K3 No. 5 - November 2020

| 05 | 2020 25 Bilder (im Kopf) Schwerpunkt Bilder von Jugendlichen über jugendliche Sichtweisen im Wandel der Jahrzehnte „wir sind jetzt“ – und das waren wir schon immer sich einer großen Masse zu präsentieren, wird die Individualität bis zum Extrem ausgelebt.“ 2 Die oben dargestellte fotografische Zeitreise veranschaulicht die Konstanten und den Wandel der (Selbst-)Darstellungen anhand von prämierten Arbeiten des Deutschen Jugendfotopreises. Die Kurato- rin Stefanie Grebe beschreibt dabei als Auffälligkeiten: „Durch die ganze Zeit ziehen sich die Themen Freundschaft, Liebe, Sexualität, und Elternhaus [...]. Interessant ist der Vergleich, wie sich Formen des Protestes verändern und Dauerbrenner-Themen eine zeittypische Färbung erhalten. Fotos mit nackten Körpern beim, vor oder nach dem Sex wären in der Jugendfotografie der 1960er und 1970er Jahre noch nicht denkbar gewesen.“ 3 Interessant ist freilich auch, wie sich die Darstellung von Körperlichkeit und Nacktheit in den letzten Jahren bei den Einsendungen zum Deutschen Jugendfotopreis verändert hat. Zwischenzeitlich plötzlich kaum noch vorhanden, gab es beim aktuellen Wettbewerbsjahrgang wieder einen gegenläufigen Trend, der sich auch in den Auszeichnungen wiederfindet. Jan Schmolling, Deutsches Kinder- und Jugendfilmzentrum, Remscheid Informationen www.jugendfotopreis.de 1) Dr. Franz-Josef Wuermeling, Begründer des Deutschen Jugend­ photopreises, in seiner Eigenschaft als Bundesminister für Fami- lien- und Jugendfragen. (Aus: Hans Geifes, Junge Photographie, S. 179-180, Verlag J.P. Bachem, Köln, 1968) 2) Das Interview mit Liska Henglein führte Jessica Dehms: www.jugendfotopreis.de/foto.html?id=3764 3) Stefanie Grebe im Text zur Ausstellung „Deutscher Jugendfoto- preis: Ein Bild von mir. Portraits, Selbstportraits, Selbstdarstel- lungen“ Fotos: Jurgen Hebestreit_1968, Axel Usko_1990, Angela Eisenhammer_1981, Linda Kerstein_2020 , Nina Krupadzirow_2010, Jochen Manz_1985, Julian Roeder_2002, Lisa Vanovitch_2007 (von links oben nach rechts unten) Der Deutsche Jugendfotopreis entdeckt junge Talente und unter- stützt sie dabei, Fotografie als eine persönliche und künstlerische Ausdrucksform zu entwickeln. 1961 gegründet, zählt er neben „Ju- gend forscht“ und „Jugend musiziert“ zu den traditionsreichsten Bundeswettbewerben. Mehr als 75.000 junge Foto-Fans haben sich seither beteiligt. Der Wettbewerb wird vom Deutschen Kinder- und Jugendfilmzentrum (KJF) im Auftrag des Bundesjugendministeriums veranstaltet. Bei seiner Gründung sagte der damalige Bundesjugendminister Franz-Josef Wuer- meling: „Bildung hat besonders in unserer Gegenwart für den Bestand der Gesellschaft existenzielle Bedeutung. Daher muss die Gesellschaft ihrerseits dafür Sorge tragen, dass die junge Generation sich bilden kann. Bildung ist heute das Feld, auf dem die Entscheidungen im Kampf um die Selbstbehauptung des Menschen fallen. […].“ 1 Und die Praxis? Welchen Blick haben junge Menschen auf die Welt und insbesondere auf ihre Generation? Wie artikulieren sie sich fotografisch, wie bringen sie ihren künstlerischen Ausdruck und ihre (gesellschafts-) politische Haltung zur Geltung? Ein aktuelles Beispiel: Rund 60 Jahre nach dem Gründungsstatement äußert sich Liska Henglein, Preisträgerin im Jahresthema #LOVEPEACE des Deutschen Jugendfotopreises 2020, über ihr Fotoprojekt „wir sind jetzt“: „(Jugend) ist die Phase im Leben, in der man versucht, seine eigene Identität zu festigen und mit sich selber in Frieden zu leben. Die Jugend erforscht die Liebe, die Jugend ist frei und die Jugend kämpft für Frieden und eine bessere Welt. [...] Meine Arbeit soll ein Zeitdokument über die Jugend genau jetzt sein. Liebe, Individualität, Freiheit, Social Media und Politik.“ Und auf die Frage: Wie hast du die ‚Jugend genau jetzt‘ erlebt?: „Ich habe eine Gruppe Jugendlicher begleitet, die sich in der Always-on-Ära politisch, stilgebend und frei bewegt. Trashige Selbstinszenierung, Techno und eine laute Stimme festigen die Identität der Jugendlichen und wer- den zum Mittel, um der perfekten Instagram-Welt entgegenzutreten. Dadurch, dass jeder aus der Reihe tanzen muss und es so einfach ist,

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