K3 No. 3 - Juli 2021
| 03 | 2021 37 Erlebnispädagogik Schwerpunkt Bild: FunkyFocus, Pixabay.com Erlebnispädagogik selbstgemacht Abenteuer vor der Haustür Einst wurde das Erlebnis pädagogisch institutionalisiert und als Königsweg der Jugendhilfe ausgerufen, doch oft genügt ein kleines Abenteuer abseits des Alltags. Wenn es warm werden soll, muss man selbst Hand anlegen Dieses wiederum entwertet weder die Klettertour noch das Raf- ting-Abenteuer. Erleben benötigt aber weder die Grenzüberschreitung noch hochgerüstete Ausstattung. Im Intermezzo werden oft der Alltag und die Situation genutzt, um ins Mikroabenteuer zu starten: rein in den Forst und rauf auf die Bäume, mit dem Rad an den See oder Weiher oder einfach mit einer Suppenbox im Gepäck in den tiefverschneiten nächtlichen Winterwald. Detailreiche Planungen und ein großer Materialkoffer sind zuweilen geeignet, das Erlebnis logistisch eher auszugrenzen. Als das Intermezzo spätabends in der Nähe der Allgäuer Lichtenbachhütte ankam, wusste niemand wirklich genau, wo sich die Unterkunft befand. Irgendwie haben wir sie dann doch im verschneiten Wald gefunden, um dann erst einmal Holz zu suchen und die Öfen und den Herd zu befeuern. Eine Jugendherberge wäre im Vergleich zur Hütte luxuriös gewesen. Die Nacht ohne Strom war spannend, weil eine ganze Schulklasse erleben durfte, dass ein Stromausfall zur Herausforderung werden kann. Aus eigener Kraft und Motivation, und gerade deswegen voller Begeisterung und Leidenschaft, stürzen sich die Kids in unsere Stadt- rallyes, Parkübernachtungen oder Naturerlebnistage. Der kommerzielle Erlebnismarkt boomt, aber der aufregendste Bungee-Sprung ist derje- nige in die nächste Umgebung. HE I KO NEUMANN , Leiter Intermezzo, KJR Foto: Intermezzo, KJR brachte X-Mobile dieses Vergnügen tatsächlich in die Realität. Statt auf dem Brett muss man sich als „Mr X“ unentdeckt in der Stadt bewegen, kann Nebelkerzen zünden, die den Stadtplan auf dem Smartphone der Detektive verschleiern. Diese können wiederum Töne an das Handy von „Mr X“ schicken, wenn sie ihn in der Nähe vermuten. Die App macht das Spiel zu einem besonderen Erlebnis. Eine App, die bei zahlreichen Aktionen und Projekten in den Häusern des KJR immer wieder genutzt wird, ist Actionbound. Sie verbindet die erlebnispädagogische Methode Citybound mit medi- enpädagogischen Elementen und bietet zahlreiche Möglichkeiten, (Stadt-)Rallyes zu erstellen, die Kinder und Jugendliche selbständig durchführen. Sie ermöglicht es, Antworten und Aufgaben zu variieren, z.B. Multiple-Choice-Aufgaben, offene Fragen, Schätzungen, Videos, Tonaufnahmen und Fotos. Es geht darum, geleitet durch die App, neue Räume und Wege in der Stadt zu erobern, Aufgaben kreativ und gemeinsam im Team zu lösen und Grenzen zu überwinden, z.B. wenn eine Aufgabe es erfordert, Passantinnen* und Passanten* zu inter- viewen. Bei einer Rallye mit Actionbound geht es nicht um Tempo, sondern um den gemeinsamen Spaß. Und es geht darum, dass Kinder und Jugendliche sich Räume erobern, öffentlich sichtbar werden und darum, das Erleben von Selbstwirksamkeit und das Selbstbewusstsein von Kindern und Jugendlichen zu stärken. Neben Augmented-Reali- ty-Apps und Rallye-Apps wie Actionbound gibt es zahlreiche weitere Möglichkeiten, medial unterstützt erlebnispädagogisch zu arbeiten. Ob mit Stadterkundungs-Apps wie #stadtsache, Karten oder Foto-Apps – mit dem Einsatz von Medien und Technik integriert man etwas, das in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen eine große Rolle spielt. Gleichzeitig sind die kreativen Möglichkeiten nahezu grenzenlos. So kann Kindern und Jugendlichen eine Erfahrung ermöglicht werden, die einen Eindruck hinterlässt, der sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung weiter voranbringt. C ORN E L I A WA LT E R , Jahrgang 1984, Studium Kommunikations- und Medienwissenschaft und Religionswissenschaft sowie Hand- lungsorientierte Medienpädagogik, Fachstelle Medien und Technolo- gie (MuT), pädagogische Mitarbeiterin im Café Netzwerk, KJR
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