) inklusive Werkstatttagen und das Ausprobieren verschiedener Handwerksberufe im Haus der Eigenarbeit konnten aufgrund der bekannten Umstände und dem für Schulen geltenden Regelwerk des Kultusministeriums, das Ausflüge aller Art untersagte, ebenfalls nichts stattfinden. Die fehlende Planungssicherheit, wann und zu welchen Bedingungen wieder Projekte möglich sein werden, machte auch ein Nachholen der meisten Projekte, die einen gewissen Vorlauf erfordern, unmöglich, so dass den Jugendlichen nun wichtige Teilschritte als Basis für eine fundierte Berufsentscheidung nach dem Schulabschluss fehlen. Praktikums- und Ausbildungsplatzsuche Zentraler Bestandteil der Berufsorientierung ist das Absolvieren verschiedener Praktika. Die Jugendlichen probieren sich aus, erkunden verschiedene Berufe und entwickeln anhand ihrer gemachten Erfah- rungen ein Gespür, was ihnen für den späteren Beruf wichtig ist. Dem diesjährigen Abschlussjahrgang entgingen beide Praktika im zweiten Halbjahr der 8. Klasse. In der 9. Klasse war es im Herbst 2020 von der Schule aus zwar möglich, ein Praktikum zu absolvieren, allerdings waren nur wenige Betriebe bereit, überhaupt Praktikantinnen* und Praktikanten* aufzunehmen. In vielen Branchen, z.B. der Pflege, der Hotel-, Gastronomie- oder Veranstaltungsbranche waren gar keine Praktika möglich. Für die Jugendlichen war damit ein Einblick in viele Berufe völlig unmöglich, in anderen Bereichen nur sehr eingeschränkt, so dass diejenigen, die noch einen Platz ergattern konnten, einfach irgendein Praktikum, das gar nicht ihren Interessen entsprach, ab- solvierten. Mehr als ein Drittel der Jugendlichen konnte keinerlei Praktikum beginnen. Das führte bei einigen dazu, dass der Druck im Abschlussjahr spürbar zunahm und zu Misserfolgen und Frustration führte. Viele berichteten in der Folge von Zukunftsängsten und viele mehr als sonst hofften darauf, das Schuljahr wiederholen bzw. auf eine weiterführende Schule gehen zu können. Die, die sich doch für eine Ausbildung entschieden haben, trafen ihre Entscheidungen oft ohne praktische Erfahrungen und oft nur auf der Basis von YouTube-Videos. Es steht deshalb zu befürchten, dass im kommenden Jahr die Zahl der Abbrecher*innen deutlich steigt. Verlust von Soft Skills In der für die Persönlichkeitsentwicklung wichtigen Phase der Puber- tät, in der die Schüler*innen experimentieren, Autonomie gewinnen, eigene Werte- und Normenvorstellungen entwickeln sollen, wurden Wertvolle Praktika fehlen – eine Folge der Corona-Pandemie; Jugendlichen dürfen deshalb beruflich nicht abgehängt werden sie durch Lockdown und Distanzunterricht komplett zurückgeworfen. Viele sprachen unmittelbar danach – mitten im Bewerbungsprozess – schlechter deutsch als vorher, taten sich schwer, ihrem Gegenüber im Gespräch in die Augen zu schauen, und auch die Zuverlässigkeit und Zielstrebigkeit nahmen spürbar ab. Die Jugendlichen nach dem Verlust von Tagesstrukturen wieder an den Schulalltag und damit verbundene Pflichten zu gewöhnen, erfordert viel Zeit. Manchen fiel es schwer, sich überhaupt wieder in einer Gruppe oder einer Klasse wohl zu fühlen – sie kämpfen nun mit Depressionen; Zeit für eine Aufarbeitung des Erlebten bleibt nicht. Fazit Die gebetsmühlenartige Wiederholung der Erkenntnis, dass die Pandemie auf dem Rücken der Jugendlichen ausgetragen wurde, ist ohne anschließende Taten wertlos. Auch in der Vorbereitung auf eine drohende vierte Welle bleibt die Politik dieses Versprechen den Ju- gendlichen schuldig – schade! Ann-Cathrin Düppe, Jugendsozialarbeit an Schulen und JADE an der Mittelschule an der Feldbergstraße, KJR Foto: M ylene2401 auf Pixabay.com Neue Situationen erfordern neue Wege Was geht … online? Aufgrund der Pandemie war es im letzten Jahr erforderlich, Neues auszuprobieren und neue Wege zu gehen – auch in der Personal- gewinnung. Beispielsweise beim „Career Day“ der Katholischen Stiftungshoch- schule München (KSH). Bislang sind wir als Aussteller an die Hochschule gefahren, haben dort einen Infostand ausgepackt und den Kreisjugend­ ring München-Stadt (KJR) als Arbeitgeber bestmöglich präsentiert und um Praktikantinnen* und Praktikanten* geworben. An solchen Tagen ergaben sich vielfältige Gespräche, wir haben uns vernetzt und konnten einige Studierende für ein Praktikum oder einen Einstieg ins Berufsleben beim KJR gewinnen. Im vergangenen Jahr war alles anders. Die Pandemie hinderte uns am persönlichen Zusammentreffen von Arbeitgebern und Studierenden. Im Dezember 2020 war der KJR deshalb eine von 70 teilnehmenden Einrichtungen beim virtuellen „Career Day“.

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