K3 No. 1 - Februar 2021

Dachzeile 12 das kommt | 01 | 2021 Freiheits- und K nderrechte Schwerpunk Universell, aber nicht immer umgesetzt? Das Recht auf Bildung Das Recht auf Bildung ist ein universelles Menschenrecht. Es ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Artikel 26 niedergeschrieben – ebenso wie in Artikel 28 der UN-Kinder- rechtskonvention. Die aktuellen Entwicklungen machten deutlich, dass zumindest für große Teile der politischen Entscheiderinnen und Entscheider die „richtige und wichtige“ Bildung nur in staatlichen Institutionen statt- findet. Ja, Schulen und Kitas blieben bis Mitte Dezember geöffnet. Die außerschulische Jugendbildung (die Jugendarbeit) wurde jedoch gleich in der ersten Runde des Lockdown light geschlossen. Die hier stattfin- denden wichtigen Bildungsprozesse, das „wilde Lernen“ scheinen vom Recht auf Bildung ausgenommen. In der Salamivariante erlebten dies nach und nach weitere Bildungsträger bis am Schluss auch Schulen und Kitas im Zuge des allgemeinen Lockdown schließen mussten. Bildung ist mehr als Schule – diese Selbstverständlichkeit muss wie- der neu ins Bewusstsein gelangen. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung. Bildung ist mehr als Schule, deswegen bedeutet das Recht auf Bildung auch mehr als ein Recht auf Schule! Dr. Manuela Sauer, Grundsatzreferentin, KJR Bildung findet auch außerhalb des Klassenzimmers statt – und das ist mindestens ebenso wertvoll wie schulischer Unterricht. Alle Menschen haben damit ein Recht auf Bildung, unabhängig von der geschlechtlichen oder sexuellen Identität, des Alters oder auch der Herkunft. Das liest sich auf dem Papier sehr gut und ist eine wichtige Festlegung. Doch was kommt von diesem Recht in der Realität an? Hier könnten nun umfassende Ausführungen zur Situation in unter- schiedlichen Teilen der Welt stehen und die unzulängliche Umsetzung beispielsweise in einigen Ländern Afrikas oder Asiens. Dieser Text will den Blick auf Deutschland richten. Wichtig ist zunächst, dass man sich darauf einigt, was unter Bildung überhaupt zu verstehen ist. Bildung ist mehr als Schule – das scheint mittlerweile in unserer Gesellschaft kaum noch umstritten. „Gelingende Lebensführung und soziale Integration bauen ebenso auf Bildungspro- zessen in Familien, Kindertageseinrichtungen, Jugendarbeit und der beruflichen Bildung auf. Auch wenn der Institution Schule ein zentraler Stellenwert zukommt, reicht Bildung jedoch weit über Schule hinaus.“ Während im ersten Lockdown beinahe das gesamte öffentliche Leben gleichberechtigt geschlossen wurde, hörte die Gleichberechtigung beim Öffnen bereits wieder auf. Es zeigte sich, dass der stationäre Verkauf von Dübeln und Schrauben in Baumärkten ebenso wie das sams­ tägliche Bundesligaspiel einen höheren Stellenwert besaßen als das Recht auf Bildung. Bildungseinrichtungen genossen in der Debatte um Wiedereröffnung nach dem Lockdown einen sehr geringen Stellenwert und dementsprechend spät konnten sie wieder eingeschränkt öffnen. An alle Bildungsgelegenheiten und -orte denken In den vergangenen Wochen entstand durchaus der Eindruck, dass die öffentlich geführte Debatte über die Verstärkung von Bildungsun- gerechtigkeiten durch den Lockdown Eindruck hinterlassen hat. Das politische Mantra hieß: Schulen und Kitas bleiben geöffnet! Für Kinder und Jugendliche nicht nur im Hinblick auf Bildungsgerechtigkeit eine wichtige Konstante, sondern auch, weil es fast die einzige Möglich- keit war, Gleichaltrige und Freunde zu treffen. In der Pandemie zeigt sich leider, dass die Verständigung darauf, dass Bildung mehr ist als Schule, bröckelt. Entwicklung junger Menschen zur gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit in der Pandemie Wo bleibt das Erleben von Gemeinschaft!? Das Einschränken von Gemeinschaft ist aktuell notwendig – muss aber besonders gut erklärt werden. Zweifelsohne stellt die Bewäl- tigung der COVID-19-Pandemie insbesondere für junge Menschen eine große Herausforderung dar. Warum bleiben Einrichtungen der Jugendarbeit geschlossen, während Profisport erlaubt ist? Jugendliche haben in der Pandemie berechtigte Fragen. Kitas bleiben bis auf eine Notbetreuung geschlossen, schulischer Unterricht soll aus der Distanz erfolgen und Angebote der außerschu- lischen Jugendbildung und -freizeit kommen völlig zum Erliegen. Wie sollen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aber ihr Recht auf Entwicklung zu einer gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit, das in der UN-Kinderrechtskonvention, dem Kinder- und Jugendhilfegesetz und bald sogar im Grundgesetz verankert ist, beanspruchen, wenn ihnen außerhalb ihrer Kernfamilie derzeit nahezu alle physischen Kontakte untersagt sind? Foto: Andrzej Rembowski, pixabay.de Foto: Carola68, pixabay.de

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